Nur zu deinem Schutz (German Edition)
los war, mein Junge?«
Tyrell hatte uns mittlerweile ebenfalls eingeholt. Als ich die beiden so vor mir sah, wie sie Schulter an Schulter nebeneinander standen und mich fragend ansahen, durchzuckte mich auf einmal glühender Neid. Ich hasste mich selbst dafür, konnte aber nichts dagegen tun. Und auch wenn es mich irgendwie rührte, dass Tyrells Vater sich Sorgen um mich machte, wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass mein eigener Vater hier stehen und sich um mein Wohlergehen sorgen würde.
»Er kam mir nur bekannt vor, das ist alles«, sagte ich.
Tyrells Vater schaute skeptisch.
»Es steht noch ein Spiel aus«, sagte Tyrell.
Ich dachte an meine Mutter, die wahrscheinlich gerade von der Therapie nach Hause fuhr und Spaghetti mit Fleischklößchen für mich kochte. Ich bildete mir beinahe ein, den Duft des Knoblauchbrots zu riechen. »Es ist schon spät«, sagte ich. »Ich muss den Bus erwischen.«
»Ich kann dich fahren«, bot Tyrells Vater an.
»Vielen Dank, Mr Waters, aber ich möchte Ihnen keine Umstände machen.«
»Tust du nicht. Ich muss sowieso noch etwas in Kasselton erledigen – bin da gerade an so einem Fall dran – und würde mich freuen, wenn ich unterwegs ein bisschen Gesellschaft hätte.«
Das letzte Spiel verloren wir, was sicher auch daran lag, dass ich nicht mehr richtig bei der Sache war. Als es zu Ende war, klatschten wir uns ab oder stießen die Fäuste aneinander, dann trabten Tyrell und ich zu seinem Vater, der schon neben seinem Wagen auf uns wartete. Ich setzte mich auf die Rückbank, Tyrell nach vorn. Mr Waters ließ seinen Sohn auf der Pomona Avenue, einer Allee im Weequahic-Viertel von Newark, vor dem Zwei-Familien-Haus raus, das sie sich mit Mr Waters Schwester und deren beiden Söhnen teilten.
»Wie sieht’s morgen aus?«, fragte Tyrell.
Ich hatte es die ganze Zeit verdrängt, aber jetzt fiel mir wieder ein, dass Mom, Myron und ich morgen früh nach Los Angeles fliegen würden, um dort das Grab meines Vaters zu besuchen. So gern ich mich davor auch gedrückt hätte, ich wusste, wie wichtig diese Reise für mich war.
»Morgen kann ich nicht«, sagte ich.
»Schade«, meinte Tyrell. »War ein cooles Match heute.«
»Sehr cool. Danke, dass du mich in dein Team gewählt hast.«
»Nur weil ich gewinnen wollte.« Er grinste.
Bevor Tyrell ausstieg, beugte er sich zu seinem Vater rüber und gab ihm einen Abschiedskuss auf die Wange. Mir versetzte es wieder einen Stich. Mr Waters ermahnte ihn, seine Hausaufgaben zu machen, und Tyrells »Ja, Dad« hatte den gleichen verzweifelt genervten Ton wie bei mir früher. Ich stieg aus und setzte mich nach vorne auf den Beifahrersitz.
»Okay«, sagte Mr Waters, als wir auf die Interstate 80 abbogen, »was hat es mit dem Kahlkopf in der schwarzen Limousine auf sich?«
Ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen sollte. Anlügen wollte ich ihn nicht, aber ich wusste auch nicht, wie ich es ihm erklären sollte. Schließlich konnte ich ihm schlecht erzählen, dass ich in ein Haus eingebrochen war.
»Na ja, er … Kann sein, dass er mir folgt«, formulierte ich es vorsichtig.
»Wer ist der Kerl?«
»Keine Ahnung.«
»Keine Idee, nichts?«
»Nichts«, sagte ich.
Mr Waters dachte nach. »Du weißt, dass ich Ermittler bei der Bundesstaatsanwaltschaft bin?«
»Ja, Sir. Dann sind Sie so etwas wie ein Polizist, oder?«
»Genau. Und ich stand die ganze Zeit, während du gespielt hast, direkt neben dem Typen. Ich habe ihn vorher noch nie auf dem Platz gesehen. Er hat sich kaum vom Fleck gerührt, verstehst du? Stand die ganze Zeit in seinem maßgeschneiderten Anzug da, feuerte euch nicht an, gab keine Kommentare zum Spiel ab, sagte kein einziges Wort. Und er hat nicht einmal den Blick von dir abgewandt.«
Ich fragte mich, wieso er sich da so sicher sein konnte – schließlich hatte der Typ eine Sonnenbrille getragen –, aber ich wusste, was er meinte. Wir schwiegen eine Weile. Dann sagte Mr Waters etwas, das mich überraschte. »Während ihr das letzte Spiel gespielt habt, habe ich mir erlaubt, das Kennzeichen von dem Typen zu überprüfen.«
»Sie meinen, von der schwarzen Limousine?«
»Ja.«
Ich hielt den Atem an.
»Es gibt keinen Eintrag im System«, sagte er.
»Was bedeutet das?«
»Dass es geheim ist.«
»Sie meinen, er ist Diplomat oder so etwas in der Art?«
»Oder so etwas in der Art.« Er zog vielsagend die Brauen hoch.
Ich versuchte zu begreifen, was das bedeuten konnte, aber es gelang mir nicht. »Und was heißt das
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