Nur Wenn Du Mich Liebst
Terrassentür.
»Ich komme mit«, sagte Barbara.
»Wartet auf mich«, sagte Susan.
Tony leerte seine Bierflasche. »Ich glaube, ich komme auch mit.«
»Tut mir Leid«, erwiderte Vicki rasch. »Diese Führung ist nur für Mädchen. Jeremy kann dir das Haus später zeigen.«
»Entspann dich«, sagte Owen, drückte Tony ein frisches Bier in die Hand und führte ihn zu einer Reihe Liegestühle. »Erzähl uns, was du in letzter Zeit so getrieben hast. Ich habe gehört, du willst aus der Werbung aussteigen.«
Chris spürte, wie Tonys Augen ein großes Loch in den Rücken ihres rosa T-Shirts brannten, während sie sich von Vicki und den anderen ins Haus ziehen ließ. »Küche«, sagte Vicki und deutete eine Handbewegung an, bevor sie zielstrebig von einem Zimmer zum nächsten marschierte. »Esszimmer. Wohnzimmer. Jagdzimmer, was immer das sein soll.« Sie schob Chris in die Schlafzimmersuite und zog die mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Doppeltür hinter sich zu. »Und, was ist los?«, fragte sie Chris, während Susan und Barbara sich schützend um sie scharten.
Chris blickte nervös an den sich bauschenden Musselinvorhängen des antiken Himmelbetts vorbei durch die bodentiefen Fenster zur Terrasse und sah, dass Tony sich trotz Owens wiederholter Aufforderung nicht hingesetzt hatte, sondern nervös vor den Liegestühlen auf und ab lief. »Was soll das heißen? Nichts ist los.«
»Du bist ein Nervenbündel«, sagte Susan. »Sieh dich doch an. Du zitterst ja.«
»Ich bin bloß ein bisschen müde. Ihr wisst ja – drei Kinder und nur zwei Hände.«
»Du siehst nicht besonders aus«, stellte Barbara fest.
»Sie hat abgenommen«, sagte Vicki zu den anderen.
»Das liegt an den Haaren«, beharrte Chris, während ihr Blick nervös zwischen den Frauen und dem Fenster hin und her zuckte. »Ich hätte es mir nie abschneiden sollen.«
»Nun, der Schnitt ist wirklich nicht besonders vorteilhaft.« Barbara begutachtete Chris' unterschiedlich lange Haarsträhnen. »Zu wem bist du denn gegangen?«
Chris hielt die Luft an und sagte nichts.
»Chris?«
Tränen schossen in Chris' Augen. Sofort senkte sie den Blick auf den dicken, mintgrünen Teppich und weigerte sich aufzuschauen.
»Chris, rede mit uns«, sagte Susan. »Du kannst doch nicht einfach immer weiter behaupten, es wäre nichts. Lass dir doch helfen.«
Chris sagte nichts. Mir kann keiner helfen, dachte sie. »Ich sollte wirklich wieder zurück zu den anderen gehen.«
»Rede mit uns«, wiederholte Susan.
»Ich kann nicht.«
»Hör mal«, versuchte Susan ihr auf die Sprünge zu helfen, »es ist uns allen schon sehr lange klar, dass ihr beide, Tony und du, ernste Probleme habt. Wenn du ihn vielleicht davon überzeugen könntest, zu einer Eheberatung zu gehen...«
Chris spürte, wie ihr Kopf unwillkürlich auf und ab zu wippen und ihre Hände zu zittern begannen. Ihre Knie wurden weich, sodass sie nur mit Mühe das Gleichgewicht halten konnte. Ihre Scham drohte überzufließen, aus ihr herauszubrechen wie Lava aus einem Vulkan, und sie konnte nichts dagegen tun. »Oh Gott.«
»Chris, was ist los?«
»Ihr versteht das nicht.«
»Was denn, Chris? Sag es uns. Was verstehen wir nicht?«
»Er hat es getan.« Gott im Himmel, sie hatte es gesagt.
»Was? Wer hat was getan?«
»Tony.« Ihr Geheimnis war gelüftet. Es hatte einen Namen.
»Was hat Tony getan?«, wollte Vicki wissen.
»Meine Haare.« Ein lang gezogenes Schluchzen drang aus ihrer Kehle. Konnte sie es ihnen erzählen? Konnte sie ihnen alles erzählen?
Einen Moment lang herrschte vollkommenes Schweigen.
»Tony hat deine Haare abgeschnitten?«, fragte Barbara dann ungläubig.
»Was soll das heißen, er hat deine Haare abgeschnitten?«, fragte Susan leise. Und dann noch einmal noch leiser: »Was soll das heißen, er hat deine Haare abgeschnitten?«
»Letzten Samstag sind wir mit den Kindern zum Kenwood Towne Centre gefahren. Wir sind an einem Frisörsalon vorbeigegangen, und ich habe durchs Fenster dieses Mädchen gesehen, das sich die Haare ganz kurz hat schneiden lassen. Ich habe irgendetwas gesagt wie: ›Ich wünschte, ich hätte auch den Mut, das zu tun.‹« Chris unterbrach ihre leblose Aufzählung von Fakten, schluckte und hatte Mühe fortzufahren. »Alles war in Ordnung. Wir sind weitergegangen, haben den Kindern ein Eis gekauft. Ich dachte, dass wir einen richtig netten Ausflug hatten.« Wieder hielt sie inne. Was um Himmels willen war mit ihr los? Wie kam sie darauf, dass sie das Recht
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