Nur nicht aus Liebe weinen
entsorgt.
Sollte sie nachsehen? Warum eigentlich nicht? Daniel war im Büro, und sie nahm nur, was ihr gehörte. Schnell zog sie sich an.
Vorsichtig öffnete sie seine Zimmertür und erschrak. Nichts deutete mehr darauf hin, dass dies einmal ihr Reich gewesen war. Dies war eindeutig ein sehr geschmackvoll eingerichtetes Männerzimmer. Sämtliche Spuren von ihr hatte Daniel penibel beseitigt.
Plötzlich wurde es Laine ganz schwer ums Herz. Nicht einmal ein eigenes Zimmer habe ich mehr. Es ist fast so, als gäbe es mich gar nicht. Ich habe einfach alles verloren, was mir je etwas bedeutet hat. Erst meinen Vater, dann Simon und jetzt auch noch Abbotsbrook. Aber vielleicht war es in Wirklichkeit nie das traute Heim aus meinen Kindheitserin nerungen. Was ist nur aus meinem Traum geworden, dort mit meiner eigenen Familie glücklich zu werden? – Um Him mels willen, reiß dich zusammen, Laine. Du willst nur den Föhn und nicht längst vergangenen Zeiten nachtrauern.
Während sie im Bad die Haare föhnte, bemerkte sie plötzlich ihr Spiegelbild. Ebenso wie Daniel hatte auch sie sich äußerlich kaum verändert. Ihr aschblondes Haar war immer noch von der Sonne gesträhnt. Und sie war noch so schlank wie früher. Ihre grünen Augen und die leichten Sommersprossen betonten ihr schmales Gesicht.
Im Grunde entsprach sie also gar nicht dem Typ Frau, den Daniel für gewöhnlich bevorzugte, starke blonde Schönheiten mit langen Beinen, wie Candida. Neben ihr fühlte Laine sich immer wie ein kleines Mädchen. Candida bewegte sich nicht nur graziös wie eine Raubkatze, sie war auch ebenso gefährlich. Und doch lagen die Männer ihr zu Füßen.
Immer stärker spürte Laine, wie sich in ihr ein Sturm der Gefühle zusammenbraute. All der Kummer und die Wut ließen sich nicht länger zurückhalten. Der Gedanke, dass sie ganz auf sich gestellt war und keinen Penny mehr besaß, versetzte sie in Panik. Was sie in den vergangenen achtundvierzig Stunden durchgemacht hatte, war einfach zu viel. Sie schaltete den Föhn aus und suchte Zuflucht an dem letzten Ort, der ihr noch geblieben war.
Tränen der Verzweiflung brannten in ihren Augen, während sie schluchzend auf das vertraute und doch so fremde Bett in ihrem alten Zimmer sank.
Was immer Daniel auch behauptete: Dies hier war ihr Zimmer, ihr Bett. Und sie würde es nicht kampflos aufgeben!
3. KAPITEL
Nachdem ihre Tränen versiegt waren, blieb Laine noch eine ganze Weile auf dem Bett liegen, ihr Gesicht vergraben in der weichen Decke. Die Überdosis Daniel hatte sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Sein aufregend männlicher Duft, der in den Laken hing, machte alles nur noch schlimmer.
Was mache ich eigentlich noch hier, Daniel könnte je den Moment zurück sein. Sie stand auf und strich akribisch die Decke glatt, um nicht die geringste Spur zu hinterlassen. Dann verließ sie fluchtartig das Zimmer – gerade noch rechtzeitig, denn in der nächsten Sekunde fiel auch schon die Haustür ins Schloss.
Gott sei Dank, das wäre beinahe schiefgegangen. Ihr Herz raste vor Aufregung. Daniel sah nicht gerade freundlich aus.
„Ach, du bist es“, stammelte sie verlegen .
„Wen hast du denn erwartet?“ Spöttisch verzog er den Mundwinkel.
„Ich habe nur nicht so bald mit dir gerechnet. Du hast mich erschreckt.“
„Das sehe ich. Du bist ja ganz blass.“ Vorsichtig hob er ihr Kinn an, um sie zu begutachten.
Doch Laine schob seine Hand weg. „Lass das.“
„Du hast ja geweint, was ist los?“
„Das geht dich gar nichts an.“
„Wie du meinst. Aber wenn wir uns schon die Wohnung teilen müssen, solltest du deine Launen im Griff haben. Du bist kein Teenager mehr, Laine.“ Er machte auf dem Absatz kehrt, ging ohne ein weiteres Wort in sein Zimmer und kam kurz darauf mit seinem Laptop zurück. „Bis später“, murmelte er und verschwand.
Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dachte sie. Im Nachhinein schämte sie sich für ihren Schlabberlook. Ihr alter Bademantel sah inzwischen doch schon reichlich mitgenommen aus. Doch vermutlich war das gar nicht so schlimm, denn sie wollte vermeiden, dass Daniel sich in irgendeiner Weise zu ihr hingezogen fühlte. So wie er sich momentan verhielt, dürfte das jedoch nicht allzu schwer werden.
Heute sollte ich es wohl lieber noch ruhig angehen lassen, dachte sie. Denn bei jedem Schritt spürte sie schmerzlich ihren verletzten Knöchel. Mit einem frischen Eisbeutel machte Laine es sich auf dem Sofa gemütlich. Doch sie kam einfach
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