Obsession (German Edition)
an, »... dass es besser wäre, wenn ich ein paar Tage nicht alleine hier wäre, wenn der Typ weiß, wo ich wohne.«
Ich nicke und begegne dem skeptischen Blick Katrins mit einem unverbindlichen Lächeln.
»Also, eins weiß ich«, knurrt sie weiter, »Der hat um neun Uhr wieder hier geklingelt, und vor ’ner halben Stunde war der sogar hier oben vor der Tür. Das nächste Mal rufe ich die Polizei oder haue ihm in die Fresse.«
»Wie sah der denn aus, der hier oben vor der Tür stand?«, frage ich mit plötzlichem Interesse. »Groß, breitschultrig, so ’ne richtige Machofresse«, stößt Katrin angewidert aus. »Als wäre er im Solarium eingeschlafen und hätte sich mit Anabolika den Körper fitgespritzt.« Sie schüttelt den Kopf. »Und er hatte ein blödes Tattoo am rechten Oberarm, das irgendwie antik aussah.« Sie kramt in einer Schublade nach einem Stück Butterbrotpapier und beginnt, das ganze mit dem Bleistift, den sie hinterm Ohr hatte, aufzuzeichnen. Dieses Symbol habe ich schon mal irgendwo gesehen, und ich weiß auch, wo.
»Kann ich das haben?«, bitte ich Katrin.
Sie nickt, und ich falte das Papier vorsichtig zusammen und stecke es ein.
»An deiner Stelle würde ich dem Typen das nächste Mal sagen, dass Fabrice bei Bekannten ein paar Tage Urlaub macht und du nicht weißt, wann er zurückkommt. Und wenn du dann bei uns Bescheid geben würdest, wäre das echt toll.« Ich gebe ihr meine Handynummer, sage aber nichts weiter dazu.
Fabrice verabschiedet sich von ihr mit einem Kuss, dann gehen wir. Ich nehme den Rucksack des Kleinen, Fabrice schleppt eine riesige Sporttasche die Treppe herunter zum Auto. Dann machen wir uns auf den Rückweg. Im Auto schicke ich als erstes Brix eine SMS: »Typ ist bei F. aufgetaucht. Laut Beschreibung gleiches Tattoo wie Chris und Damian. Küsse, S.«
Und so ist es. Je länger ich mir die Zeichnung von Fabrice’ Studienfreundin ansehe, desto mehr fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Das letzte Mal habe ich dieses Motiv in Berlin gesehen, bei Chris, dem Freund von Damian, mit denen ich mich wegen der »Kinder der Isis« verabredet hatte. Das war das Gespräch, bei dem dann dummerweise herausgekommen ist, dass Brix und ich eine Beziehung führen, was dieser Sekte überhaupt nicht gepasst hat. Ich wusste doch, dass dieser Verein absolut nicht seriös und außerdem verdammt gefährlich ist! Aber wer uns Schläger mit automatischen Sturmgewehren auf den Hals schickt, der ermordet auch Stricher. Nur den Grund sehe ich noch nicht ... aber ich befürchte, ich bin schon wieder mehr mittendrin, als ich eigentlich wollte.
24
Brix
Also ehrlich – wenn vierundsechzig Euro nicht so eine Menge Geld wären, dann wäre ich nicht wirklich hier. So aber sitze ich in einem kleinen plüschigen Wohnzimmer auf einem Sofa, das aussieht, als wäre es noch vor dem Ersten Weltkrieg hergestellt, und trinke Tee aus Tassen, die vom Dekor her eher in ein Altersheim, Abteilung »Senioren über Hundert« passen würden.
Überall in der Wohnung ist Nippes, Kitsch, Steinkugeln, sogar Statuen von irgendwelchen Leuten, die mit Ketten behängt sind und vor denen irgendwelcher Krimskrams liegt. Ich sag’s ja, Shahin hätte seine helle Freude an dieser Wohnung gehabt. Unser Staubsauger wahrscheinlich auch, obwohl es hier ausgesprochen sauber ist, ich hab jedenfalls noch keinen Staub oder Schmutz gefunden.
Immerhin, der Tee schmeckt lecker, und die Muffins, die es dazu gibt, sind garantiert selbst gebacken. Dazu spielt eine Rock-Scheibe, die mir sogar gefällt, denn ich kenne die Band; es sind nämlich die »Faceless Frogs«, die Band, die damals mein Ex-Chef Carlos Alfaya versaut hat, als es um deren Vertrag mit unserem Label ging. Wie ich sehen kann, werden sie jetzt von der Konkurrenz vertrieben ... und das nicht schlecht.
Aber trotzdem ... ich muss immer noch an das Käselabyrinth denken, während Nora ununterbrochen mit mir plaudert, ich ab und zu höflich »ja« sage, nicke, ein interessiertes Gesicht mache und insgeheim hoffe, dass das Gespräch bald zu Ende ist.
Mein Geld hat sie mir gleich am Anfang des Nachmittags gegeben, penibel genau auf den Tisch gezählt und mich nachzählen lassen, ob der Betrag auch wirklich stimmt.
Jedenfalls ist sie heute ganz anders, viel freundlicher und vor allem lockerer drauf, weswegen ich langsam sogar anfange, sie nett zu finden. Außerdem klingt ihre Stimme heute nicht mehr so kieksig, vielleicht, weil sie heute nicht so aufgeregt ist. Sie
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