Oblomow
nicht ins Theater?«
»Der Bruder geht an den Feiertagen hin.«
»Und Sie?«
»Wann sollte ich denn? Was würde dann aus dem Abendbrot werden?« fragte sie, ihn von der Seite anblickend.
»Die Köchin könnte ja ohne Sie ...«
»Akulina!« entgegnete sie erstaunt, »wie wäre das möglich? Wie sollte sie ohne mich fertig werden! Ich habe auch alle Schlüssel.«
Sie schwiegen. Oblomow bewunderte ihre vollen runden Arme.
»Wie schön Ihre Arme sind«, sagte er plötzlich, »man könnte sie sofort malen!«
Sie lächelte und schämte sich ein wenig.
»Es ist unbequem, in Ärmeln zu arbeiten«, rechtfertigte sie sich, »man trägt ja jetzt solche Kleider, daß man sich bei der Arbeit die ganzen Ärmel beschmutzt.«
Sie schwieg. Oblomow auch.
»Ich mahle nur den Kaffee fertig«, murmelte die Hausfrau, »dann werde ich Zucker hacken. Daß ich nur nicht vergesse, Zimt holen zu lassen.«
»Sie sollten heiraten«, sagte Oblomow, »Sie sind eine gute Hausfrau!«
Sie lächelte und begann den Kaffee in einen großen gläsernen Behälter zu schütten.
»Wirklich!« fügte Oblomow hinzu.
»Wer heiratet mich denn mit den Kindern?« antwortete sie und begann etwas im Geiste auszurechnen.
»Zwei Dutzend ...« sagte sie sinnend, »wird sie denn das alles verbrauchen?« Sie stellte den Kaffee in den Schrank und lief in die Küche. Und Oblomow ging in sein Zimmer und begann zu lesen.
»Was für eine frische und gesunde Frau das ist, und wie gut sie zu wirtschaften versteht! Sie sollte wirklich heiraten ...« sprach er zu sich selbst und vertiefte sich in den Gedanken ... an Oljga.
Bei schönem Wetter setzte Oblomow den Hut auf und besichtigte die Gegend; dabei geriet er oft in den Straßenkot oder machte die unangenehme Bekanntschaft von Hunden und kehrte nach Hause zurück. Dort fand er schon einen gedeckten Tisch und schmackhafte, appetitlich servierte Gerichte vor. Manchmal erschien in der Tür eine Hand mit einem Teller, und man bat ihn, die Piroge der Hausfrau zu kosten. »Es ist hier still und angenehm, aber langweilig!« sagte Oblomow, während er in die Oper fuhr.
Als er eines Tages aus dem Theater spät nach Hause kam, klopfte er mit dem Kutscher fast eine Stunde lang am Tor. Der Hund verlor vom Bellen und Zerren an der Kette die Stimme. Oblomow war ganz erfroren und zornig und erklärte, er würde gleich am nächsten Tag ausziehen. Doch es vergingen zwei, drei Tage und dann eine Woche, ohne daß er seine Drohung verwirklichte. Er langweilte sich sehr, wenn er an den festgesetzten Tagen Oljga nicht sah, ihre Stimme nicht hörte, in ihren Augen nicht die gleiche, unveränderliche Liebe, Zärtlichkeit und das gleiche Glück las. Dafür lebte er an den von ihr bestimmten Tagen wie im Sommer, konnte sich an ihrem Gesang nicht satt hören oder sah ihr in die Augen; und vor Zeugen genügte ihm ein einziger Blick von ihr, der allen anderen gleichgültig war, ihm aber tief und bedeutungsvoll erschien. Je näher aber der Winter kam, desto seltener wurden ihre Zusammenkünfte unter vier Augen. Zu Iljinskys kamen Gäste, und es gelang Oblomow oft tagelang nicht, mit ihr auch nur zwei Worte zu wechseln. Sie tauschten Blicke aus. Oljgas Blicke waren manchmal von Müdigkeit und Ungeduld erfüllt.
Sie blickte alle Gäste mit gerunzelten Brauen an. Oblomow langweilte sich sogar ein paarmal und ergriff einmal nach dem Essen seinen Hut.
»Wohin?« fragte Oljga erstaunt, sogleich neben ihm auftauchend und versuchte seinen Hut an sich zu reißen.
»Lassen Sie mich nach Hause ...«
»Warum?« fragte sie. Ihre eine Braue war höher als die andere. »Was haben Sie vor?«
»Ich meinte nur so ...« sagte er, und konnte die Augen vor Schläfrigkeit nur mit Mühe offen halten.
»Und Sie glauben, man würde es Ihnen erlauben? Wollen Sie vielleicht schlafen gehen?« fragte sie ihn streng, ihm zuerst in das eine und dann in das andere Auge blickend.
»Was fällt Ihnen ein!« entgegnete Oblomow lebhaft, »bei Tag schlafen! Ich langweile mich einfach.«
Und er gab ihr den Hut.
»Heute gehn wir ins Theater!« sagte sie.
»Nicht in dieselbe Loge!« fügte er seufzend hinzu.
»Was macht das? Ist es nichts wert, daß wir einander sehen, daß du im Zwischenakt hereinkommst, nach dem Schluß auf mich wartest, mir den Arm reichst und mich zum Wagen begleitest? ... Fahren Sie nur nach Hause!« fügte sie befehlend hinzu. »Das wäre ja etwas ganz Neues!«
Er konnte nichts dagegen tun; er fuhr ins Theater, gähnte, als wollte er auf
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