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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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meiner Tochter
kümmern?«
    »Darüber reden wir, wenn Sie wieder auf den Beinen
sind«, sagte Clavain.
    »Warum nicht gleich?«
    »Weil wir noch immer nicht genau wissen, was geschehen ist.
Außerdem brauchen wir eine präzise taktische Analyse aller
denkbaren Szenarien um Skade und Ihre Tochter. Würden Sie von
einer Geiselnahme sprechen?«, fragte Clavain.
    »Ja«, antwortete Khouri zögernd.
    »Dann besteht für Aura keine unmittelbare Gefahr,
solange Skade keine konkreten Forderungen schickt. Skade wird sich
hüten, ihren einzigen Aktivposten zu gefährden. Sie mag
eiskalt sein, aber sie ist nicht irrational.«
    Scorpio beobachtete den alten Mann unauffällig. Clavain
wirkte so wach und munter wie eh und je, obwohl er sich, soweit
Scorpio wusste, seit der Rückkehr auf das Festland nicht mehr
als zwei Stunden Schlaf gegönnt hatte. Scorpio hatte bereits bei
anderen alten Menschenmännern erlebt, dass sie wenig Schlaf
brauchten und sich wehrten, wenn Jüngere sie zum Ausruhen
zwingen wollten. Sie hatten nicht unbedingt mehr Energie, aber die
Grenze zwischen Schlafen und Wachen war bei ihnen nicht mehr klar
gezogen. Scorpio versuchte sich vorzustellen, wie man sich
fühlte, wenn Tag und Nacht nicht mehr geordnet aufeinander
folgten und man stattdessen durch eine Kette von mehr oder weniger
grauen Momenten glitt.
    »Von welchen Zeiträumen reden wir?«, fragte Khouri.
»Wollen Sie Stunden oder Tage warten, bevor Sie
handeln?«
    »Ich habe den Ältestenrat der Kolonie für heute
Vormittag einberufen«, sagte Clavain. »Wenn es die
Situation erfordert, könnte noch vor Sonnenuntergang eine
Rettungsmission ausrücken.«
    »Warum glauben Sie mir nicht einfach, dass wir sofort handeln müssen?«
    Clavain kratzte sich den Bart. »Dazu müsste Ihre
Geschichte etwas mehr Sinn ergeben.«
    »Ich lüge nicht.« Sie deutete auf einen der
Servomaten. »Der Doktor hat doch Entwarnung gegeben?«
    Scorpio klopfte mit dem Krankenbericht in seiner Hand gegen die
Stuhllehne und lächelte. »Er sagte, Sie litten nicht
eindeutig unter Wahnvorstellungen, aber seine Untersuchung warf
ebenso viele Fragen auf, wie sie beantwortete.«
    »Sie reden von einem Baby«, sagte Clavain, bevor ihn
Khouri unterbrechen konnte, »aber nach diesem Bericht haben Sie
nie ein Kind geboren. Und es gibt auch keine Anzeichen für einen
Kaiserschnitt.«
    »Davon wäre auch nichts zu sehen. Der Eingriff wurde von
Synthetikerärzten vorgenommen, und die nähen so sauber,
dass keine Spuren zurückbleiben.« Sie sah erst den einen
und dann den anderen an. Zorn und Angst sprachen aus ihren
Zügen. »Wollen Sie sagen, Sie glauben mir nicht?«
    Clavain schüttelte den Kopf. »Ich sage nur, wir
können Ihre Geschichte nicht überprüfen. Laut Valensin ist der Uterus vergrößert, demnach könnten Sie
bis vor kurzem schwanger gewesen sein. Die hormonellen
Veränderungen in Ihrem Blut lassen ebenfalls darauf
schließen. Aber Valensin sagt, dass es dafür auch andere
Erklärungen geben könnte.«
    »Auch die müssten meine Behauptung nicht
widerlegen.«
    »Aber wir brauchen etwas Handfesteres, bevor wir eine
militärische Expedition ausrüsten«, sagte Clavain.
    »Noch einmal: Warum vertrauen Sie mir nicht?«
    »Weil wir uns allein schon auf die Geschichte von einem Baby
keinen Reim machen können«, gab Clavain zurück.
»Wie sind Sie überhaupt hierher gekommen, Ana? Sie
hätten ein Raumschiff gebraucht, wo ist es? Sie können
nicht in dieser Kapsel von Resurgam gekommen sein, dennoch haben wir
nicht bemerkt, dass irgendein anderes Raumschiff unser System
angeflogen hätte.«
    »Und deshalb halten Sie mich für eine
Lügnerin?«
    »Wir sind nur misstrauisch«, sagte Scorpio. »Wir
fragen uns, ob Sie wirklich sind, was Sie zu sein scheinen.«
    »Die Schiffe sind da«, seufzte sie, als verderbe sie
damit eine sorgfältig geplante Überraschung. »Alle.
Sie konzentrieren sich auf den Raum unmittelbar um diesen Planeten.
Remontoire, die Zodiakallicht, die beiden anderen Schiffe von
Skades Sonderkommando – sie sind alle da oben, im Umkreis von
einer AE um diesen Planeten. Sie befinden sich seit neun Wochen in
Ihrem System. Sie haben mich hierher gebracht, Clavain.«
    »Aber Schiffe lassen sich nicht so leicht verbergen«,
wandte er ein. »Nicht ununterbrochen über so lange Zeit.
Nicht, wenn man aktiv nach ihnen sucht.«
    »Mittlerweile schon«, gab sie zurück. »Wir
haben neue Verfahren, von denen Sie nichts ahnen. Wir haben –
notgedrungen – vieles dazugelernt,

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