Odyssey 01 - In die Dunkelheit
los!«
Weston saß in seiner Kabine am Schreibtisch und musterte die vorgeschlagene Route für den Heimweg. Daniels hatte sie nach seinen Vorgaben ausgearbeitet. Der Flugweg beschrieb eine scharfe Kurve und sah fünfzehn verschiedene Sprünge mithilfe des Transitionsantriebs über insgesamt fast vierhundert Lichtjahre hinweg vor.
Der Lieutenant hatte den Kurs so gewählt, dass die eindrucksvollen »Sprungbeine« der Odyssey optimal genutzt werden konnten, auch wenn der Transitionsantrieb gewisse Grenzen hatte. Theoretisch konnte man damit zwar jede beliebige Entfernung »überspringen«, aber im Fall der Odyssey setzten die Energievorräte den Sprüngen praktische Grenzen. Ein Sprung über knapp dreißig Lichtjahre hinweg war kein Problem, doch danach mussten die mächtigen supraleitenden Kondensatoren, die den Transitionsantrieb speisten, wieder aufgeladen werden.
Das lag laut den Jungs von der Technik daran, dass auch ein Tachyon, das das ganze Universum ohne Zeitverzug durchqueren konnte, auf Energie angewiesen war. Genau diese Hypothese hatte der Konstruktion des Transitionsantriebs zugrunde gelegen. Darüber hinaus die Tatsache, dass die Natur Tachyonen fast genauso verabscheute wie sie die Leere hasste.
Das Universum schien diese kleinen Dinger einfach nicht zu mögen und gab sich jede erdenkliche Mühe um zu verhindern, dass sie nirgendwo länger verweilten als unbedingt nötig.
Der ganze Tachyonen-Antrieb war in Wirklichkeit kaum mehr als ein auf Tachyonen basierendes Lasersystem. Es katapultierte sich selbst und das ganze Schiff in den Raum hinaus, indem es jedes Molekül der Odyssey dazu zwang, mehrere Energiezustände auf einmal zu überspringen; zugleich hielt es den Energiestrahl über die ganze Länge seines Zielbereichs hinweg kohärent.
Wenn den Tachyonen die Energie ausging, machte das Universum seinen Einfluss geltend und veranlasste sie dazu, wieder ihren früheren Energiezustand anzunehmen. Das sorgte dafür, dass auch das Schiff und dessen Besatzung wieder die frühere Gestalt annahmen.
Eine solche Reise war nicht gerade ein Vergnügen – Weston wäre der Erste gewesen, das zuzugeben –, aber man kam dabei sehr schnell voran und war, wenn alles gut ging, nicht aufzuspüren.
Allerdings brachte jeder Sprung Energieverluste mit sich, und jeden Laserstrahl umgab eine winzige Korona von Energieteilchen, die man mit geeigneten Sensoren erfassen konnte. Jedes Mal, wenn die Odyssey ein Sternsystem verließ oder in einem anderen Sternsystem wieder auftauchte, löste sie eine Tachyonen-Flut aus. Positiv war jedoch, dass der Energieverlust dabei, genau wie beim Abfeuern von Laserstrahlen, nicht gravierend war. Ihn vorher zu berechnen, war eigentlich nur von akademischem Interesse, doch die jüngsten Ereignisse hatten solche Kalkulationen aus taktischen Gründen unverzichtbar gemacht.
Die Korona eines Sprungs mit Transitionsantrieb war ihrem Wert nach die irrationale Wurzel aus der vollständigen Länge des Sprungs. Schon beim Gedanken daran bekam Weston Kopfweh, wie er sich eingestehen musste. Der Vorteil einer solchen Berechnung war jedoch, dass man auf dieser Grundlage vorhersagen konnte, bis zu welcher Entfernung ein Beobachter den Sprung bemerken würde. Bei einem Sprung über dreißig Lichtjahre hinweg betrug die Reichweite der Beobachtung fast fünf Lichtjahre. Das bedeutete, dass jedes Schiff, das sich innerhalb von fünf Lichtjahren Abstand zum Absprungsort der Odyssey befand – oder zu ihrem Ankunftsort, was eine noch größere Rolle spielte –, sie möglicherweise aufspüren würde.
Bei einem Sprung von zehn Lichtjahren betrug die Reichweite der Beobachtung knapp zwei Drittel eines Lichtjahres.
Falls Weston für den Rückweg zu kurze Sprünge wählte, bestand der Nachteil folglich darin, dass sich das Entdeckungsrisiko erhöhte. Denn dabei würde die Odyssey eine größere Menge von Tachyonen über mehrere kleine Raumabschnitte verteilen anstatt über wenige große.
Weston hatte angeordnet, dass sich die letzten fünf Sprünge bis zur Erde jeweils über höchstens fünfzehn Lichtjahre erstrecken sollten, mindestens aber über acht.
Derzeit interessierten ihn jedoch vor allem die ersten beiden Übergänge.
Er sah sich gerade die Karte des Sternsystems von Port Fuielles an, als ein Gespräch von der Brücke durchgestellt wurde. Er nahm es sofort entgegen. »Ja?«
»Captain, der Raumgleiter hat jetzt vom Planeten abgehoben und wird in etwa zehn Minuten bei uns
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