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Odessa Star: Roman (German Edition)

Odessa Star: Roman (German Edition)

Titel: Odessa Star: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch
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brechendenund im Porzellanbecken klirrenden Zähnen vermischte, als würde ein ganzes Service zerdeppert, während das Blut nicht nur auf das Nike-Sweatshirt spritzte, sondern auch auf den Spiegel, den Duschvorhang und in die Badewanne. Yvonne rief noch »Was ist in dich gefahren!« oder »Ich habe doch nichts getan!« oder etwas Ähnliches, aber ich erklärte ihr, glaube ich, noch immer innerhalb des Traums, das sei nun ausgerechnet der einzige Grund, weshalb sie sich diese Behandlung gefallen lassen müsse, weil sie nichts, aber auch rein gar nichts getan, höchstens in den natürlichen Lauf der Dinge eingegriffen habe mit ihrer Brille und ihrem Sweatshirt und ihrem Haar in dem vergeblichen Bemühen, den Tod auf Distanz zu halten. In diesem Moment tauchte mein Schwager in der Badezimmertür auf, er machte kein entsetztes oder wütendes Gesicht, sondern schien eher neugierig.
    »Was machst du?«, erkundigte er sich interessiert. Eigentlich hätte ich ihm jetzt die gleiche Behandlung angedeihen lassen müssen – aber etwas hielt mich zurück: Eine plötzliche bleierne Müdigkeit hinderte mich daran, die Arbeit zu Ende zu führen, und auch das Gefühl, es sei irgendwie doppelt gemoppelt, mir beide vorzuknöpfen.
    »Ich habe deine Frau für dich ausgebeult«, antwortete ich daher, und danach war es, glaube ich, an der Zeit, hinunterzugehen. Ja, so war es: Unten fand eine Party statt, und wenn wir uns hier noch länger herumdrückten, würden sich die Gäste wundern; so jedenfalls erklärte mein Schwager mir die Situation und, wenn ich mich recht entsinne, auch seiner Frau, die noch immer ihre Zähne im Waschbecken auflas. »Komm, das machen wir später«, waren die letzten Worte meines Schwagers im Traum, bevor ich schwitzend und zähneklappernd aufwachte und Fatima mit einem dampfenden Becher in der Hand auf der Bettkante sitzen sah.
    Ich setzte mich mühsam auf und nahm den Becher entgegen; wie ich zu meiner Zufriedenheit feststellte, war sie nicht sparsam mit dem Jack Daniel’s gewesen.
    Ehe ich mich versah, hatte sie mir einen feuchten Waschlappen auf die Stirn gelegt, und dann fühlte ich den Druck ihrer Finger.
    »Sie haben im Schlaf geredet«, sagte sie leise.
    »Oh ja?«, fragte ich so beiläufig wie möglich und setzte mein dämlichstes Grinsen auf. »Und was habe ich gesagt?«
    Fatima kniff ihre schwarzen Augen zusammen und legte den Kopf schief, die schwarzen Haare berührten fast die Bettdecke.
    »Ich konnte es nicht gut verstehen.« Ihre Finger drückten gegen den Waschlappen, ein Tropfen rollte mir über eine Augenbraue die Nase hinunter; ich trank einen Schluck von dem Tee, der sich schon auf Trinktemperatur abgekühlt hatte, sodass ich ihn zur maximalen Wirkung in einem Zug hätte runterkippen können – aber solange Fatima auf der Bettkante saß und mir sanft durch den feuchten Waschlappen hindurch die Stirn massierte, hielt ich mich zurück.
    »Natürlich hast du es verstanden«, sagte ich und schenkte ihr ein wahrscheinlich ziemlich schwaches Lächeln und zwinkerte ihr zu. Das Zwinkern ging von selbst, als würden meine Augenlider von einer Kraft gelenkt, die stärker war als ich selbst, beziehungsweise von etwas oder jemandem, der andere Motive als ich hatte.
    Die Finger stoppten in ihrer Bewegung und lösten sich dann ganz. Fatima sah mich ernst an.
    »Sie haben gesagt: Du hast nie, nie etwas getan … Sie holte tief Luft. Wider Erwarten schlug sie nicht die Augen nieder. »Und dann haben Sie ein Wort benutzt für Frauen, das man eigentlich nicht benutzen darf. Man will damit sagen, dass Frauen weniger wert sind als … als …«
    »Kamele?« Es war mir so herausgerutscht, was vielleicht an dem Jack Daniel’s lag oder ganz allgemein an meinemelenden Zustand und meinem von Nurofen und Alkohol erhitzten Gehirn, aber heute war ich sowieso nur zu lockeren Gesprächen aufgelegt.
    Zu meiner nicht geringen Erleichterung brach Fatima in Lachen aus. »So könnte man es sagen.«
    »Wo kommst du eigentlich her?«, fragte ich rasch, bevor sie wieder ernst werden konnte. »Ich meine, wo genau in Marokko?«
    »Oujda«, sagte sie. »Das heißt, aus einem kleinen Dorf im Rifgebirge zwischen Oujda und Al-Hoceima.« Es war ein Genuss, sie die Namen aussprechen zu hören: in dem ansonsten akzentlosen Holländisch waren sie die Oliven und Sardellen in einem geschmacklosen und zerkochten Eintopf.
    »Oujda«, wiederholte ich und dann noch einmal leidenschaftlicher. »Ouj-da!« Es klang wie das Niesen eines einsam in

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