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Nur eine Liebe

Nur eine Liebe

Titel: Nur eine Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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hinterlassen; jetzt überzog er die Pflastersteine wie eine Decke.
    »Ich finde, wir sollten nach Hause gehen«, sagte Sam und hakte mich unter. Ich war nicht bereit für diese Art von Nähe, aber er kannte sich im Dunkeln in der Stadt aus. Ich drückte seinen Arm.
    »Aber wir müssen mit allen sprechen.«
    »Nicht heute Abend.«
    »Und wenn es weitere Explosionen gibt? Ich könnte nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn noch eine Neuseele stirbt, nur weil wir aufgehört haben, obwohl wir kurz davor gestanden haben, diese Person zu schnappen.« Es ging kein Wind, und der Schnee fiel lautlos, aber meine Stimme schwoll trotzdem an, als stünden wir mitten in einem Schneesturm. Eisige Luft stahl sich in meine Kleider und ließ mich frösteln.
    »Ana, du zitterst schon, und wir sind noch keine zwei Minuten draußen. Wie oft soll ich dich denn noch vor Frostbeulen oder Unterkühlung bewahren?« Er brachte sein Gesicht so nah an mich heran, dass ich die Wärme seiner Worte spüren konnte. Die Wärme seiner Haut. »Es macht dir Spaß, wenn ich mir deinetwegen Sorgen mache, oder?«
    »Nein, ich hasse es.« Doch ich sagte es nicht sehr heftig. »Ich möchte nur das Richtige tun.«
    »Manchmal«, er zog mich enger an sich, »bedeutet das, sich nicht die Finger abzufrieren. Morgen ist auch noch ein Tag. Alles, was zwischen jetzt und morgen geschieht, ist nicht deine Schuld. Lass uns nach Hause gehen.«
    »Schön.« Ich hasste es, wenn er recht hatte. Die Schneedecke wurde höher; wenn wir zu lange warteten, würde die Rückkehr nach Hause eine größere Herausforderung sein, als wir meistern konnten, vor allem mit leerem Magen. »Aber morgen früh werden wir gleich als Erstes entweder Leute besuchen oder ganz viele Anrufe machen.«
    Er schaute zum Himmel. »Anrufe, es sei denn, der Schnee lässt nach. Was ich bezweifle.«
    Ich hätte beinahe gefragt, woher er das wisse, aber gut. Er war fünftausend Jahre alt. Er konnte es wahrscheinlich am Geruch oder an der Größe der Schneeflocken erkennen.
    Unser Marsch zurück zum südwestlichen Wohnviertel war lang und kalt und langsam. Wir kamen am Tempel vorbei – Sam hatte es irgendwie geschafft, dass er zwischen dem Turm und mir ging –, und wir hatten immer noch einen weiten Weg vor uns, als der Wind auffrischte. Was ein schöner, wenn auch schlecht getimter Schneefall gewesen war, wurde rau und beißend.
    Schnee flog waagerecht die Südallee entlang. Er heulte wie eine Sylphe, während er durch Engstellen im Industrieviertel jagte. Bäume peitschten hin und her. Scharfer Wind fegte die Pflastersteine sauber, und wäre Sam nicht gewesen, hätte er mich womöglich auch mit fortgetragen. Ich war ein Rosenblatt in einem Schneesturm.
    Verwehungen ragten kniehoch an Gebäuden auf, obwohl Sam es schaffte, begehbare Wege zu finden. Ich hielt mich an ihm fest und wünschte, wir wären bereits zu Hause. Meine Beine schmerzten vor Kälte und von dem Kampf gegen den Wind. Meine Muskeln brannten vor Anstrengung, und es war, als sollte ich schwitzen, aber die eisige Luft nahm mir die Fähigkeit dazu. Man konnte kaum atmen. Sobald wir unsere Straße erreichten, hielten dicke Nadelbäume den Wind ab. Meine Augen brannten. Ich fror am ganzen Körper, selbst in meinem Wollmantel und den Fausthandschuhen.
    »Nur noch ein kleines Stück.« Sam zog mich zu unserem Eingangsweg, wo weitere Tannen uns vor dem heulenden Wind schützten. Auch er war außer Atem.
    Endlich erreichten wir das Haus, und Sams Handschuh glitt von dem Türknauf ab. »Ich möchte dich etwas fragen. Du hast davon gesprochen, dass du deine eigenen Entscheidungen treffen willst, dass du Dinge allein tun willst.« Er versuchte es wieder mit dem Türknauf, aber Schnee und Wolle rutschten aneinander ab.
    »Und?« Ich rieb die Fäustlinge am Mantel ab und packte den Knauf, eine schwache Form in dem Schein aus dem Fenster. Er drehte sich.
    »Möchtest du dein eigenes Haus haben? Lis oder Cianas?« Seine Worte überschlugen sich, als die Tür aufschwang. »Ich bin mir sicher, dass Sine den Rat überzeugen könnte, wenn du es möchtest.«
    Ich hatte das Gefühl, als hätte ich den Mund voller Schnee, als ich zu ihm emporschaute. Beide Häuser waren auf der anderen Seite der Stadt, im nordöstlichen Wohnviertel. Hatte er seine Meinung geändert? Entschieden, dass er Stef oder Cris mehr liebte?
    Vielleicht war ihm durch die Erinnerung an den Grund der Trennung von Cris bewusst geworden, dass das Gleiche mit mir geschehen würde.
    Oder …

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