Oelspur
machen soll!«
»Einkaufen. Wir brauchen einen Laptop mit einem drahtlosen Internetzugang, eine E-Mail-Adresse und zwei Handys, mit denen man fotografieren kann. Auf jeden Fall mit Prepaidkarte. Lässt du dir alles im Laden schon einrichten. Dann besorgst du einen Stadtplan und alles, was du an Infomaterial über Brüssel auf Deutsch auftreiben kannst. Wir brauchen außerdem zwei Hartschalenkoffer, die ruhig ein paar Aufkleber haben können, damit wir in einem Brüsseler Hotel als normale Touristen durchgehen. Wenn du den Laptop hast, gehst du in das belgische Branchenverzeichnis und suchst alle Privatdetektiv-Agenturen in Brüssel und Umgebung raus. Das Verzeichnis schauen wir uns dann gemeinsam an. Außerdem solltest du versuchen, dir in den nächsten zwei Tagen den Stadtplan von Brüssel einzuprägen, insbesondere das EU-Viertel und die Gegend um die Avenue des Nerviens. Dann buchst du über das Internet in dieser Gegend ein kleines unauffälliges Hotel, falls es so etwas dort überhaupt gibt, und übermorgen hauen wir hier ab.«
»Oui, mon capitaine! C’est tout?«, fragte Anna und salutierte mit zwei Fingern an der Schläfe.
»Kannst du noch mehr Französisch?«
»Nur noch ein paar schmutzige Wörter, die uns nicht weiterhelfen werden.«
»Das kann man nicht wissen. Wir haben ein paar sehr schmutzige Sachen vor.«
»Ja«, sagte Anna verträumt, »das will ich doch hoffen!«
Siebenunddreißig
S
ie brachte mich zum Hotel und ging dann einkaufen.
Der kleine Ausflug hatte mich völlig erschöpft, und als ich mich aufs Bett legte, glitt ich innerhalb von Sekunden in einen traumlosen Tiefschlaf, aus dem ich irgendwann von knatternden Revolversalven geweckt wurde. Anna war in der Zwischenzeit nach Hause gekommen und sah sich im Fernsehen Lucky Luke auf Französisch an.
»Große Comicfans, die Belgier«, sagte sie heiter, »schau mal: Les Daltooons!«
Sie richtete mich auf und stopfte mir zwei Kopfkissen in den Rücken.
»Bleib noch ein bisschen liegen. Du siehst irgendwie nicht gut aus.«
Ich fühlte mich auch nicht gut. Das schnelle Aufrichten und der Blick auf die raschen Szenenwechsel und Überblendungen im Fernsehen erzeugten eine spontane Welle von Übelkeit und Kopfschmerzen, die ich mit geschlossenen Augen und flachem Atem über mich hinwegbranden ließ.
»Schade«, sagte Anna, »ich wollte heute Abend mit dir zum Essen ausgehen – ganz edel. Drei Sterne, sechs Gänge, du weißt schon. Aber ich glaube, das wird nichts.«
»Morgen vielleicht«, sagte ich. »Hast du alles besorgt?«
»Ja! Kann das sein, dass deine Wahrnehmung getrübt ist? Ich muss was essen!«
Sie stellte den Fernseher ab und starrte mich an.
»Warum sagst du das nicht einfach?«, fragte ich hilflos.
»Männer!«, schnaubte Anna, rannte aus dem Zimmer und kam nach fünf Minuten mit der Weinkarte des Hotelrestaurants zurück.
»Ich hab für dich was mitbestellt, den Wein darfst du aussuchen.«
»Was gibt’s denn zu essen?«
»Carbonnade à la flamande, Rindfleischragout mit Gemüse in Gueuze-Bier geschmort. Ist bestimmt lecker. Gueuze ist sozusagen der Champagner unter den Bieren und wird sogar in Champagnerflaschen gelagert. Möchtest du etwas über die Herstellung wissen?«
Ich winkte ab, bestellte telefonisch an der Rezeption einen 95er Bordeaux, und als das Essen serviert wurde, besserte sich Annas Stimmung im Minutentakt. Nachdem sie sich den letzten Tropfen Biersoße mit dem Rest des Weißbrotes einverleibt hatte, verfiel sie in eine Art postkulinarische Genießerstarre.
»Bist du jetzt ansprechbar?«, fragte ich nach einer Weile.
»Ja, doch«, sagte sie mit einem sonnigen Lächeln, »du musst mich nur regelmäßig abfüttern, dann funktioniere ich einwandfrei!«
»Gut, dann lass uns was arbeiten.«
Anna packte den Laptop auf den Tisch, ging online und studierte dann eine gute halbe Stunde die endlos lange Liste der Brüsseler Hotels.
»Die Auswahl ist riesig«, sagte sie schließlich, »aber wenn du ins EU-Viertel willst, würde ich das Derby in der Avenue de Tervueren vorschlagen. Es ist relativ klein und für Brüsseler Verhältnisse preisgünstig. Eigentlich mehr ein Businesshotel. Ziemlich nah, aber nicht zu nah an der Avenue des Nerviens.
»Okay, kannst du online buchen?«
Anna runzelte fragend die Stirn.
»Nee«, sagte sie dann, »ich schick eine Brieftaube.«
Nachdem wir eine Viertelstunde später die Buchungsbestätigung für zwei Einzelzimmer auf dem Bildschirm hatten, kümmerte sich Anna um die
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