Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
Ort, die Politiker und Polizisten.
Ich muss dir so viel erzählen, und wir haben so wenig Zeit. Während wir uns hier unterhalten, bucht Chris sicher schon einen Flug nach London. Nicht mehr lange, und er steht vor deiner Wohnung, hämmert an die Tür und verlangt …
I CH UNTERBRACH SIE , indem ich eine Hand hob, als säßen wir in der Schule:
»Dad kommt nicht hierher. Er bleibt in Schweden.«
Hat er das gesagt? Du sollst glauben, er müsste gar nicht herkommen und seine Version erzählen, weil er sich absolut sicher ist, dass du mir kein Wort glaubst. Er geht davon aus, dass du nur zu einem Schluss kommen kannst – dass ich verrückt bin.
Er kann ruhig behaupten, er würde in Schweden bleiben, trotzdem bin ich sicher, dass er gerade verzweifelt mit seinen Mitverschwörern diskutiert. Und sie werden ihn so schnell wie möglich nach London schicken, damit er dafür sorgt, dass ich eingewiesen werde. Gleich wird er anrufen und sagen, er hätte es sich anders überlegt, würde mit einem Ticket am Flughafen stehen und gleich in den Flieger steigen. Und bestimmt hat er irgendeine großherzige Ausrede für seine Kehrtwende parat, etwa dass er sich Sorgen macht, wie du zurechtkommst. Warte nur ab! Aber er hat sich verrechnet. Bestimmt schäumt er vor Wut, weil du bald handfeste Beweise für seine Täuschungen hast …
O HNE IHREN SATZ ZU BEENDEN , sprang Mum auf und lief die Treppe hinunter. Ich folgte ihr zur Wohnungstür, voller Sorge, ich hätte etwas falsch gemacht und sie wolle gehen.
»Warte!«
Stattdessen legte sie die Kette vor, um die Wohnung abzusichern, und wandte sich zu mir um. Ich war so erleichtert, weil sie nicht weggelaufen war, dass ich erst einmal meine Stimme unter Kontrolle bringen musste.
»Mum, du bist hier in Sicherheit. Nimm die Kette bitte wieder ab.«
»Warum soll sie nicht vorgelegt bleiben?«
Der einzige Grund lautete, dass mir dabei unwohl war. Damit akzeptierte ich stillschweigend ihre Behauptung, mein Dad sei gefährlich – auch wenn das noch nicht bewiesen war. Des lieben Friedens willen gab ich nach:
»Lass sie so, wenn du willst.«
Meine Mum warf mir einen vielsagenden Blick zu. Sie konnte hier einen kleinen Sieg erringen, aber die Sache würde am Ende gegen sie sprechen. Sie nahm die Kette wieder ab. Verärgert scheuchte sie mich nach oben und folgte mir.
Du machst den gleichen Fehler wie ich. Ich habe Chris unterschätzt. Im Zweifel für den Angeklagten, dachte ich immer wieder, bis es zu spät war. Wahrscheinlich sitzt er schon im Flugzeug. Ein paar Stunden nach meinem sollte ein zweiter Flieger gehen. Vielleicht warnt er uns gar nicht vor.
N OCH SPÜRBAR VERÄRGERT faltete meine Mum am Küchentisch die Karte zusammen, nahm ihr Tagebuch in die Hand und sammelte sich nach der Unterbrechung. Ich wählte einen Stuhl, der näher bei ihr war, ohne den breiten Tisch zwischen uns. Sie zeigte mir den Eintrag vom 16. April, dem Tag, am dem sie auf den Hof gezogen waren. Der ganze Eintrag unter diesem Datum lautete: »Was für ein seltsamer Himmel, er zieht so schnell vorbei.«
Ich habe mich gefreut, als wir in unserem weißen Lieferwagen nach Schweden fuhren, aber ich hatte auch Angst, weil ich nicht sicher war, dass ich dieses Land nach so vielen Jahren wieder zu meiner Heimat machen konnte. Die Verantwortung lastete auf meinen Schultern. Chris sprach kein Wort Schwedisch. Von schwedischen Traditionen hatte er nur eine vage Vorstellung. Ich sollte zwischen unseren Kulturen eine Brücke schlagen. Ihm war das nicht wichtig – er war ein Ausländer, seine Identität war klar. Aber wer war ich? Eine Ausländische oder eine Einheimische? Ich war weder Engländerin noch Schwedin, eine Außenseiterin in meinem eigenen Land – welchen Namen gab es für mich?
Utlänning.
So würde man mich nennen! Es ist ein grausames schwedisches Wort, ein sehr grausames, für Menschen, die nicht aus diesem Land kommen. Obwohl ich in Schweden geboren und aufgewachsen bin, würden die Leute mich für eine Ausländerin halten, ich wäre in meinem eigenen Land eine Ausländerin – eine utlänning , genau wie in London.
Utlänning hier!
Utlänning dort!
Utlänning überall!
Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir wieder, wie einsam die Landschaft war. Außerhalb der Städte herrscht in Schweden die Natur. Die Menschen schleichen vorsichtig um sie herum, umgeben von himmelhohen Tannen und Seen, die größer sind als manche Länder. Vergiss nicht, diese Landschaft hat die Sagen von Trollen
Weitere Kostenlose Bücher