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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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sind. Das heißt, daß das Opfer stehend umgebracht wurde. Dieses Blut ist geflossen, als van Gelden stand. Der Sturz erfolgte nach dem ... Ich weiß nicht, ob ich von Erdrosseln sprechen soll oder ob der Schnitt so schnell erfolgte, daß er keine erdrosselnde Wirkung hatte.«
    Zilas Gesicht, die neben Michael kniete und auf Gabriels Hals starrte, war kreidebleich, und ihre Unterlippe war zwischen ihren Zahnreihen verschwunden.
    »Sehen Sie, daß sich die Schnittstelle hier beinahe um den ganzen Hals herum zieht?« fragte der Pathologe, und ohne auf eine Antwort zu warten, untersuchte er mit dem Vergrößerungsglas die betreffende Stelle. »Gut, wir werden gleich darauf zurückkommen«, versicherte er mit seiner singenden Stimme. »Zuerst die Temperatur«, bestimmte er, »in der Zwischenzeit könnt ihr eure Skizze anfertigen«, wies er die Kollegen von der Spurensicherung an. »Bis ich ihn bewege, könnt ihr photographieren. Ich werde auch ein paar Aufnahmen machen, noch vor der Temperatur«, verkün dete er, zog seine Kamera zu sich heran und machte sich an die Arbeit. Ein paar Sekunden lang hörte man das Klicken der Kameras. Dann machte der Gerichtsmediziner dem Mann Platz, der sich nach vorn neigte und mit seinem Stift die Leiche umriß, bis eine weiße klare Linie sie umgab. Jafa photographierte erneut. Sie schien mit geschlossenen Augen zu arbeiten, um den Anblick der klaffenden Gurgel zu vermeiden, deren Innenleben sich den Umstehenden präsentierte.
    Der Pathologe machte sich nun mit einem Thermometer in der Hand an der Leiche zu schaffen. »Zuerst die Außentemperatur«, sagte er. »Jetzt hier«, murmelte er und drehte den Toten auf die Seite. Mit scharfen, schnellen Gesten zog er dem Toten die Kleider aus. »Ah, so ist das! « sagte er, nach dem er das Thermometer prüfend angesehen hatte und er seinen Blick zu dem Pfeiler streifen ließ, zu dessen Füßen Gabriel lag. Er wischte mit der Hand über den Pfeiler und musterte interessiert den Handschuh. »Sehen Sie?« wandte er sich an Michael. »Schauen Sie mal, der Pfeiler gibt Gips ab. Den hat er auf dem Hemd. Sehen Sie die Flecken auf dem Hemd?« Michael folgte dem Finger des Pathologen. »Wenn er ein helles Hemd tragen würde, hätten wir es erst im Labor festgestellt, aber weil das Hemd dunkel ist, kann man es schon jetzt erkennen. Das Weiß auf dem Hemd muß von dem Pfeiler stammen. Verzeihen Sie, daß ich mich in die Arbeit der Kollegen von der Spurensicherung einmische. Es ist ihr Bereich. Aber in diesem Fall interessiert mich das Weiß auf dem Hemd wegen der Position.«
    »Was heißt das?« fragte Zila.
    »Das heißt«, sagte der Pathologe, »das heißt, daß wir nicht nur wissen, daß er stand, sondern an der Position der Flecken erkennen wir auch, daß er sich mit dem Kopf gegen den Pfeiler gelehnt hat, etwa so«, er warf den Kopf in den Nacken, als lehne er ihn gegen einen Pfeiler. »Und vielleicht, ich sage, vielleicht, nicht mit Sicherheit, vielleicht hat sich jemand von hinten an den Pfeiler herangeschlichen und – fatz ...« Dr. Solomon ahmte mit einer Hand einen Schnitt nach. Er kniete sich wieder neben die Leiche. Nach ein paar Minuten, in denen völlige Stille herrschte, die nur gelegentlich unterbrochen wurde von den Mitarbeitern der Spurensicherung, die über den langen Flur liefen, verkündete Dr. Solomon: »Ein bis zwei Stunden.«
    »Wo ist Nita?« fragte Zila, worauf der erste Geiger aus seiner Ecke kam und es ihr erklärte.
    »War sie es, die ihn gefunden hat? Hat sie ihn etwa so gefunden?« fragte Zila entsetzt.
    »Ja«, antwortete der erste Geiger, der auf sie zukam. Er neigte den Kopf, und zwischen zwei Lockenreihen, die zu beiden Seiten seiner Glatze wie zur Entschuldigung wuchsen, glänzte seine Kopfhaut.
    »Wann?«
    »Vor ... ungefähr um drei, sagen wir Viertel nach drei. Ich bin mir nicht sicher, aber es war, als wir schon fertig wa ren. Es waren nur noch diejenigen da, mit denen Gabriel über sein Barockensemble sprechen wollte. Er hatte neue Ideen, hatte Änderungen vor«, erklärte er und verstummte. »Wir haben ihn nicht gefunden«, fügte er plötzlich hinzu, und beinahe ungläubig sagte er: »Plötzlich war er nicht mehr da, plötzlich, plötzlich war er verschwunden, und dann ...« Er schrie auf und verstummte, verbarg sein Gesicht für einen Moment in den Händen, zog die Hände weg und schüttelte den Kopf. »Es ist kaum zu fassen«, murmelte er mit gebrochener Stimme. »Es ist so ... so absurd.« Dann ließ er die

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