Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand
nicht gesagt, dass ... hier wird überhaupt nicht von Liebe gesprochen, du willst überhaupt nicht wissen, fragst nicht mal, ob ich ...«
»Was gibt es da zu fragen?« Ihr Gesicht an seiner Brust hob und senkte sich mit seinen Atemzügen. »Ich habe dich gesehen und gehört. Schau uns an, gibt es da etwas zu fragen? Ich weiß, dass du mich liebst, ich weiß es einfach. Und du weißt es auch.«
»Ich ... nein, ich weiß überhaupt nichts, wenn man es mir nicht sagt«, widersprach sie trotzig und entzog ihr Gesicht seinen Händen.
»O doch, und wie«, sagte er zu ihr, ohne sich noch weiter über seine Sicherheit zu wundern, »du willst bloß nicht auf die deko rative Kulisse verzichten, auf das Klavier von Casablanca und die Unterwäschegarnitur, aber das ist alles Unfug.«
Sie barg ihr Gesicht in seinen Armen und murmelte: »Wenn das bloß Unsinn ist, warum gibst du es mir dann nicht und Schluss da mit?«
»Unter keinen Umständen. Ich kann solche Dinge nicht leiden.«
»Du kannst sie nicht leiden?!« Sie war bestürzt. »Aber all diese Jahre, ich weiß von allen möglichen ... und ganz sicher gab es da ... Blumen und Kerzen und Unterwäschegarnituren und das Ganze ... und wenn du verheiratete Frauen hattest, Verhältnisse, Hotels und das alles, was war das?«
»Gab es, alles«, gestand Michael und schluckte mühsam. Die ganze Diskussion hätte keinen Sinn, wenn er ihr nicht die volle Wahrheit sagte: »Aber ich möchte es so haben – so wie jetzt, mit Kameradschaft. Das ist es, was ich immer wirklich wollte.«
»Und das ist möglich wegen ... des Vertrauens?«, fragte sie zögernd.
»Vertrauen, Verständnis, Anteilnahme und ... o.k., Liebe, willst du das hören?«
»Wo war das dann die ganzen dreißig Jahre?«
»Oho, jetzt wieder alles von vorn?« Er verdrehte demonstra tiv die Augen. »Lässt man einen hier nie schlafen?«
»Normalerweise schläft man um sechs Uhr morgens nicht mehr«, neckte sie ihn, »aber du kriegst einen Vorschuss, wenn ...«
Von dem kleinen Stuhl in der Ecke des Zimmers, auf den er seine Kleider geworfen hatte, war ein durchdringendes Piepsen zu hören, das auch der Stoff nicht dämpfte.
»Was ist das?«, setzte sich Ada erschrocken auf.
»Das ist der Beeper, nichts anderes.«
»Du wirst gerufen? Vor sechs Uhr früh am Feiertag?«
»Die Welt verlangt nun ihren Tribut – ich bin mitten in einem Fall«, sagte er und angelte schon nach seinen Jeans. »Ich muss telefonieren.«
»Dringend«, sagte Balilati, »natürlich ist es dringend, glaubst du vielleicht, ich würde dich sonst stören, wenn es nicht ... kurz gesagt, zwei Sachen: erstens, es gibt eine neue Spur, aber das kann einen Moment warten, und zweitens, das Mädchen ist verschwunden.«
»Welches Mädchen?«, fragte Michael. Er hielt den Telefonhö rer zwischen Schulter und Ohr geklemmt, während er sein weißes Hemd neben den Stuhlbeinen vom Teppich aufhob und die Ärmel herausstülpte.
»Ich hab mir hier die Nacht um die Ohren geschlagen, bin die Sachen durchgegangen, nachdem ich diesen Avital in der Luft zerrissen habe«, fuhr Balilati ungerührt fort, als hätte er die Frage nicht gehört, »und vor einer halben Stunde betrete ich das Gebäude, und wen seh ich da neben dem Dienst habenden Polizisten? Den Jungen von dir.«
»Wen?«, fragte Michael erschrocken, »Juval? Bei uns im Haus?«
»Nein, wieso denn Juval, ich rede von deinem Landwirt, der glanzvolle Wachtmeister Ja’ir, er steht neben dem Wachhabenden, und sie reden über Rosen. Um halb fünf Uhr in der Früh erzählen die mir was von Rosen und Geranienkrankheiten. Hast du gewusst, dass es jetzt eine ziemlich schlimme Seuche gibt – wie nennt man dieses Zeug, Junge?« Balilati verstummte einen Moment, und aus dem Hörer war dumpf eine Stimme im Hintergrund zu vernehmen, wonach der Nachrichtenoffizier sagte: »Genau, das ist es, ein Virus, der die Farben frisst bei den Geranien, hast du das gewusst? Auch ich hab’s nicht gewusst, jeden falls, kurz gesagt, sie reden also über Viren bei den Geranien, und ich steh da und hör zu, denn meine Mati hat eine ganze Sammlung von Geranientöpfen, und ich hab mir gedacht, vielleicht lernen wir ja was und ... egal, kurz gesagt, wer kommt rein? Die Mutter von diesem Mädchen mit dem großen Bruder und seinem Freund, ein ganz richtiger Freund, nicht bloß so, sie sind sozusagen ein Pärchen, und der Freund, er heißt Peter O’Brian, ein Australier, stellt sich vor und ...«
»Dani«, unterbrach ihn Michael
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