Ohne jedes Tabu
unwillkürlich vorstellte, wie wohl die ganze Nacht mit Raina gewesen war. Oder wie es sein würde.
Er wollte es wissen.
Ein Nachmittag mit ihr war ihm nicht genug.
Er wollte mehr.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, begegnete sie seinem Blick. Langsam schwand ihr Lächeln, und sie schaute wieder auf ihren Becher.
Er nahm ihre Hand. Sanft strich er mit dem Daumen über ihre Knöchel. Sie hatte eine so weiche Haut.
„Raina, ich denke, wir sollten wirklich heiraten.”
„Warum, Lucian?” fragte sie ruhig. „Weil wir im Bett gut zusammenpassen?”
„Nein.” Er drückte kurz ihre Hand. „Aber es schadet auch nichts.”
Sie entzog ihm ihre Hand. „Das ist kein Grund, um zu heiraten.”
„Emma ist ein guter Grund.”
„Das haben wir doch schon besprochen. Ich habe dir bereits versichert, dass ich dir Emma nicht vorenthalten will. Sie soll wissen, wer ihr Vater ist. Du kannst sie sehen, wann immer du willst.”
„In New York?” Er unterdrückte einen Fluch. „An Feiertagen und in den Ferien? Hier ein Wochenende, dort eins, je nachdem, wann es dir gerade passt? Verflixt, ich will mehr als das.”
„Was soll das heißen? Dass du ein gemeinsames Sorgerecht willst?” Ihr Blick wurde eisig. „Denkst du, dass unsere Tochter hier leben sollte? In diesem Wohnwagen, mit wer weiß wie vielen Frauen, die durch die Tür deines Schlafzimmers spazieren?”
Lucian wurde wütend. Mühsam beherrscht antwortete er:
„Ich habe bis jetzt noch nie eine Frau mit hierher gebracht. Und das würde ich auch nie tun, solange meine Tochter unter diesem Dach weilt. Aber da du das Thema schon anschneidest, was ist mit dir? Woher soll ich wissen, wer in deinem Bett schläft, während meine Tochter nebenan ist?”
Allein der Gedanke machte ihn rasend vor Wut. Was würde geschehen, wenn sie erst einmal wieder in New York war?
Verdammt noch mal, er wollte sich eine solche Situation nicht vorstellen! Er konnte es nicht. Jedenfalls nicht, ohne zu brüllen oder mit den Fäusten gegen die Wand zu trommeln.
„Das habe ich wohl verdient.” Raina seufzte. „Aber ich muss dich das fragen, Lucian. Wenn Emma zu Besuch herkommt, vor allem, wenn ich sie nicht begleite, dann muss ich es wissen.”
Er holte tief Luft und wartete einen Moment, bis seine Wut ein wenig verraucht war. „Ich will kein gemeinsames Sorgerecht”, sagte er schließlich. „Ich finde es nicht gut, wenn Kinder zwischen zwei Haushalten hin-und hergeschubst werden. Sosehr ich Emma auch bei mir haben möchte, aber das würde ich ihr nie antun.”
„Das konnte ich mir eigentlich auch nicht vorstellen.” Raina entspannte sich ein wenig. „Ich habe dich mit ihr beobachtet. Du bist wunderbar zu ihr. Sie himmelt dich jetzt schon an.”
„Dann heirate mich, und lass mich ihr meinen Namen geben.”
Er beugte sich vor. „Es brauchte ja nur für eine gewisse Zeit zu sein, ein oder zwei Jahre lang. Wenn sie alt genug ist, um es zu verstehen, wird sie zumindest glauben, dass wir sie genügend geliebt haben, um es zu versuchen.”
„Glaubst du denn, dass eine Scheidung ihr nichts ausmachen würde?” Sie schüttelte den Kopf. „Lucian, ich habe schon einmal aus den falschen Gründen geheiratet. Ich habe nicht vor, diesen Fehler zu wiederholen.”
„Und was ist, wenn du dich wahnsinnig verliebst und doch wieder heiratest?” Die Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht.
„Was dann? Was für Rechte habe ich dann noch?”
„Zwischen dir und Emma würde sich nichts ändern. Sie wird immer deine Tochter bleiben.”
„Hoffentlich vergisst du das nicht. Denn ich werde immer ein Teil ihres Lebens sein, Raina. Und das bedeutet, dass ich auch an deinem Leben teilhaben werde. Das musst du akzeptieren.”
„Du magst vielleicht ein Bestandteil meines Lebens sein, Lucian”, erklärte sie, „aber das bedeutet nicht, dass du in mein Bett kommen kannst, wann immer du darauf Lust verspürst. Das solltest du besser akzeptieren. Wenn du möchtest, kann einer von uns zum Anwalt gehen und einen Vertrag aufsetzen lassen, der die Besuchszeiten regelt.”
„Ich will keinen verdammten Anwalt.” Am liebsten hätte er sie geschüttelt. „Ich will Emma sehen, wann ich will. Nicht, wenn es mir von einem Stück Papier vorgeschrieben wird.”
„In Ordnung.” Sie holte tief Luft. „Du kannst nach New York kommen, so oft du willst, und ich komme mindestens alle zwei Monate nach Bloomfield. Wenn sie älter wird, können wir die Zeit ihres Aufenthaltes hier gern
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