Ohne dich kein Sommer - Roman
ich Lust dazu hatte. »Du bist wirklich so lieb zu mir«, flüsterte ich, und in dem Moment war ich froh und dankbar, da zu sein.
Seine Augen waren dunkler als sonst, und sein Blick wurde sehr ernst, als er sagte: »Ich – ich will einfach immer wissen, dass es dir gut geht bei allem. Das ist mir wichtig.«
»Mir geht’s gut«, sagte ich. »Besser als gut.«
Conrad nickte. »Schön«, sagte er. Dann erhob er sich und hielt mir eine Hand hin, um mir aufzuhelfen. »Dann sollten wir mal sehen, dass du nach Hause kommst.«
Es war schon nach Mitternacht, als ich zu Hause ankam. Unterwegs hatten wir noch an einem Diner angehalten und etwas gegessen. Ich hatte Pfannkuchen und Pommes bestellt, und Conrad hatte bezahlt. Meine Mutter tobte, als ich zur Tür hereinkam, aber es war mir egal. Ich habe es nie bereut, nicht eine Sekunde lang. Wie sollte man eine der besten Nächte seines Lebens bereuen? Das kannst du gar nicht. Du erinnerst dich an jedes Wort, jeden Blick, Selbst wenn es schmerzt, erinnerst du dich.
17
Wir fuhren durch die Stadt, vorbei an all unseren vertrauten Orten wie der Minigolfanlage und Jimmys Krabbenbar, und Jeremiah pfiff vor sich hin und gab richtig Gas. Ich hätte mir gewünscht, er führe langsamer, diese Fahrt sollte endlos dauern. Aber das würde sie natürlich nicht. Wir waren fast da.
Ich griff in meine Tasche und zog ein Döschen Lipgloss hervor. Ich tupfte mir ein bisschen davon auf die Lippen und fuhr mir schnell mit den Fingern durch die Haare. Sie waren total zerzaust, weil wir mit offenen Fenstern gefahren waren. Ich sah unmöglich aus. Jeremiah beobachtete mich, das sah ich aus dem Augenwinkel. Vermutlich schüttelte er insgeheim den Kopf und hielt mich für ganz schön blöd. Ich weiß ja, dass ich blöd bin, hätte ich ihm gerne gesagt, keinen Deut besser als Taylor. Aber ich konnte unmöglich ins Haus marschieren und Conrad dermaßen verstrubbelt unter die Augen treten.
Als ich sein Auto in der Einfahrt stehen sah, verkrampfte sich mein Herz. Er war also tatsächlich da. Wie der Blitz war Jeremiah draußen, mit Riesenschritten rannte er auf das Haus zu und sprang die Treppe hoch zur Veranda, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Ich folgte ihm langsam.
Das Merkwürdige war: Das Haus roch genau wie immer. Aus irgendeinem Grund hatte ich nicht damit gerechnet. Vielleicht hatte ich mir vorgestellt, alles müsse sich anders anfühlen, jetzt, wo Susannah nicht mehr da war. Aber so war es nicht. Fast erwartete ich, sie jeden Moment zu sehen, wie sie in einem ihrer leichten Sommerkleider durchs Haus schwebte oder in der Küche auf uns wartete.
Conrads stinksaure Miene, als er uns entdeckte, war direkt eine Frechheit. Er war gerade vom Surfen zurückgekommen, er trug noch seinen Neoprenanzug, und seine Haare waren nass. Ich war völlig verwirrt. Obwohl es erst zwei Monate her war, dass wir uns zuletzt begegnet waren, hatte ich das Gefühl, einen Geist zu sehen. Den Geist der verflossenen ersten Liebe. Er warf mir einen kurzen, flackernden Blick zu, dann wandte er sich an Jeremiah: »Was zum Teufel machst du denn hier?«, fuhr er ihn zornig an.
»Ich will dich abholen. Ich bring dich zurück zum College«, sagte Jeremiah, und ich merkte ihm an, welche Anstrengung es ihn kostete, locker und entspannt zu klingen. »Du hast echt Mist gebaut. Dad springt im Karree!«
»Sag ihm, er kann mich mal. Ich geh hier nicht weg!«
»Con, du hast zwei Seminare versäumt, und am Montag sind Zwischenprüfungen! Du kannst nicht plötzlich schwänzen. Die schmeißen dich raus.«
»Das ist ja wohl mein Problem. Und was macht sie hier?« Er sah mich nicht an, als er das sagte, und seine Frage traf mich wie ein Stich ins Herz.
Schritt für Schritt ging ich rückwärts Richtung Glasschiebetür. Ich bekam kaum noch Luft.
»Ich hab sie hergebracht, damit sie mir hilft«, sagte Jeremiah. Er warf mir einen Blick zu, dann holte er tief Luft. »Pass auf, wir haben dir deine Bücher und den ganzen Kram mitgebracht. Du kannst heute Abend und morgen den ganzen Tag lernen, und dann fahren wir zum College zurück.«
»Scheiß aufs College. Wen interessiert das schon?« Conrad ging zum Sofa hinüber und schälte sich aus dem Oberteil des Neoprenanzugs. Seine Schultern waren schon leicht gebräunt. Nass wie er war, setzte er sich.
»Was ist eigentlich dein Problem?«, fragte ihn Jeremiah mit gerade noch beherrschter Stimme.
»Jetzt im Moment seid ihr mein Problem. Du und sie. Hier.« Zum ersten Mal, seit wir da
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