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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ja auch kaum zu übersehen, dachte Ross – der Mann war einen Kopf größer als alle anderen. Er mochte Munro, hinter dessen hagerem, aschfahlem Gesicht sich ein äußerst heller Kopf mit einem etwas boshaften Sinn für Humor verbarg.
    Munro gab ihm durch ein Nicken und eine Handbewegung zu verstehen, dass er ihn gesehen hatte. Ross wartete, bis der Sergeant mit dem Suchtrupp fertig war, und sah sich unterdessen die Umgebung etwas genauer an. Es war ein ansehnlicher alter Besitz, ideal gelegen, und er konnte erkennen, dass hier ein begeisterter Gärtner wie er selbst wirkte. Aber wieso hatte Donald Brodie, der doch nur ein paar Kilometer weiter sein eigenes prächtiges Domizil hatte, es für nötig befunden, die Nacht in einer Pension zu verbringen?
    Er würde nicht der Einzige sein, der solche Spekulationen anstellte, dachte Ross, als er den ersten Kleinbus des Fernsehens an der Einmündung der Auffahrt anhalten sah. Der Dienst habende Beamte verweigerte dem Fahrer die Einfahrt, aber dieses Team war gewiss nur das Erste von vielen – bald schon würden sich Scharen von Reportern hier tummeln, wie Fliegen auf einer Leiche.
    Während er auf Munro wartete, ging Ross die Liste der Bewohner und Gäste der Pension durch, die die erste Beamtin am Tatort zusammengestellt hatte. Mackenzie hieß sie, und sie war ein hübsches Mädel, das eigentlich nicht in eine Männeruniform gehörte. Aber sie war auch ganz schön helle, und laut ihrem Bericht war die Frau, die die Leiche entdeckt hatte, eine Polizistin aus London – zu allem Überfluss auch noch von der Kripo.
    Nun ja, auch bei der Metropolitan Police mussten sie dann und wann mal Urlaub machen, dachte er bei sich; aber dennoch fand er es reichlich sonderbar, am Tatort eines Mordes auf eine Kollegin zu stoßen. Auf jeden Fall würde er sich Detective Inspector Gemma James als Erste vornehmen.
    Sie saß ihm in entspannter Haltung am Esszimmertisch gegenüber, die Hände locker im Schoß verschränkt. Er fand, dass in ihrem Gesicht irgendwie etwas Vertrautes lag, und er fragte sich beiläufig, ob sie wohl schottische Vorfahren hatte. Sie erinnerte ihn ein wenig an seine Tochter, dachte Ross, als er sie etwas näher betrachtete – nicht so sehr vom Aussehen und vom Teint her, als vielmehr in ihrer direkten und unerschrockenen Art. Ihr Haar hatte den dunkelroten Farbton von poliertem Kupfer, ihr Gesicht war mit leichten Sommersprossen gesprenkelt; der Mund war ein wenig breit, mit vollen Lippen, die Augen hellbraun mit einem goldenen Einschlag. Er kam zu dem Schluss, dass sie eher attraktiv als schön zu nennen war; sie strahlte Selbstsicherheit aus, ohne unfreundlich zu wirken – und er musste feststellen, dass er ihr gründlich misstraute.
    Er bat sie zunächst um eine Darstellung der Ereignisse des Morgens, während Munro hinter ihm auf einem Stuhl in der Ecke saß und mitschrieb. Inspector James erzählte ihre Geschichte mit einer Klarheit und Präzision, wie sie nur langjährige Übung mit sich bringt, und hielt nur dann und wann stirnrunzelnd inne, um sich ein Detail ins Gedächtnis zu rufen. Ein- oder zweimal machte sie eine Pause, damit Munro mit dem Schreiben nachkommen konnte, und Ross wurde Zeuge, wie die gewohnte Leichenbittermiene seines Sergeants sich zu der Andeutung eines Lächelns verzog.
    Ross verzichtete bewusst darauf, sie mit ihrem Dienstgrad anzureden. »Miss James, diese Freundin von Ihnen, die sich im Wald übergeben musste – gehe ich recht in der Annahme, dass sie mit Ihnen das Zimmer teilt?«
    »Ja.«
    »Und doch haben nur Sie den Schuss gehört – oder das, was Sie für einen Schuss hielten? Und nur Sie sind hinausgegangen, um nachzusehen?«
    »Ja, das ist korrekt.«
    Keine näheren Ausführungen, dachte Ross. Sie wusste wohl ganz genau, dass man sich mit einer allzu ausführlichen Antwort leicht selbst ein Bein stellen und sich durch irgendeine gedankenlose Bemerkung verraten konnte. Sein Interesse wuchs.
    »Und doch war es eben diese Freundin«– er warf einen Blick auf seine Notizen –, »Mrs. Cavendish, wenn ich mich nicht irre?«
    »Ja, Hazel.«
    »Es war eben diese Freundin, die sich übergeben musste, nachdem sie die Leiche gesehen hatte?«
    »Ja.« Gemma James’ Haltung blieb unverändert, doch er glaubte zu sehen, dass sie um die Wangenknochen herum ganz leicht errötete.
    »Aber sie war nicht bei Ihnen, als Sie den Toten fanden. Schlief sie zu diesem Zeitpunkt noch?«
    »Nein. Sie war mit dem Auto weggefahren. Sie kam zurück,

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