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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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gibt, die es vor ziehen, sich fressen zu lassen.
    Der Rechtsanwalt studierte seine Fingernägel. »Ich habe in meinem Leben nicht viele solche getroffen«, meinte er schließlich, »vereinzelte Fälle ... an einer Hand abzählbar ... vielleicht meine Frau, wenn sie gewusst hätte, wie das Kind zu uns gelangt ist ... aber Tatsache ist«, trumpfte er auf, »Tatsache ist, dass sie nicht danach gefragt hat. Sie hat das Baby mit aller Kraft in Händen ge halten und hat nichts gefragt. Und Tali, sie sah nicht einmal aus wie ... sie hatte blaue Augen und helle Haut, erst später ... und glauben Sie mir, Lydia Abramov, diese Schwester, war eine gute Frau, sie war nicht ...«
    »Sie ist nicht mehr am Leben«, warf Michael ein, »sie starb vor acht Jahren in Petach-Tikva.«
    »Sie hatte Parkinson«, ergänzte der Rechtsanwalt sachlich, »sie musste von niemandem umgebracht werden.«
    »Interessant, dass Sie das Thema von sich aus ansprechen«, äußerte Michael.
    »Das war sarkastisch gemeint«, entschuldigte sich Rosenstein, »bevor Sie Nachforschungen anstellen, ob ich auch sie ermordet habe, um sie zum Schweigen zu bringen, wie Sie sagen, dass ...«
    »Sie hat vor ihrem Tod noch in der Affäre um die jemenitischen Kinder ausgesagt«, erwähnte Michael, »und ihre Aussage klang nicht nach Gewissensbissen. Sie sagte nur, ›wir haben nach bestem Wissen und Können unter den gegebenen Umständen gehandelt.‹ Ich erinnere mich genau an die Worte. Sie hat nur er klärt, wie auf Grund der Panik vor einer Polioepidemie jedes Baby mit höherem Fieber sofort ins Krankenhaus eingeliefert wurde, und auch vor dem Untersuchungsausschuss hatte sie noch das Gefühl, dass man das Richtige getan hatte. Und mir ist auch aufgefallen, wie sie dort schilderte, dass die jemenitischen Eltern wochenlang nicht kamen, um ihre Kinder zu suchen ... ›als kümmerte sie es nicht‹, sagte sie. Einzelheiten wusste sie keine ... erinnerte sich nicht ... und sie behauptete auch, dass es alle möglichen Kinder gegeben habe, die verschwanden, ge nauso wie die, die ins Krankenhaus eingeliefert wurden und nicht mehr zu ihren Eltern zurückkehrten. Auch aschkenasische Kinder. Aus Rumänien, aus der ganzen Welt, nicht nur Jemeni ten ... es gab da irgendeine Geschichte von einer Millionärin von der WIZO in England, die nach Israel kam, ein Mädchen von rumänischen Eltern erhielt und es mit nach England nahm, an diese Geschichte konnte sich Lydia Abramov ausnahmsweise sehr gut erinnern.«
    »Wir wussten gar nichts«, beharrte der Rechtsanwalt, »wir wussten nicht, dass es ein jemenitisches Baby war. Wenn ich es von Anfang an gewusst hätte, vielleicht ...« Er verstummte.
    »Ja? Vielleicht was?«, hakte Michael nach.
    »Vielleicht hätten wir sie überhaupt nicht genommen, denn ... Jetzt fahren Sie nicht gleich in die Höhe, als ob ich irgend so ein Rassist wäre, ich habe nichts gegen Jemeniten, ich bin schlicht und einfach ein praktischer Mensch, ich wollte nicht, dass man es wüsste ... sie sieht heute nicht aus wie die Tochter ihrer Mut ter ... wenn ich das von vornherein gewusst hätte, hätte ich vielleicht nie ...« Er rückte mit dem Stuhl näher an den Tisch heran und beugte sich vor, als verrate er Michael ein Geheimnis, »Sie müssen verstehen, wir haben Tali nicht erzählt, dass sie adoptiert i st, wir haben niemandem etwas davon gesagt. Wir sind nach Jerusalem gezogen und haben in Haifa alles hinter uns gelassen. Vielleicht hatte jemand einen Verdacht, kann sein, einmal hat sie auch gefragt, Tali, aber ich sagte, nein, wieso. Man hat mir ge sagt, dass es ein Alter gibt, in dem Kinder gerne denken, sie seien adoptiert, aber ich fürchtete ... ich hatte Angst, jemand hätte etwas zu ihr gesagt, und es ist ein kleines Land hier, jeder kennt jeden«, er wandte sein Gesicht ab, fuhr sich mit einem Finger unter die Brille und rieb sein Auge.
    »Lassen Sie uns zu Zohra zurückkehren«, sagte Michael in einladendem Ton, »die zu Ihnen ins Büro kam und ...? Hat sie zum Beispiel gesagt, woher sie die Information hatte?«
    »Ich habe keine Ahnung, wie sie es erfahren hat«, erwiderte Rosenstein bitter, »sie kam und warf irgendeine Aktenmappe mit den Kopien aus dem Innenministerium auf den Tisch, mit einer Geburtsurkunde, und sagte, sie wisse, dass ihre Schwester ... dass Tali ... Ich habe mir die Geburtsurkunde angesehen, da stand, dass das Baby von Zohras Eltern im ... war es im Januar? geboren wurde, aber wir hatten Tali bereits im November erhalten. Ich

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