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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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fünfzehn Jahren, sagte er, er könne das Jahr herausfinden, falls es wichtig wäre, als er nach einer Übung aus einem der Räume im Haus Meiser gekommen sei, in Giv'at Ram, habe neben dem Geländer ein junges, schwarzgekleidetes Mädchen auf ihn gewartet. Er erinnere sich, wo sie gestanden habe, sagte er und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, im zweiten Stock. Sie wollte mit ihm sprechen. Er hatte sie vorher noch nie gesehen, lud sie aber in sein Zimmer ein, weil sie so etwas Verschlossenes und Verzweifeltes an sich gehabt habe. Sie erzählte ihm, wie sie Tirosch getroffen hatte. »Als sie seinen Namen aussprach«, sagte Klein lächelnd, »glaubte ich, es handle sich um ein neues Opfer, wie die anderen, die sich dauernd in ihn verliebten. Aber sie sah viel jünger aus als die anderen, so verletzlich, und überhaupt ganz anders.«
    Du meinst, schöner als die anderen, dachte Michael. Klein erzählte weiter über die Zeit, in der Tiroschs Freundinnen häufig zu ihm kamen, um sich an seiner Schulter auszuweinen. Seine Lippen wurden für einen Moment hart, und Michael überlegte, ob er Neid empfand, doch er sagte kein Wort und hörte sich geduldig die Geschichte über »das besondere junge Mädchen« an, das Tirosch in seinem Sabbatjahr in Kanada geheiratet hatte. Wie er sich in sich selbst zurückgezogen hatte, wie er sie, ohne Worte, gezwungen hatte, auf das Baby zu verzichten, und sie dann, gedemütigt und allein, nach Israel hatte zurückkehren lassen. »Er hat das Ganze wie eine Spielerei betrachtet«, erklärte Klein erstaunt. »Er hat sie eingeladen zu kommen, dann hat er es bereut. Er hat es einfach bereut.«
    Klein schüttelte verständnislos den Kopf.
    Michael fragte, warum Ja'el damals mit ihm hatte sprechen wollen.
    »Sobald sie nach der Abtreibung wieder bei Kräften war, ist sie in ein Flugzeug gestiegen und zurückgekommen, sie ist einfach vor ihm geflohen. Vermutlich hatte sie nur das Bedürfnis, von jemandem Zuspruch zu bekommen, der Scha'ul kannte. Ich unterstützte sie, so gut ich konnte, ich sprach stundenlang mit ihr, am Schluß schrieb ich Scha'ul sogar einen Brief. Sie glaubte, ich hätte Einfluß auf ihn, weil er mich schätzte.«
    Nein, Scha'ul habe sich nicht gegen eine Scheidung gewehrt, aber seit damals habe etwas zwischen ihnen gestanden, zwischen ihm, Klein, und Tirosch. Und zu Ja'el habe er seit damals eine besondere Beziehung, als fühle er sich irgendwie schuldig. Kleins Gesicht bewölkte sich.
    Michael bat ihn, diese Schuld näher zu erklären.
    »Nun«, sagte Klein, »sie war nicht die einzige, die er geschwängert hat, es gab noch zwei Fälle. Aber sie war so jung und so verschreckt, so zerbrechlich.« Das wiederholte er ein paarmal. Und Michael erinnerte sich an die spöttische Stimme, die gesagt hatte: »Da war mal was«, als sie nach ihrer Beziehung zu Tirosch gefragt worden war.
    Laut fragte er nur, warum sie die Sache geheimgehalten habe.
    Klein zuckte mit den Schultern und antwortete, Tirosch habe nie an Schuld erinnert werden wollen, und Ja'el habe später, obwohl sie damals eine schwere Krise durchgemacht hätte – einen Schwangerschaftsabbruch, die Demütigung, die er ihr zugefügt habe –, immer so getan, als wäre nichts gewesen, als habe sie alles vergessen.
    Wieder wurde es still, bis Klein in philosophischem Ton sagte, es gebe Menschen, die keine Häßlichkeit ertragen könnten. Menschen wie Ja'el, erklärte er, bereite der Anblick eines Mülleimers physische Schmerzen. »Besteck im Spülstein, Blut, Abfälle, Schweißgeruch im Autobus, Bettler, eine abblätternde Wand, das alles bedeutet für sie Häßlichkeit. Man kann da nicht von verwöhnt sprechen. Wenn Sie sie kennen würden, würden Sie es verstehen. Manchmal frage ich mich, wie sie es überhaupt schafft, am Leben zu bleiben. Es gibt solche Leute. Und es gibt andere, die für die Schönheit leben, wie Tuwja Schaj, aber das ist ein völlig anderes Phänomen.« Michael fühlte, wie die Spannung seinen Körper erfaßte, er bat um eine Erklärung.
    »Vor einigen Jahren war ich mit Tuwja bei einem wissenschaftlichen Kongreß in Rom, und wir gingen zusammen in die Galerie des Kapitols, wo wir die Büsten der römischen Kaiser besichtigten. Ich drehte mich zu Tuwja um, weil ich irgend etwas über das Gesicht Marc Aurels zu ihm sagen wollte, da war Tuwja nicht mehr neben mir. Ich schaute mich um und entdeckte ihn neben dem ›Sterbenden Gallier‹.« Michael nickte. Er erinnerte sich an die Statue, an die

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