Offenbarung
wissen?«, fragte Scorpio.
»Zugegeben, sie kann uns vieles sagen. Aber bisher hat noch
niemand behauptet, dass sie in die Zukunft schauen kann.«
Die Vertreter der Kolonie nickten einhellig.
»Ich denke in diesem Fall wie Scorp«, sagte Antoinette.
»Wir können Rem nicht alle Geschütze überlassen.
Wir müssen einige behalten. Was ist, wenn wir die Replikatoren
nicht in Gang bekommen? Oder wenn die Waffen, die sie herstellen
sollen, nicht funktionieren?«
»Sie werden funktionieren«, versprach Remontoire. Er
wirkte immer noch ruhig und entspannt, obwohl hier über schwer
wiegende Fragen entschieden wurde.
Scorpio schüttelte den Kopf. »Das reicht uns nicht. Ihr
bekommt einige von den Weltraumgeschützen, aber nicht
alle.«
»Schön«, sagte Remontoire. »Wichtig ist, dass
wir uns überhaupt einigen.«
»Scorpio…«, mahnte Vasko.
Doch jetzt hatte das Schwein genug. Das war seine Kolonie, sein
Schiff, seine Krise. Scorpio riss sich die Brille so heftig ab, dass
sie zerbrach. »Die Entscheidung ist gefallen«, fauchte
er.
Remontoire spreizte die Finger. »Dann werden wir alle
Vorbereitungen treffen. Wir schicken Frachtschlepper, um die
Geschütze zu transportieren. Ein Shuttle bringt die neuen
Replikatoren und einige fertige Bauteile. Beim Einbau der
hypometrischen Geschütze und der anderen neuen Technik werden
euch Synthetiker behilflich sein. Sollte man eine Shuttleverbindung
einrichten, um weitere Personen von der Oberfläche zu
holen?«
»Ja«, antwortete Antoinette.
»Eine Massenevakuierung kommt nicht infrage«,
erklärte Remontoire. »Wir können noch einen,
vielleicht auch zwei Schutzkorridore für Flüge zum Planeten
und wieder zurück eröffnen, das reicht für ein paar
Fährentransporte, aber nicht mehr.«
»Das wird genügen«, sagte Antoinette.
»Und was ist mit den Übrigen?«, fragte einer der
Kolonievertreter.
»Sie hatten ihre Chance«, sagte Scorpio.
Remontoire lächelte verkrampft, als hätte jemand in
vornehmer Gesellschaft einen vernehmlichen Furz gelassen. »Sie
sind nicht zwangsläufig in akuter Gefahr«, sagte er.
»Wenn die Unterdrücker Ararats Biosphäre
zerstören wollten, hätten sie das längst tun
können.«
»Aber sie werden da unten wie in einem Gefängnis
sitzen«, wandte Antoinette ein. »Die Wölfe werden sie
niemals abziehen lassen.«
»Immerhin bleiben sie am Leben«, sagte Remontoire.
»Und vielleicht gelingt es uns, die Wolfspräsenz um Ararat
zu verringern. Das können wir jedoch nicht garantieren, wenn wir
nicht das volle Kontingent an Weltraumgeschützen zur
Verfügung haben.«
»Könntest du es denn garantieren, wenn du alle
Geschütze hättest?«, fragte Scorpio.
Remontoire überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Keine Garantien, nicht einmal
dann.«
Scorpio sah die Kolonievertreter der Reihe nach an und stellte
dabei zum ersten Mal fest, dass er das einzige Hyperschwein war. Wo
der Captain gesessen hatte, war jetzt nur ein leerer Platz, der aber
die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zog. Der Captain war
noch da, dachte Scorpio. Er war noch da und hörte zu. Sogar der
Schmiermittelgeruch schien noch in der Luft zu hängen.
»Dann soll mir die Entscheidung keine schlaflosen Nächte
bereiten«, sagte er.
Nach der Sitzung machte sich Antoinette auf die Suche nach
Scorpio. Er war mit dem Fahrstuhl nach oben gefahren, um bei der
Abfertigung der Flüchtlinge zu helfen. In den schmutzigen,
feuchten, gewundenen Korridoren drängten sich die Menschen, so
weit das Auge reichte.
Scorpio ging durch einen dieser Gänge, schaute in die
verängstigten Gesichter und beantwortete Fragen, so gut er
konnte, ohne auf die längerfristigen Pläne für Schiff
und Passagiere einzugehen. Er versprach den Menschen, sie würden
versorgt, einige müssten eingefroren werden, aber man würde
alle Anstrengungen unternehmen, um die Prozedur möglichst sicher
und schmerzlos zu gestalten. Eine Weile glaubte er sogar selbst
daran. Doch nachdem er einen Korridor hinter sich hatte,
dämmerte ihm, dass er von vermutlich tausenden von
Flüchtlingen an Bord höchstens ein paar hundert gesehen
hatte.
Er traf Antoinette an einer Kreuzung, wo SD-Leute die Menschen zu
funktionsfähigen Fahrstühlen dirigierten, die sie nach
unten zu anderen Abfertigungszentren bringen sollten.
»Es wird alles gut werden, Scorp«, sagte sie.
»Bin ich so leicht zu durchschauen?«
»Du machst ein Gesicht, als läge die Last der ganzen
Welt auf deinen
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