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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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spielte ohnehin keine
Rolle: Alle Lebewesen waren in einem winzigen stabilen Bereich in
Bugnähe zusammengepfercht, und wenn in den Teilen des Schiffes,
die sich veränderten, noch jemand lebendig und nicht eingefroren
war, dann waren es die letzten umherirrenden Kathedralengardisten.
Und Scorpio nahm nicht an, dass sie sich noch lange ihres Lebens
erfreuen würden.
    Niemand hatte dem Captain diese Veränderungen befohlen, so
wie ihm auch niemand befohlen hatte, auf Hela zu landen. Selbst wenn
es zu einer Meuterei gekommen wäre – selbst wenn einige der
Ältesten beschlossen hätten, Aura auf Hela
zurückzulassen –, es hätte nichts geändert.
Captain John Brannigan war von seinem Entschluss nicht mehr
abzubringen.
    Scorpio verließ die Wolke aus abgestoßenen Teilen und
befahl seinem Schiffchen, die Beschleunigung zu erhöhen. Er
hatte schon lange nicht mehr hinter dem Steuer eines Raumschiffs
gesessen, aber das hatte nichts zu sagen: Die kleine Fähre
wusste genau, wie sie zu fliegen hatte. Unter ihm glitt Hela vorbei;
die Spalte wurde sichtbar, ein schräger Strich, der von einem
noch dünneren Strich überquert wurde – der
Brücke. Scorpio schaltete auf stärkere
Vergrößerung, wartete, bis sich das Bild stabilisiert
hatte, und tastete sich von der Brücke aus zurück, bis er
die winzige Morwenna entdeckte, die auf den Rand der Ebene
zukroch. Er wusste nicht, was auf der Kathedrale vor sich ging: Seit
dem Auftauchen der Haldora-Maschinerie waren alle Versuche
gescheitert, mit Quaiche oder den Geiseln in Verbindung zu treten.
Quaiche musste sämtliche Kommunikationskanäle zerstört
oder deaktiviert haben. Nachdem er die Sehnsucht nach
Unendlichkeit in seine Gewalt gebracht hatte, wollte er
vermutlich alle Störungen von außen ausschließen.
Scorpio musste einfach davon ausgehen, dass Aura und die anderen nach
wie vor in Sicherheit waren und dass Quaiche sich noch einen Rest von
Vernunft bewahrt hatte. Wenn ein Kontakt mit konventionellen Mitteln
nicht möglich war, dann würde er ihm eben ein sehr
deutliches Signal schicken, um ihn zum Anhalten zu zwingen.
    Die kleine Fähre steuerte auf die Brücke zu.
    Obwohl der Schub sehr gering war, hatte Scorpio Schmerzen in der
Brust. Valensin hatte ihn für verrückt erklärt. Nach
allem, was er in den letzten Jahren durchgemacht hatte, sei an einen
Flug nach Hela nicht zu denken.
    Scorpio hatte nur die Achseln gezuckt und erklärt, ein
Schwein müsse tun, was ein Schwein tun müsse.
     
    Grelier träufelte verschiedene Lösungen in Quaiches
blindes Auge. Der Dekan zuckte bei jedem Tropfen zusammen und
stöhnte, doch allmählich ging das Stöhnen über in
ein gelegentliches Wimmern, das eher frustriert und verärgert
klang.
    »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was sie hier
will«, bemerkte Quaiche endlich.
    »Das war nicht meine Aufgabe«, gab Grelier zurück.
»Ich habe festgestellt, dass sie nicht die war, für die sie
sich ausgab, und dass sie erst seit neun Jahren auf Hela ist. Alles
Übrige müssen Sie schon selbst herausfinden.«
    Rachmika stand auf, drängte sich am Generalmedikus vorbei und
blieb vor dem Dekan stehen. »Bemühen Sie sich nicht«,
sagte sie, »ich erzähle es Ihnen freiwillig. Ich kam
hierher, weil ich zu Ihnen wollte. Dabei ging es mir weniger um Ihre
Person als darum, dass Sie der Schlüssel zu den Schatten
sind.«
    »Die Schatten?«, fragte Grelier, während er den
Deckel auf ein daumengroßes Fläschchen mit blauer
Flüssigkeit schraubte.
    »Er weiß schon, was ich meine. Nicht wahr,
Dekan?«
    Trotz seines etwas maskenhaft starren Gesichts gelang es Quaiche,
den Schrecken zu vermitteln, den er bei dieser Offenbarung empfand.
»Aber wieso haben Sie neun Jahre gebraucht, um mich zu
finden?«
    »Darum ging es doch nicht, Dekan. Ich wusste immer, wo Sie
waren: Niemand hat ein Geheimnis daraus gemacht. Viele Menschen
hielten Sie für tot, aber es gab nie einen Zweifel an Ihrem angeblichen Aufenthaltsort.«
    »Wieso haben Sie dann so lange gewartet?«
    »Ich war noch nicht bereit«, sagte sie. »Ich musste
mehr über Hela und die Flitzer erfahren, um ganz sicher zu sein,
dass ich wirklich mit den Schatten reden sollte. Auf die kirchlichen
Behörden war kein Verlass; ich musste auf eigene Faust
Nachforschungen anstellen und aus den Ergebnissen meine eigenen
Schlüsse ziehen. Und natürlich brauchte ich eine
überzeugende Geschichte, sonst hätten Sie mir nicht
vertraut.«
    »Aber neun Jahre«, wiederholte Quaiche staunend.
»Und Sie sind

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