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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Klischees und Vorurteilen verlieren. Und daß Sie nicht denken, jeder Homosexuelle ist ...« Er sah Michael erwartungsvoll an. »Außerdem«, fiel ihm ein, »habe ich das Haus heute nicht verlassen ... Wann ist Gabi ...? Wann hat man ihn gefunden?« brachte er angestrengt heraus.
    »Gegen Mittag«, Michael wich einer präzisen Antwort aus. »Wir werden seine Papiere durchsuchen und mehr Details von Ihnen in Erfahrung bringen müssen. Ich würde Sie gerne an den Lügendetektor anschließen, Ihre Einwilligung vorausgesetzt.«
    Isi zuckte die Schultern. »Sollte ich jetzt einen Rechtsanwalt anrufen?« murmelte er. »Ich brauche keinen Anwalt«, sagte er und hob den Kopf. »Ich sage es Ihnen noch einmal, ich habe ihn geliebt. Er liebte mich. Wir standen uns sehr nahe. Sehr nahe. Sie begreifen es nicht. Ich werde Sie zu Ihrem Lügendetektor begleiten. Ich tue, was immer Sie wollen. Ich habe damit kein Problem«, betonte er das letzte Wort. »Nur damit, daß Gabi nicht mehr ist ... ich weiß nicht, wie ...« Wieder legte er die Brille ab und verbarg sein Gesicht in den Händen.
    »Hatten Sie in der letzten Zeit eine Krise? Kam es zu einem Bruch? Zu Differenzen?«
    »Nein«, sagte Isi, nachdem er die Hände vom Gesicht genommen und sich aufgerichtet hatte. »Ich wünschte ... Was ich jetzt möchte«, bat er leise, »ist allein sein. Kann ich nicht ...«
    »Ich befürchte, es ist nicht möglich.«
    »Können Sie nicht einen Tag warten? Ein paar Stunden? Mir die Möglichkeit geben ... Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
    »Wir ermitteln in einer Mordsache. Es geht um die Ermordung des Menschen, mit dem Sie zusammengelebt haben, der Ihr Lebensgefährte war. Den Sie liebten. Wir haben es mit Mord zu tun.«
    »Ich habe geliebt, ich liebe. Mehr weiß ich jetzt nicht.«
    »Haben Sie keine Ahnung, wer ihn nicht mochte?«
    »Wer ihn so haßte?« Isi schüttelte den Kopf. Dann atmete er geräuschvoll. Schließlich warf er ihm einen direkten, offenen, unverhüllten Blick zu. »Er hatte nicht viele Freunde, aber auch keine Feinde. Gabi brachte selten jemanden gegen sich auf. Mit ihm zusammenzusein war, außer in meinem Fall, normalerweise nichts, was ... Vielleicht Theo ... Ich meine, es ist kompliziert. Theo hat ihn nicht so sehr ge haßt, er hat ihn auch geliebt, bilde ich mir ein. Der erste Gei ger, Awigdor, hat ihn nicht gemocht. Und ein Teil der Musiker hat ihn auch nicht leiden können, weil ihnen Perfektionisten auf die Nerven gingen. Da war auch diese Sache mit den individuellen Verträgen, die er geplant hatte, ohne Tarifvertrag, mit Prämien. Das hat ein paar Leute sehr verärgert. Auch Theo war dagegen. Es gab Leute, die ihm nachsagten, er sei schwierig. Das heißt, jemand, der nicht aufgibt, der keine Kompromisse eingeht. Gabi ist ... Gabi war ein besonders ernsthafter Musiker. Viele Menschen deuteten seine Schüchternheit – er war kein Exhibitionist wie Theo – als Überheblichkeit und bezeichneten ihn als Snob. Dann gibt es natürlich noch Ewen Tow, einen Chorleiter, der auch ein Barockensemble aufbauen wollte, der aber weniger erfolgreich war. Vielleicht hat er Gabi wirklich gehaßt, aber wenn Sie ihn sehen, werden Sie verstehen, daß ein Mord bei ihm auszuschließen ist. Das letzte, was man einem Mann wie Ewen Tow zutraut, ist ein Gewaltverbrechen. Er ist ... das zählt nicht zur Sache.«
    »Und außerhalb des Orchesters und des musikalischen Lebens?«
    Isi sah ihn erstaunt an. »Er hatte kein Leben außerhalb des musikalischen Lebens«, stellte er klar. »Die Musik war seine ganze Welt. Dank der Musik ... dank meines Spiels ... gut, es war nicht nur mein Spiel. Ich bin nicht so ein guter Cembalist, er hat mich mal im YMCA spielen gehört, und so haben wir uns kennengelernt. Gabi konnte mit niemandem etwas anfangen, der nicht an Musik interessiert war. Selbst seine Ex-Frau, die eine gräßliche Person sein muß, ich habe sie nie getroffen, ich habe nur in finanziellen Angelegenheiten mit ihr telefoniert, ist eine Musikerin, eine ausgezeichnete Harfenistin. Gabi hatte keine andere Welt. Wir hatten sehr wenig Freunde, Arbeitskollegen. Er ist oft gereist, das macht es schwer, Freundschaften zu pflegen. Erst vor ein paar Wochen ist er von einer langen Reise zurückgekehrt. Von einer Konzerttournee ...«
    »Was war zwischen ihm und Theo so kompliziert?«
    Isi lächelte beinahe abwinkend. »Nun, was gibt es da zu erklären. Es ging um den klassischen Bruderneid. Aber es steht nicht im Zusammenhang mit der Sache

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