Ohne Skrupel
Gabriela Gruber war auch
weiterhin seine behandelnde Ärztin. JP fiel auf, dass sie sich intensiv um sein
Befinden kümmerte, vielleicht, nein, eindeutig einen Tick mehr als notwendig.
Heute kam sie nach 16:00 Uhr nochmals zur Visite – die dritte heute, obwohl JP
von der Schwester wusste, dass die Frau Doktor nur bis 15:00 Uhr Dienst hatte.
Visite war immer das magische Wort für: „Bitte Zimmer räumen“, das Korbinian
Holzner dann auch wenn auch etwas widerwillig tat.
Aber nicht nur, dass die
Frau Doktor nach ihrem Dienstschluss noch durch die Flure des Krankenhauses
schlich, nein: Parfüm war neu aufgetragen worden und Dr. Gabriela Gruber war
zart geschminkt! JP war darauf trainiert, Signale zu erkennen und dann darauf
zu reagieren. Der Schalk saß ihm im Nacken und er bemerkte: „Dr. Gruber! Der
Lichtblick meines trüben Tages! Ich freue mich außerordentlich, Sie sogar nach
ihrem Dienstschluss noch in meinem Zimmer begrüßen zu dürfen und bemerke mit
Freude den zarten, aber berauschenden Duft des neu aufgetragenen Parfums Gucci
by Gucci und die gekonnte, wenn auch überflüssige Schminke auf Ihrem edlen
und schönen Gesicht!“ Bingo! Das Süßholz saß! Rot wie eine überreife Tomate
wurde die Gute! „Äh, hmmm, Herr Santa Cruz, ich bin eigentlich schon weg und
gehe heute zum Konzert mit einer Freundin, ich wollte nur nochmals, ähm ...“
„Freundin oder Freund? Dr. Gabriela?“, an dieser Stelle wechselte er „ganz
zufällig“ zum Vornamen. „Ich wollte nur nochmals anmerken, dass ich nicht
vorhabe überdimensioniert lange innerhalb dieser Mauern zu residieren und ich
mich schon bald wieder einem normalen Leben widmen werde. Dort werde ich mich
dann sofort auf die Suche nach Etwas machen, zu dem sie mich vor zwei Tagen mit
Ihrem Satz „Nur wer suchet, der werdet finden...“ motiviert und in den
vergangenen Tagen vermehrt inspiriert haben – und von dem ich doch sehr hoffe,
dass ich es bei und mit Ihnen finde....“ Teufel, Teufel, er hätte Textschreiber
für Rosamunde Pilchers Schmonzetten und nicht IT-Fuzzi werden sollen.... JP war
stolz auf seine salbungsvollen und geschwollenen Worte. Die Wirkung war
bombastisch! Die Tomate wurde noch überreifer und glühte förmlich! „Ich glaube,
ich muss jetzt los ... spät dran ...morgen wieder!“ und schwupp war sie zur Tür
hinaus.
Holzner kam wieder zur
Tür herein und bemerkte trocken und mit einem Zwinkern: „Na sauber! Ich bin
fast auf der feuchten Spur der Dame ausgerutscht!“ JP hätte nun gerne herzhaft
gelacht, wenn das wegen der gebrochenen Rippen nur nicht so furchtbar
schmerzhaft gewesen wäre!
Aber es tat ihm dennoch
gut, ein bisschen vor sich hinzugackern!
6. Mai 2010, München , Krankenhaus Schwabing
Mischa und FATBOY waren über Nacht
jeweils fündig geworden! Uiui, das ging fix, für JPs Geschmack ein bisschen zu
fix! Das musste wohl dosiert und rationiert weitergeleitet werden. Das eigene
Nachthemd war JP doch am Nächsten. Business ist Business und Tagessätze von €
2,000 wurden nunmal mit dem Mengenmultiplikator noch interessanter...
JP war fasziniert von FATBOYs
Ermittlungen. Dieser Mann war unglaublich gefährlich! Der fähigste Hacker, den
JP jemals erlebt hatte! JP war jedenfalls heilfroh, FATBOY als Verbündeten und
nicht als Ermittler gegen sich zu haben. Dieser Mann kannte keinerlei Schranken
und vor ihm war wirklich nichts sicher, sofern es irgendwie durch eine
Telefondose oder Funkkarte zugänglich war. FATBOY durchforstete das Internet
nach Informationen, aber wohl auch private PCs und Rechenzentren von Behörden,
Banken und Versicherungen. Natürlich war das illegal und die Ergebnisse von
keinem Gericht der Welt verwertbar.
JP hatte FATBOY
beauftragt, über einige beteiligte Personen der Firma Malinger, alles zu
recherchieren, was zur Überführung der Verbrecher bzw. Verdächtigen führen
könnte. Seine Angaben waren zwar nicht sehr präzise, aber er hatte nur bei
sechs Personen einen konkreten Verdacht und relative Beweise. Bei den anderen
hatte er nur Vermutungen bzw. Theorien, aber keinerlei Beweise. Die Dossiers
von FATBOY betrafen zwei der Personen, die JP für sich in die Kategorie
„mögliche Täter“ eingestuft hatte. FATBOY hatte für jede Person eine
elektronische Akte angelegt und sogar jeweils mit einem Inhaltsverzeichnis
versehen. Jedes Dossier umfasste zwischen 60-150 Seiten und bestand aus vielen
kopierten Inhalten, bis hin zu diversen Fotos, gescannten
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