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Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Nur zu deinem Schutz (German Edition)

Titel: Nur zu deinem Schutz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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waren.
    »Ich würde jetzt wirklich gern gehen«, sagte ich noch einmal.
    »Später vielleicht«, sagte der Hüne.
    Vielleicht?
    Hinter dem Schreibtisch öffnete sich eine zweite Tür, durch die ein auffallend kleiner, drahtiger Mann ins Zimmer trat. Sein seidenes Smokinghemd war an den Ärmeln hochgekrempelt und bis zum Bauchnabel aufgeknöpft. Er trug verschieden lange Goldketten um den Hals, an denen protzige Anhänger hingen, und seine Unterarme waren so sehnig, dass sie wie knorrige Äste wirkten. Es gibt Menschen, die brauchen einen Raum nur zu betreten, um allen Anwesenden eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen. Dieser Typ war so ein Mensch, obwohl er ein Zwerg war. Selbst der Hüne, der mindestens zwei Köpfe größer und fünfzig Kilo schwerer war, wich unwillkürlich einen halben Schritt zurück. Totenstille trat ein.
    Der kleine Typ hatte ein Frettchengesicht und die Augen eines – mir fällt einfach kein anderes Wort ein – Psychopathen. Ich halte nichts davon, jemanden nur nach seinem Äußeren zu beurteilen, aber selbst ein Blinder hätte sofort gespürt, dass der Kerl einer von der ganz üblen Sorte war.
    »Hallo«, begrüßte er mich mit überraschend sanfter Stimme. »Ich bin Buddy Ray. Sagst du mir auch, wer du bist?« Er lispelte ein bisschen.
    Ich schluckte. »Robert Johnson.«
    Buddy Rays Lächeln hätte jedes kleine Kind dazu gebracht, nach seiner Mama zu wimmern. »Nett, dich kennenzulernen, Robert.«
    Buddy Ray – ich wusste nicht, ob das seine zwei Vornamen oder Vor- und Nachname waren – musterte mich, als wäre ich ein mundgerechter Snack, den ihm jemand auf dem Silbertablett präsentierte. Ich kam zu dem Schluss, dass ich mit meiner ersten Einschätzung richtiggelegen hatte. Irgendetwas war mit dem Typen nicht in Ordnung – das konnte man einfach sehen. Zum Beispiel, wie er sich ständig die Lippen leckte. Ich riskierte einen kurzen Blick über die Schulter. Selbst der Hüne wirkte in Buddy Rays Gegenwart nervös.
    Als Buddy Ray sich mir langsam näherte, wehte mir ein beißender Geruch nach billigem Aftershave entgegen, das allerdings nicht den fauligen Körpergeruch überdecken konnte, der ihm vorauseilte wie ein an der Leine zerrender Dobermann und mir den Atem stocken ließ. Buddy Ray blieb ungefähr zehn Zentimeter vor mir stehen. Ich rührte mich nicht von der Stelle und sah auf den Mann hinunter, der mindestens zwei Köpfe kleiner war als ich. Der Hüne trat noch einen Schritt zurück.
    Buddy Ray legte den Kopf in den Nacken, blickte lächelnd zu mir auf – und hieb mir dann ohne jede Vorwarnung die Faust in den Magen. Ich sackte in die Knie und fühlte mich, als würde jemand meinen Kopf unter Wasser drücken – ich bekam einfach keine Luft. Die Arme um den Oberkörper geschlungen, kippte ich um und rollte mich wie ein Embryo zusammen.
    Buddy Ray sah auf mich herab. In seinen Augen lag ein irres Funkeln, und seine Stimme hatte einen fast liebevollen Unterton, als er sagte: »Erzähl mir, was du über Antoine LeMaire weißt.«
    Ich rang immer noch vergeblich nach Atem. Meine Lungen brannten wie Feuer.
    Buddy Ray trat mir mit dem Cowboystiefel in die Rippen. »Na los, wird’s bald!«
    Ich rollte mich zur Seite, ohne den Schmerz des Tritts wirklich zu spüren. Ich hatte nur einen Gedanken: Luft! Jede einzelne Zelle in meinem Körper lechzte nach Sauerstoff.
    Buddy Ray wandte sich an den Hünen. »Stell ihn auf die Beine, Derrick.«
    »Er ist noch ein Kind, Buddy Ray.«
    »Tu, was ich sage.«
    Luft. Endlich. Ich sog sie gierig in die Lungen, als Derrick mich auch schon an den Schultern packte und hochhob, als wäre ich ein Bündel Wäsche.
    »Nimm seine Hände auf dem Rücken zusammen«, befahl Buddy Ray.
    Ich spürte, dass Derrick das Ganze zu weit ging, aber er gehorchte.
    Er hebelte meine Arme nach hinten, sodass mein Oberkörper komplett ungeschützt war und mir ein heißer Schmerz durch die Schultergelenke schoss. Buddy Ray leckte sich wieder die Lippen, auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck puren Vergnügens.
    »Bitte«, keuchte ich, »ich kenne Antoine LeMaire gar nicht. Ich suche bloß nach ihm.«
    Buddy Ray betrachtete mich nachdenklich. »Heißt du wirklich Robert Johnson?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
    Buddy Ray griff kurzerhand in meine Tasche und zog mein Handy heraus. »Ich wette, da drin finden wir deinen richtigen Namen und deine Adresse.« Er lächelte irre. »Die brauchen wir, damit Derrick und ich dir einen Besuch abstatten können,

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