October Daye - McGuire, S: October Daye
dritte ?«
»Ja.«
»Ic h … verstehe. Bitte entschuldigen Sie mich kurz.« Ich drehte mich zu Jan um. Sie hatte sich aufgerichtet und wischte sich mit einer Hand das Gesicht ab, schniefend und verweint. Was mir herzlich egal war. »Miss O’Leary? Kann ich Sie mal sprechen?«
Sie schaute auf, ihre goldenen Augen waren geweitet. »Was?«
Normalerweise habe ich Verständnis für ein gewisses Maß an Unzurechnungsfähigkeit nach dem ersten Schock, vor allem, wenn ich es mit Reinblütlern zu tun habe. Die meisten erleben so selten Todesfälle, dass sie keine Ahnung haben, wie sie damit klarkommen sollen. Doch vor dem Hintergrund dessen, was Gordan mir gerade gesagt hatte, war ich nicht in der Stimmung für besondere Nachsicht. »Sprechen, Miss O’Leary. Wir müssen reden.«
»Wa-warum?« Sie sah Elliot an, der den Blick abwandte. Ich glaube, er wusste, was nun kam. »Das ist jetzt kein guter Zeitpunkt. Ic h … «
»Wieso haben Sie mir nicht gesagt, dass hier Leute sterben?«, fragte ich scharf. Direktheit gilt in Fae-Kreisen nicht gerade als Tugend, mir jedoch hat sie im Laufe der Jahre gute Dienste geleistet.
Jan stierte mich einen Moment lang an, dann fasste sie sich schließlich und herrschte mich an: »Sie können ja wohl nicht einfach hier hereinschneien und erwarten, dass ich all unsere Probleme vor Ihnen ausbreite. Was für eine Gräfin wäre ich dann wohl?«
Ich zügelte mein Temperament und zwang mich, tief Luft zu holen. Währenddessen kam Quentin zurück und stellte sich hinter mich. »Haben Sie gestern Abend Ihren Onkel angerufen?«
Sie nickte. »Ich habe es versucht. Es ging niemand ran.«
»Tja, bei mir schon. Er ist äußerst besorgt. Beantworten Sie mir folgende Frage: Wollen Sie, dass dieses Töten aufhört?«
Jan starrte mich an. »Wie können Sie mich so etwas fragen?«
»Ich bin nur ein Wechselbalg mit einem halb geschulten Pagen als Unterstützung«, gab ich ruhig zurück. »Ob ich nun die Wahrheit sage oder nicht, viel Schaden kann ich nicht anrichten. Allerdings bin ich eine ausgebildete Ermittlerin und am Hof Ihres Onkels vereidigt. Lassen Sie mich meine Arbeit machen. Falls Sie irgendwann den Eindruck haben, dass ich Sie belüge, können Sie immer noch gegen mich vorgehen.«
»Ich weiß nicht rech t … «
»Wenn Ihr Auto eine Panne hat, schrauben Sie dann selbst daran herum oder holen Sie einen Mechaniker?«
Der Themenwechsel ging ihr anscheinend etwas zu schnell. Einen Augenblick starrte sie mich verdattert an, dann erwiderte sie leise: »Ich hole einen Mechaniker.«
»Hier gilt dasselbe Prinzip. Wenn Leute sterben, löst man das Problem nicht allein. Man holt einen Mechaniker.« Ich sah ihr in die Augen und zwang mich, nicht wieder laut zu werden. Was mir nicht leicht fiel. »Ich bin hier der Mechaniker.«
Jan stand steif da und bebte vor Angst und Wut. Es dauerte eine Weile, bis das Glühen in ihren Augen nachließ und ihre Schultern leicht absackten, wobei kurz durchschimmerte, wie jung sie noch war. Reinblütler wirken oft alterslos, aber das sind sie nicht. Anfangs sind sie wie jeder andere: jung und dumm. Und wenn nichts sie zwingt, erwachsen zu werden, kann es vorkommen, dass sie jahrhundertelang halbe Kinder bleiben. Jan war mehr als ein Jahrhundert alt, dennoch war sie in der Hinsicht, auf die es hier ankam, immer noch jünger als ich. Mit gedämpfter Stimme fragte sie: »Können Sie das denn? Können Sie dafür sorgen, dass es aufhört?«
Ich lächelte schneidend. Das ist nicht gerade mein einnehmendster Gesichtsausdruck, aber da nur einen Meter entfernt eine Fae-Leiche lag, brauchte ich jetzt keine Schokoladenseite mehr.
»Herrin«, sagte ich, »Ihr hättet von Anfang an nur zu fragen brauchen.«
Neun
T oby! Bitte warte!«
Ich blieb stehen, fuhr herum und sah Alex finster an. Quentin tat es mir gleich, wobei seinen Bewegungen eine halbmilitärische Zackigkeit anhaftete. Er verarbeitete seine Erschütterung durch ein Maß an Förmlichkeit, wie ich es seit unserer allerersten Begegnung nicht mehr an ihm erlebt hatte. Es gefiel mir nicht gerade, aber ich konnte ihm wirklich keinen Vorwurf daraus machen. Auch ich hatte Angst, und dabei besaß ich erheblich mehr Erfahrung als er.
»Was ist?«, fragte ich Alex scharf. »Hast du noch mehr zu erwähnen vergessen? Weitere Leichen? Riesenspinnen in der Dachkammer? Meine Geduld ist ziemlich erschöpft, und du hast mir nicht annähernd genug Kaffee gebracht, um die Verschleierung eines Mordes zu entschuldigen.«
Ein
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