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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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wäre es nicht schon genug, dass das kleine Alpaka so scharf auf mein Futter ist, ruft das Geräusch, als ich die Tüte zumache, zehn weitere große Alpakas auf den Plan, die nun auch auf mich zusteuern.
    »Ich hab’s nicht so mit Tieren«, sage ich und renne zu Avi. »Ich hab’s nicht so mit Tieren«, wiederhole ich in einer Art panischem Singsang, bis ich bei ihm bin.
    »Aber sie mit dir«, meint Avi. »Schau, sie rennen dir alle hinterher.«
    Ich drücke ihm die braune Futtertüte in die Hand (man fragt sich, was dadrin ist, dass die Viecher so wild drauf sind) und gehe hinter ihm in Deckung.
    Furchtlos nimmt Avi die Tüte und schüttet sich alles auf einmal in die Hand. Als er die Viecher füttert, höre ich das, was Snotty beschrieben hat … dieses laute Rülpsen, das wie ein Knurren klingt. Ängstlich kauere ich mich hinter Avi zusammen.
    »Shit«, höre ich ihn fluchen.
    »Was?« Ich kann nichts erkennen, weil ich noch immer hinter ihm in Deckung bin.
    »Es hat mich erwischt.«
    »Was hat dich erwischt?«
    Er dreht sich um und ich sehe in Avis Haar einen glibberigen Schleimbatzen mit kleinen Bröckchen zerkautem Futter darin.
    »Igitt!«, rufe ich und weiche einen Schritt zurück.
    »Ich wurde angespuckt, weil ich versucht habe, dich zu beschützen.«
    »Du bist mein Held, aber jetzt geh weg von mir. Das ist einfach obereklig«, sage ich und fange an zu lachen.
    »Es ist noch nicht lange her, dass ich die Schlange von deinem Fuß gewaschen habe. Das war richtig ekelhaft. Und jetzt küss mich.« Er kommt näher.
    Ich verstecke mich hinter der lachenden Ofra. »Ich habe nach der Sache mit der Schlange nicht verlangt, dass du mich küsst.«
    Er bleibt stehen. Und sieht so süß aus, wie er so mit Futter verdreckt dasteht, und so verletzlich. Ich gehe zu ihm, halte etwas Abstand und spitze die Lippen, sodass sich nur unsere Münder berühren. Dann springe ich wieder zurück. »Jetzt musst du dir aber die Haare waschen.« Dann füge ich noch hinzu: »Zweimal.«

26
    Geschichte ist zum Erinnern da, nicht zum Nachmachen.
    Unser nächster Stopp – nachdem Avi sich die Haare im Spülbecken der Alpaka-Farm gewaschen hat – ist ein Ort namens Mount Masada. Ich habe noch nie davon gehört und frage mich, was wir dort wollen.
    Auf der Fahrt (auf der ich übrigens feststelle, dass Israel in weiten Teilen aus unfruchtbarer Wüste besteht – man fragt sich ernsthaft, wieso es so umkämpft ist) wende ich mich an Avi, als Mount Masada in Sicht kommt: »Warum fahren wir da eigentlich hin?«
    »Damit du einen Teil der Geschichte deines Volkes kennenlernst. Ich glaube, es wird dir gefallen.«
    Meines Volkes? Was genau ist denn mein Volk? Ich bin mir nicht sicher, ob die anderen mich für eine Jüdin halten. Tatsache ist aber, dass ich ohne Glauben aufgewachsen bin. Mom hält von Religion ungefähr genauso viel wie von kohlenhydratarmer Ernährung: wenig.
    Früher hatten wir an Weihnachten immer einen Christbaum. Bis ich mit sieben kapiert habe, dass es den Weih nachtsmann gar nicht gibt. Man sollte den älteren Kindern im Schulbus verbieten, den Erstklässlern die Wahrheit über die Zahnfee oder den Weihnachtsmann zu verraten. Ihr wärt überrascht, was man in diesem gelben Bus alles lernt.
    Nachdem ich herausgefunden hatte, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, habe ich Mom gesagt, dass ich den Baum nicht mehr brauche. Der Baum hatte für uns sowieso keinen christlichen Symbolcharakter. Für mich stand er für den Weihnachtsmann. Und weil ich an den nicht mehr glaubte, gab es auch keinen Grund mehr, einen Baum aufzustellen. Recht viel weiter ist es mit meiner Erfahrung in puncto Religion nicht her – und selbst das hatte nicht wirklich was mit Glauben zu tun.
    Als ich aus dem Auto steige, starre ich die riesige rötliche Erhebung an, die sich Mount Masada nennt. Die anderen nehmen ihre Wasserflaschen mit aus dem Wagen, und ich frage mich, warum sie vom Anblick des Berges nicht ebenso gebannt sind wie ich. Ganz oben kann man Ruinen erkennen.
    »Wie alt ist das?«, frage ich in die Runde.
    Moron, der wie immer sein Maschinengewehr über der Schulter trägt, sagt: »Der Krieg hier war dreiundsiebzig.«
    Ich drehe mich zu ihm. »Neunzehnhundertdreiundsiebzig?«, rate ich.
    »Nein, früher.«
    »Vierzehnhundertdreiundsiebzig?«
    »Nein«, sagt Doo-Doo. »Nur dreiundsiebzig.«
    Nur dreiundsiebzig? »Du meinst vor fast zweitausend Jahren?«
    »Genau.«
    Ich reiße die Augen auf, nehme diesen wichtigen Berg mitten in der

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