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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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er nicht zu kommen brauche – sie konnte auch gleich ihre Sachen packen und mit Hazel fahren.
    Aber sie musste feststellen, dass irgendetwas sie daran hinderte. Sie hatte Donald Brodie gekannt, hatte ihn gemocht – und irgendjemand hatte ihn ermordet, hatte ihn erschossen, während sie nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt geschlafen hatte. Sie konnte und wollte den Fall nicht in fremden Händen lassen.
    »Ich glaube, ich bleibe noch ein bisschen«, sagte sie nachdenklich. »Wenigstens ein oder zwei Tage. Wenn John und Louise mich nicht länger hier behalten können, suche ich mir anderswo ein Zimmer. Ich will diese Sache… geklärt sehen.«
    Hazel stand auf und nahm eine Flasche Whisky vom Nachttisch, die Gemma bisher nicht bemerkt hatte. Sie sah, dass es sich um den dreiundzwanzigjährigen Carnmore aus der letzten Abfüllung handelte, den Donald Hazel am Abend zuvor geschenkt hatte. Hazel hielt die Flasche im Arm, als sei sie ein lebendiges Wesen, und strich mit der Fingerspitze über das Etikett. »Du willst Donalds Mörder selbst finden«, sagte sie leise, ohne Gemma in die Augen zu sehen. »Glaubst du, dass ich nicht mindestens ebenso viel für ihn tun würde?«
    »Doch, natürlich, aber –«
    »Solange ich nur weiß, dass mit Holly alles in Ordnung ist, bleibe ich auch hier.« Sie hob die Augen, und die Entschlossenheit in ihrem Blick überraschte Gemma. »Ich werde zu Donalds Beerdigung gehen – das bin ich ihm schuldig.«

13. Kapitel
    Die Freunde sind alle gestorben
    Im Kamin längst erloschen das Feuer;
    Und üppig wuchern die Nesseln
    In dem alten, vertrauten Gemäuer.
    Neil Munro, »Nesseln«
    Grantown-on-Spey, Mai 1899
    Seit Livvy ihr Elternhaus verlassen und Charles Urquhart geheiratet hatte, war sie jedes Jahr im Mai und im September zu einem ausgedehnten Besuch nach Grantown gekommen. Gewöhnlich hatten Charles und Will sie begleitet, doch als Will größer geworden war, hatten er und sein Vater auch des Öfteren etwas ohne sie unternommen.
    Diese zweimal zwei Wochen im Jahr waren ein unverzichtbares Element in Livvys Leben gewesen, und sie hatte den Besuchen stets mit großer Vorfreude entgegengesehen. In Grantown konnte sie Lebensmittel und Haushaltswaren einkaufen, die in den Braes oder in Tomintoul nur schwer erhältlich waren; hier konnte sie ihre Garderobe erneuern oder ein paar ruhige Stunden mit ihrem Vater in dessen Arbeitszimmer verbringen; sie konnte ihre beiden Tanten und die Nachbarn ihres Vaters besuchen, sich über die neueste Mode informieren und sich den neuesten Klatsch erzählen lassen. Nie hatte ihr der plötzliche Wechsel vom Land- zum Stadtleben Probleme bereitet, doch als sie diesmal Mitte Mai in Grantown eintraf, überkam sie eine seltsame Unruhe, und es wollte ihr nicht gelingen, sich auf irgendeine ihrer üblichen Beschäftigungen zu konzentrieren.
    Zunächst musste sie die Kondolenzbesuche über sich ergehen lassen – eine lästige Pflicht so viele Monate nach Charles’ Tod, so gut die Leute es auch meinten. Doch als sich dann allmählich wieder der gewohnte Tagesablauf einstellte, musste sie feststellen, dass das Gefühl der Fremdheit stärker und nicht schwächer geworden war. Sie erkannte nun, wie sehr sie unbewusst auf Charles’ Nähe vertraut hatte, obgleich sie bei ihren Besuchen nur wenig Zeit miteinander verbracht hatten. Seine Gegenwart war die Verbindung zwischen den beiden Teilen ihres Lebens gewesen. Nun hatte sie diesen Halt verloren.
    Sie hatte wieder das Zimmer bezogen, in dem sie als Kind geschlafen hatte, weil sie gehofft hatte, an das junge Mädchen, das sie einst gewesen war, anknüpfen zu können; doch es wollte ihr nicht gelingen. Die Tage wurden länger, und sie fand kaum Schlaf, wie immer um diese Jahreszeit. Nun aber fühlte sie zudem eine fiebrige Unruhe; sie war erschöpft, und zugleich schienen ihre Nerven zum Zerreißen gespannt.
    Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie und Will ihn zu dem bevorstehenden Ball im Grant Arms Hotel begleiten sollten, und so griff sie zu Nadel und Faden und verbrachte Stunden damit, ein altes Kleid ihrer Tante umzuarbeiten. Es war dunkelviolett, eine passende Farbe für eine Witwe. Livvy nähte die Puffärmel enger und versah das Kleid mit Spitzenbesatz, um es ein wenig eleganter zu machen; schließlich würde sie sich zum ersten Mal nach Charles’ Tod in der Gesellschaft zeigen.
    Ihr Vater ging mit Will zum Schneider, um ihm seine erste Abendgarderobe anpassen zu lassen, und abends übte Livvy mit

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