Nur ein Hauch von dir
wäre gemogelt!«
»Also, ich hab doch auch das Recht, das Beste aus meinen Eigenheiten zu machen …« Das Ende des Satzes ging in einem Gemurmel unter, weil er meinen Hals küsste.
Ich schüttelte mich, damit er sich wieder aufrecht setzte. »Hör mal, ich hab dich was gefragt. Was glaubst du selbst?«
»Im Ernst? Also sooo jung fühle ich mich auch nicht. Es scheint, als ob ich schon einigermaßen verantwortungsbewusst war, als ich rübergekommen bin. Und wenn ich mein Gesicht mit anderen vergleiche, dann denke ich – ich weiß nicht so genau – vielleicht neunzehn?« Er betrachtete mich genau, um zu sehen, ob das ein Problem wäre. »Los jetzt, du bist dran. Was glaubst du?«
Er hatte es geschafft, genau das Alter zu treffen, auf das ich ihn auch geschätzt hatte.
»Neunzehn ist super! Alt genug für ein Mindestmaß an Reife und jung genug, um noch ordentlich Spaß zu haben.«
»Aber warum willst du das wissen? Was ändert das denn?«, fragte er etwas verwundert.
»Ach, das war nur was, das Catherine angesprochen hat, deshalb hab ich mich gefragt«, erwiderte ich und griff betont beiläufig nach einem alten Kassenzettel auf meinem Schreibtisch.
»Also, du solltest inzwischen wissen, dass du nichts von dem ernst nehmen darfst, was sie gesagt hat.«
»Ich weiß, tut mir leid. Ich denke, ich war einfach neugierig. Schließlich weißt du so viel über mich.«
»Weißt du«, sagte er plötzlich, »ich hab auch keine Ahnung, wie alt du eigentlich bist. Du hast es mir nie gesagt.«
»Du hast auch nie gefragt«, gab ich zurück. »Vielleicht bin ich zu jung für dich.«
»Ich bin bereit, das Risiko auf mich zu nehmen.« Er lachte. »Jedenfalls holst du mich bald genug ein.«
»Das stimmt. Los, du bist dran mit Schätzen.«
»Das ist nicht gerecht. Dann müsste ich ja beide Alter schätzen.«
»Du kriegst einen Kuss, wenn du richtigliegst.«
»Okay, das ist ein Spiel, an das ich mich gewöhnen könnte. Also ich tippe mal auf … Hm, mal sehen, ob ich das rausbekomme. Du bist noch in der Schule, aber bald damit fertig, du lernst Auto fahren und hältst die meisten Jungs in deinem Alter für ziemlich kindisch.«
Ich nickte. Bis jetzt hatte er in allen Punkten recht.
»Also bist du siebzehn.«
»Genau richtig«, bestätigte ich. »Aber ich wette, du hast geschummelt.«
»Trotzdem fordere ich meine Belohnung ein«, sagte er selbstgefällig. »Von nicht schummeln hast du nichts gesagt.«
Ich drehte mich zu ihm um und suchte seine Lippen.
»Ich glaube, wir müssen dieses Manöver noch üben«, meinte er. »Wollen wir jetzt daran arbeiten?«
»O ja, gute Idee«, sagte ich. »Wir brauchen sehr viel Übung.«
Den restlichen Nachmittag verbrachte Callum bei mir. Nur einmal musste er für eine kurze Kino-Pause verschwinden. Er hatte das örtliche Multiplexkino entdeckt, und da gab es immer eine Auswahl von harmlosen Unterhaltungsfilmen und Komödien. Dort zu sammeln kostete ihn nicht viel Zeit.
Als er wieder auftauchte, saß ich mit meiner Mutter im Garten im Schatten der alten Linde und trank Kaffee. Ich spürte das Prickeln und wappnete mich gegen das, was er im Schilde führen mochte, doch streichelte er nur meinen Arm. »Stört es dich, wenn ich bei dir bin, während du dich mit deiner Mutter unterhältst?«, fragte er entschuldigend.
Ich schüttelte ganz leicht den Kopf.
»Vor deiner Mutter werde ich mich auch nicht so schlecht benehmen. Vielleicht stellst du mich ihr eines Tages vor, und dann will ich nicht, dass sie einen falschen Eindruck von mir hat.«
Das holte mich auf den Boden zurück. So hatte ich noch nie über die Zukunft nachgedacht und auch nicht darüber, dass er andere Menschen, die mir wichtig waren, kennenlernen wollte.
Ich versuchte, mir auszumalen, wie ich meinem Vater einen Armreif überstreifte und ihn vor einen Spiegel führte, um ihm meinen Freund vorzustellen. Das würde wohl nicht so gutgehen.
Meine Gedanken wurden von einer etwas festeren Berührung meines Arms unterbrochen.
»Alex, geht es dir gut?« Mums Stimme klang besorgt.
»Oh, entschuldige, Mum. Ich bin nur kurz in einen Tagtraum versunken. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Sie war sichtlich erleichtert.
»Als du eben nicht reagiert hast, hatte ich Sorge, ich hätte dich wieder verloren …« Sie sah weg, um die Angst in ihrem Gesicht nicht zu zeigen.
Ich drückte ihre Hand.
»Mach dir keine Gedanken. Mir geht es gut.« Ich lächelte sie an.
»Solange wir nicht wissen, warum das alles passiert ist,
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