Oh Happy Dates
entgangen, dass unser Treffen am gestrigen Abend ein vorzeitiges Ende fand, weil ein besonders unangenehmer Kunde von mir das Etablissement betrat, in dem wir uns befanden. Dafür entschuldige ich mich.
Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, welche Zeit und welcher Ort angemessen wären, unser Gespräch über unangemessenen Quatsch fortzuführen.
Deshalb möchte ich dich jetzt also fragen, ob du am Sonntag so gegen drei Uhr nachmittags Zeit für etwas Nahrhaftes hättest? Zu meinem großen Bedauern muss ich dich allerdings darüber informieren, dass der örtliche Pizza Hut zu dieser Zeit schon ausgebucht ist.
Ob du es wohl auf dich nehmen könntest, zu mir nach Hause zu kommen, dort meinen Lammbraten mit Knoblauch und Rosmarin zu verzehren, ein wenig köstlichen Weißwein zu trinken und mich mit Geschichten über deine Schuhe zu erfreuen?
Ich füge meine Kontaktdaten bei und warte gespannt auf deine Antwort.
Dein Paul
(der Typ, der dich vor dem Psychognom gerettet hat: unrasiert, rosa Hemd, schlampige Turnschuhe)
Ich lese den Brief gerade zum vierten Mal, als Simon in mein Zimmer platzt. Ich blicke zu ihm hoch.
»Menschenskind! Du grinst ja über beide Ohren! Hast du die Kommentare zu deinem Blog gelesen?«
Ich schüttele den Kopf und reiche ihm den Brief. Er nimmt ihn und studiert ihn eingehend, sein Gesichtsausdruck verrät dabei größte Konzentration.
»Findest du den nicht nett?«, frage ich.
»Ja, der ist wirklich nett, Sare. Er klingt sehr« – er sucht ein paar Sekunden lang nach dem richtigen Wort – »nach dir.«
»Findest du wirklich?«, sprudelt es aus mir heraus. »Oh, Simon, das ist verrückt, dass du das sagst, denn er fühlt auf unheimliche Weise genauso wie ich.«
»Hmmm.« Er nickt ernst. »Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass du jemand kennenlernen würdest, wenn du nur Ausschau hältst. Ich geh jetzt, Sare, wir sehen uns gleich, und lies diese Kommentare, die sind wirklich nett.«
Ich ziehe meinen Laptop unter dem Bett hervor, wo er sich seit Tagen versteckt. Ich klicke meinen Blog an. Seit ich das letzte Mal reingeschaut habe, wurde ich über zweitausend Mal angeklickt und habe jetzt fünfundneunzig neue Kommentare. Ich lese sie langsam durch. Drei Leute bieten mir ihre Gesichter zum Draufsetzen an. Jemand von einer Zeitschrift namens Down and Dirty bietet mir einen Job an. Aber alle anderen schicken mir freundliche Nachrichten. Meine liebste ist die letzte, von jemandem, der sich selbst Nr. 1 Fan nennt.
> Hallo Junggesellin,
du scheinst wirklich aufrichtig und was ganz Besonderes zu sein. Mach weiter mit deiner Suche nach Abenteuern und deinem Blog. Es wird alles gut werden, das versichere ich dir.
15
»Meine Damen, ich würde gern einen Toast aussprechen, denn es ist heute genau ein Jahr her, seit ich das letzte Mal in Betrieb genommen wurde.« Ich erhebe mein Glas Rosé.
»Ein ganzes Jahr!«, stöhnt Nikki. »Kein Wunder, dass du was erfunden hast!«
Nikki kann da nicht mitreden. Nikki ist schön und reizend, und die Männer haben sie immer umschwärmt wie Wespen ein Dunkelbier in einem sommerlichen Biergarten. Ich habe Nikki in einer Spielgruppe kennengelernt, da war sie vier Jahre alt. Schon damals war sie das Mädchen, mit dem alle Jungs Rambazamba machen wollten. Als ich das erste Mal mit ihr spielte, war sie als Braut verkleidet, weil einer der vierjährigen Jungs sie gebeten hatte, ihn zu heiraten. Ich war als Papagei verkleidet, weil um meine Hand keiner angehalten hatte. Sie sah aus wie ein Engel. Aber während ich mein Federkleid malte, schmierte ich versehentlich gelbe Acrylfarbe auf ihr hübsches weißes Kleid. Ich war so durcheinander, dass ich zu weinen anfing, und sie brach ihre Hochzeit ab, um mich zu trösten.
Und jetzt würde sie in sechs Wochen einen erwachsenen Mann namens Bertrand heiraten. Sie hat ihn vor Jahren in einem brasilianischen Restaurant kennengelernt. Damals war Simon gerade aus Brasilien zu Besuch, und weil er seine Freunde sehen wollte, beschloss er, dass wir
uns alle in einem brasilianischen Lokal treffen sollten. Er überredete uns zu einem komischen Auflauf aus Fleisch und Bananen und gab im Gespräch mit den Kellnern vor uns mit seinem Portugiesisch an. Es ärgerte ihn ein wenig, dass sämtliche Frauen weitaus größeres Interesse an den gut aussehenden brasilianischen Männern am Nebentisch zeigten. Einer davon war Bertrand. Er gab Nikki seine Telefonnummer, und damit war alles besiegelt. Drei Wochen später zog sie mit
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