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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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dieser Jahreszeit ist das Wasser nicht so kalt. Ich bin ganz sicher, dass es ihnen gutgeht.«
    Ich war entsetzt und wie betäubt. Endlich hörte ich auf, mich zu wehren, und ließ zu, dass mir auf eine der Bänke geholfen wurde. Immer wieder ließ ich die schreckliche Szene in meinem Kopf ablaufen, sah, wie Callum ins Wasser sprang, sah, wie seine Hand plötzlich von der Leiter verschwand, als die grauenvolle Welt der Versunkenen sie beide einforderte. Wie konnte das sein? Wie konnte es sein, dass das Ertrinken im Fleet ihn in der Zeit zurückversetzt hatte? Er war überhaupt noch nicht alt, nicht so, wie es Lucas gewesen war. Noch keine zwanzig. Bei ihm hatte die Welt der Versunkenen den Alterungsprozess aufgehalten. Sie hatte etwas ganz anderes bewirkt.
    Der Mann hielt mich noch immer fest an der Schulter und verhinderte, dass ich aufstand, als die sinnlose Suche auf dem Wasser weiterging. Ich konnte den kräftigen Motor eines zweiten Boots hören, das heranfuhr, um sich an der Suche zu beteiligen. Wie lange würden sie es wohl versuchen, bis sie aufgaben und das Schlimmste annahmen? Waren es dieselben Leute, die gesehen hatten, wie Lucas brannte? Und es wären bestimmt auch sie gewesen, die die Leichen aus dem Wasser gezogen hätten, wenn ich sie schließlich alle erlöst hätte. Wieder füllten sich meine Augen mit Tränen. Wie dicht war ich vor ihrer Rettung gewesen! Hätte Catherine geholfen, so hätte die Rettungsmannschaft alle bergen können – und zwar als Befreite, ganz egal, wie lange sie zuvor in ihrer Hölle gefangen waren. Ich fragte mich, ob wohl die, die am längsten Versunkene gewesen waren, auch zuerst starben?
    Diese Gedanken kreisten in meinem Kopf, während ich zusah, wie der Polizeihubschrauber flussabwärts brauste. Eine völlig vergebliche Rettungsaktion war im Gange, und es sah aus, als würde sie auch noch eine Weile weitergehen. Als der Hubschrauber über dem Südufer zurückkam, hatte ich plötzlich eine Eingebung: Bis zum jetzigen Zeitpunkt war Callum tatsächlich nur für einige Minuten ein Versunkener gewesen. Vielleicht würde er dann nicht von Feuer zerfressen, und da bereits eine komplette Such- und Rettungsaktion im Gange war, gäbe es eine viel größere Chance, ihn zu retten, als wenn sie alle auf einmal im Fluss auftauchten. Schnell drehte ich den Kopf zu dem Mann, der mich vom Geländer weggebracht hatte, und fasste ihn am Arm.
    »Bitte, was ist denn jetzt? Warum brauchen sie einen Hubschrauber?«, fragte ich mit kratziger und heiserer Stimme, wobei ich ihn wieder am Ärmel zupfte. »Können Sie das für mich herausfinden?«
    »Du bleibst jetzt einfach ganz brav hier sitzen«, sagte er freundlich, »und ich sehe zu, dass ich dich auf den neusten Stand bringe.«
    Sobald er mir den Rücken zugekehrt hatte, sprang ich auf und sprintete über die Straße. Ohne auf die Rufe zu achten, rannte ich, so schnell ich konnte, vom Fluss weg in Richtung St. Paul’s, dabei griff ich nach meinem Handy.
    Veronica meldete sich nach dem ersten Rufton. »Alex! Wo steckst du? Kommst du heute noch nach London?«
    »Hab jetzt keine Zeit zum Reden«, japste ich. »Ich brauch dich in der Kathedrale – jetzt sofort. Wo bist du?«
    »Also ich bin hier, aber die Kirche ist geschlossen. Was in aller Welt ist denn passiert?«
    »Geschlossen!«, explodierte ich. »Sie kann doch nicht geschlossen sein! Es ist eine Kirche!«
    »Sie wird für eine Veranstaltung morgen hergerichtet, im Hauptschiff wird schon das Gestühl aufgestellt. Aber jetzt sind sie fast fertig. Warum musst du unbedingt herkommen?«
    »Ich muss es jetzt tun«, keuchte ich, während ich mich durch die Menge drängelte, die auf Grün wartete. »Ich muss die Versunkenen retten und zwar JETZT !«
    »Jetzt?« Veronicas Stimme wurde zu einem für sie völlig untypischen Quietschen. »Warum diese plötzliche Eile?«
    »Das erkläre ich alles, wenn ich dich treffe, aber du musst mir helfen. Callum ruft sie im Moment alle zusammen, aber sie denken, ich wollte nur mit ihnen reden. Sie wissen nicht, dass ich sie alle jetzt sofort umbringen muss.«
    Ich konnte spüren, wie Veronica versuchte, sich selbst, aber auch mich zu beruhigen. »In Ordnung, Alex, wie du meinst. Komm zur Kathedrale, am besten zum Eingang durch das Café. Warte da, bis ich komme und dich einlasse.«
    »Gut, in fünf Minuten«, stieß ich noch hervor und drückte auf Ende.
    Ich rannte weiter und versuchte, das Bild aus meinem Kopf zu verdrängen. Ohne Erfolg. Ich hatte mit

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