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Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Titel: Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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Wien verstand einfach nicht, wie man das machen konnte. ›Wie kann man Stroh verbrennen!‹ meinte er. ›Eine Schande!‹ sagte er noch.«
    »Da ist was dran.«
    »Von so was versteh ich ja nichts. Ich fand die Schwalben so schön. Die Stromdrähte bogen sich durch.« Sie fängt lautlos an zu weinen.
    »Was ist denn?«
    »Ach, ich schwätze so vor mich hin, und eigentlich ist mir hier ganz komisch.« Sie verbirgt ihr Gesicht hinter den Händen.
    »Immer mit der Ruhe. Erst mal Kaffee.« Ich stehe auf und nehme die guten Tassen aus einem der Hängeschränkchen. Nicht die Becher, die guten Tassen. Dashätte Mutter auch gemacht. Das Milchkännchen und die Zuckerdose dazu habe ich heute morgen schon auf den Tisch gestellt. Ich gieße Kaffee ein und lege silberne Löffelchen auf die Untertassen. Sorgfältig ordne ich ein paar Brezeln auf einer Platte an und stelle Tassen und Platte auf den Tisch. Wenn wir keinen Frost hätten, würde ich das Seitenfenster öffnen. Staubteilchen schweben durch die Küche.
    »Mir ist auch komisch«, sage ich, als ich mich wieder hinsetze.
    Riet lächelt. »Uns ist beiden komisch.«
    Schwindlig. Das Ganze ist so unwirklich. Vater zum Beispiel war immer so, wie er jetzt ist. Ich habe ihn mein Leben lang jeden Tag gesehen, er ist jeden Tag älter geworden. Aber weil wir uns zusammen verändert haben, ist die Veränderung allmählich verlaufen. Wenn ich ein Foto von Vater als jungem Mann sehe – wie das, das oben im Zimmer an der Wand hängt –, weiß ich, daß er es ist, aber der Vater von heute hat damit nichts zu tun. Ich habe ihn nicht gekannt, als er jung war, weil ich selbst zu der Zeit noch viel jünger war. Älter werden, ohne es zu merken. Riet habe ich mehr als dreieinhalb Jahrzehnte nicht gesehen. Es ist ein Schock, es ist wie ein schlechter Traum.
    Das denke ich , was denkt sie? Am liebsten würde ich wie sie mein Gesicht in den Händen vergraben. »Wen siehst du, wenn du mich ansiehst?« frage ich.
    »Henk«, sagt sie.
    »Ich bin Helmer.«
    »Das weiß ich. Aber ich sehe Henk.«

    Bevor wir in der Küche gelandet sind, habe ich ihr das neue Wohnzimmer gezeigt. Es gefiel ihr nicht. »Wie kahl es hier geworden ist«, meinte sie. »Wo sind all die Fotosgeblieben?« Die Tür zum Schlafzimmer war geschlossen, und ich hatte nicht vor, sie für Riet zu öffnen. »Und die Vorhänge, und das Büfett und das Schränkchen mit den Büchern deiner Mutter?« Sie betrachtete sich in dem großen Spiegel über dem Kaminsims, faßte mit beiden Händen unter ihr Haar und hob es etwas in die Höhe.

    »Ach, die Kühe«, sagt sie, als wir durch den Stall gehen. Sie trägt Jeans. Ihr Haar ist immer noch blond, und selbst in der sonnigen Küche habe ich nicht erkennen können, ob es gefärbt ist. Jedenfalls hat sie keine Dauerwelle wie die meisten Frauen Mitte Fünfzig. Sie geht ein bißchen steif. Unmöglich kann ich sie hier als Hausherrin sehen, wie sie hinter Schafen oder Jungrindern herrennt, sich nachts im Bett an Henk anschmiegt, am Samstagvormittag ihre Kinder zu Besuch hat, und ein Enkelkind, das in der Esche im Vorgarten herumklettert, während sie Frikadellen macht.
    »Vor vielen Jahren hab ich mir ein Bein gebrochen«, sagt sie, als sie merkt, daß mir ihr Gang auffällt. »Wenn es kalt ist, hab ich schnell so ein Ziehen in dem Bein.«
    Wintersport? Fahrradunfall? Ein Rost im Schweinestall?
    »Ich hab die Decke in der Küche abgewaschen, und dabei ist die Trittleiter weggerutscht.«
    Durch die rechteckigen Stallfenster fällt Sonnenlicht herein, eine Kuh ächzt, eine von den ewig verschleimten Katzen huscht weg. Ich kann mich nicht erinnern, diese Katze schon einmal gesehen zu haben. Ob es eine ist, die Vaters motorisierter Katzenknüppelei vom letzten Frühjahr entkommen konnte?
    »Was für Tiere sind Schweine eigentlich?« frage ich.
    »Auf jeden Fall keine Kühe.« Sie greift mit der Hand in das Bindfadenbündel, das an einem riesigen Nagelhängt. »Ferkel sind süß, aber wenn sie älter werden, sind sie weniger angenehm.«
    »Und dann werden sie geschlachtet.«
    »Ja, dann werden sie geschlachtet.«
    »Und dein Mann?«
    »Wie, mein Mann?«
    »Was war er für ein Mann?«
    Sie überlegt einen Moment. »Er war brav. Ein braver Mann.«
    »Brav?«
    »Ja.«
    Wir gehen auf den Hof. Riet hält sich den Mantelkragen zu. »Und meine Töchter sind brave Frauen. Vielleicht ist das typisch für Brabant, diese Bravheit.«
    Und der Sohn?
    »Was ist das denn!« ruft Riet, als sie den Eselstall

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