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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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auf meine Handfläche, wo immer noch das schmuddelige Pflaster über der Wunde klebte. Langsam zog ich es ab. Der Schnitt in meiner Hand war rot und wirkte leicht gereizt, war aber dabei zu verheilen. Würde auch ich mit der Zeit geheilt werden? Behutsam strich ich darüber – der Teil von mir, der den letzten Kontakt mit dem Herzstück des Amuletts gehabt hatte, und starrte in das Wasser mit all seinen Geheimnissen. Ich hoffte so verzweifelt, dass wir eine Möglichkeit finden würden, miteinander in Kontakt zu kommen. Aber selbst wenn das nicht passierte, dann hatte ich ihn zumindest wirklich geliebt. Ich wusste auch, dass ich weitermachen und all das hinter mir lassen sollte, jemand Neuen finden, jemand, der netter war als Rob, jemand, der normal war.
    Nein, entschied ich. Ich würde nicht geheilt, und ich würde mich nicht mit jemand Normalem zufriedengeben. Ich würde kämpfen. Ich liebte Callum viel zu sehr, um ihn aufzugeben. Ich musste nachdenken, herausbekommen, was er mir mitteilen wollte, mich erinnern, was sonst noch in meinen schwer fassbaren Träumen vorgekommen war. Ich musste einen Hinweis finden, entdecken, ob ich graben sollte, die Themse mit dem Netz abfischen oder sonst irgendwas.
    Graben. Das Wort löste eine Erinnerung aus. Vielleicht war es das, was Callum versucht hatte mir zu sagen? Vielleicht sollte ich wieder anfangen zu graben. Vielleicht steckte das Amulett wieder im Ufersand und wartete darauf, erneut entdeckt zu werden.
    Ich war so von meinen Gedanken in Beschlag genommen, dass ich nicht bemerkt hatte, wie jemand auf den Stuhl mir gegenüber glitt, und nun ließ mich die Stimme zusammenfahren.
    »Was ist denn an dem schlammigen alten Wasser so interessant, Alex?« Robs Stimme war so sarkastisch wie immer.
    »Ich kann mich nicht erinnern, dich eingeladen zu haben, dass du dich neben mich setzt.« Ich richtete mich auf, blickte ihm in die Augen und versuchte, völlig ruhig zu wirken.
    »Als ich dich hier gesehen hab, konnte ich nicht widerstehen. Zurück zum Schauplatz des Verbrechens, was?«
    »Wie immer weiß ich nicht, wovon du redest, Rob.«
    »Ich glaub schon, dass du das weißt. Genauer gesagt, ich weiß, dass du das tust.« Das aufreizende, selbstgefällige Lächeln spielte wieder um seine Lippen. Ich wusste beim besten Willen nicht mehr, was ich an Rob so anziehend gefunden hatte. Je länger ich ihn nun ansah, desto mehr erinnerte er mich an ein Wiesel.
    Er war eindeutig scharf darauf, mich in ein Gespräch zu verwickeln. »Ich hab mit deiner Freundin Catherine gesprochen. Mir war gar nicht klar, dass ihr beide so eng seid.«
    »Was meinst du damit?«
    »Also, du nimmst Grace den Armreif ab, und dann gibst du ihn Catherine. Das ist ja nicht besonders nett gegenüber der armen alten treuen Grace, oder? Die war doch bestimmt enttäuscht?«
    »Welchen Armreif?«, erwiderte ich mürrisch. Ich wollte nicht über den Armreif reden, besonders nicht mit Rob.
    »Ach, halt mich doch nicht für blöd. Der, den du immer so abgeschirmt hast. Und du würdest ihn doch ganz offensichtlich noch gerne tragen, denn du reibst dir ständig das Handgelenk.« Für seine Verhältnisse war das ziemlich gut beobachtet, dachte ich und konnte gerade noch meine Reaktion unterdrücken, die Hände unter den Tisch zu nehmen. »Sie muss ja wirklich eine besonders gute Freundin sein«, fuhr er in seinem höhnischen Ton fort.
    Ich überging seine Bemerkung und versuchte, das Thema zu wechseln. »Wann hast du Catherine denn gesehen?«, fragte ich. »Ich hab gedacht, sie wäre weggefahren.«
    »Nein, noch nicht. Wir haben gestern was zusammen getrunken.«
    Die Welt hielt den Atem an.
    Wenn er das Amulett gestern gesehen hatte, konnte Catherine es nicht zertrümmert haben.
    Ich merkte, wie ich ihn mit offenem Mund anstarrte, machte ihn so hektisch zu, dass die Zähne klackten. »Gestern?« Mehr brachte ich nicht heraus, weil sonst meine Stimme gezittert hätte. »Hat sie da das Armband getragen?«
    »Ja, schon«, grunzte er und trank einen kräftigen Schluck von seinem Bier. Ich verstand nicht, wie das möglich sein konnte. Mit eigenen Augen hatte ich gesehen, wie sie es zerschmettert hatte. Automatisch rieben meine Finger über die Wunde in meiner Hand, als ich die Szene im Kopf ablaufen ließ. Sie hatte sich einen Armreif vom Handgelenk gerissen, das stimmte. Aber wegen des Abstands zwischen uns und dem prasselnden Regen hatte ich ihn nicht ganz genau sehen können. Ich hatte gesehen, was ich sehen sollte. Die

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