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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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großen Augen zu. Brune schob einen Wagen voller Medizinfläschchen vor sich her und schenkte jedem Menschen und jedem Geschöpf, an dem sie vorbeikam, ein aufmunterndes Wort. Doch der Eindruck physischer Stabilität, den sie auf den ersten Blick ausstrahlte, trog: Als sie näher kam, sah man ihr die tiefe Traurigkeit über den Verlust ihrer Tochter Helena an. Hätte sie gewusst, was kurz darauf mit Tugdual geschehen war, es wäre wohl über ihre Kräfte gegangen.
    Hinter ihr kam plötzlich Till, Tugduals kleiner Bruder, zum Vorschein.
    »Aber was machst du denn hier, kleiner Mann?«, ertönte Brunes tiefe Stimme.
    »Ich will dir helfen, Großmutter!«
    Brune hob ihn hoch und vergrub das Gesicht in seinen weichen blonden Locken. Der Kleine, herzig wie eh und je, schlang die drallen Ärmchen um den Hals seiner Großmutter und schmiegte sich an sie.
    Dann kamen Jeanne und Remineszens mit wirren Haaren aus einem Zimmer des Krankenhauses.
    »Die Getorixe sind nicht gerade die einfachsten Patienten«, stellte Jeanne schmunzelnd fest. »Ich glaube, da sind mir die Sensibyllen noch lieber, und das will etwas heißen!«
    »Ja, mit den Kapiernixen haben wir es um einiges leichter!«, stimmte Remineszens zu.
    Gus saß wie elektrisiert auf seinem Stuhl und verschlang die Bilder mit den Augen. Jeanne ging es gut, genau wie Oksa gesagt hatte. Ihr schönes, madonnenhaftes Gesicht zeigte deutliche Spuren der Erschöpfung, aber es tat so gut, sie scherzen zu hören! Remineszens besaß zwar immer noch ihre beeindruckende Schönheit, doch sie war furchtbar gealtert. Ihre groß gewachsene Gestalt wirkte eingesunken, der Rücken gerundet, ihr Teint fahl. Der Schock über das Neue Chaos und die Last der Verantwortung als stellvertretende Huldvolle forderten ihren Tribut. Keinem ging das mehr ans Herz als Abakum.
    Das Filmauge erlosch abrupt. Oksa hatte es so gewollt. Was sie gezeigt hatte, war genug. Es reichte, um die Anwesenden zu trösten, auch wenn es sie gleichzeitig sehr aufwühlte.
    Kukka schluchzte. Und wer hätte es ihr übel nehmen können? Gus ergriff instinktiv ihre Hand und drückte sie sanft, in keiner anderen Absicht, als diesen qualvollen Schmerz zu teilen, von seinen Liebsten durch eine unüberwindliche Grenze getrennt zu sein. Pavel umarmte Abakum, Zoé ließ sich von Marie umarmen und legte den Kopf an ihre Schulter. So spendete jeder auf seine Weise denen Trost, die ihn am nötigsten hatten.
    Nur Oksa saß allein mitten im Zimmer. Die Bilder ihres Träumflugs mit den anderen zu teilen, hatte ihnen eine unvergleichliche Intensität gegeben, sie aber auch erträglicher gemacht.
    Ihr Blick fiel auf Zoé, die sich an Marie lehnte, auf Mortimers und Barbaras traurige Gesichter und blieb schließlich an Gus und Kukka hängen, die Hand in Hand dasaßen und sich in die Augen schauten. Seltsamerweise verspürte Oksa diesmal weder Eifersucht noch Verärgerung. Sie wandte bloß den Kopf ab, mehr aus Scheu als aus Wut, und fühlte sich auf einmal … erwachsen.
    »Danke, Oksa.«
    Auf einmal stand Gus vor ihr und lächelte sie an.
    »Die Einweihung des Träumflugs und des Filmauges erlebt die Begleitung eines Ergebnisses, gespickt mit Erfolg!«, meldete sich plötzlich der Plemplem zu Wort. Er war ganz durchsichtig geworden vor Rührung. »Meine Huldvolle muss mit unserer Dankbarkeit überschüttet werden!«
    Aus heiterem Himmel warf er sich der Länge nach vor Oksa auf den Boden. Der Getorix stürzte herbei, setzte sich rittlings auf den Plemplem und rief: »He, Butler, was glaubst du eigentlich, wo du bist? Du meinst wohl, du kannst hier Siesta machen? Steh gefälligst auf und mach dich an die Arbeit, na los!«
    »Eine komische Art, dich mit Dankbarkeit zu überschütten«, stellte Gus trocken fest. »Wenn es dir nichts ausmacht, bedanke ich mich lieber so …«
    Und damit drückte er ihr einen leichten, aber dennoch innigen Kuss auf die Wange.
    »Danke«, sagte er noch einmal. »Ehrlich.«
    Alle folgten seinem Beispiel, auch wenn sie von den Bildern noch so bewegt waren. Dann verließen sie einer nach dem anderen das Zimmer.
    Die Vorführung ihres Träumflugs hatte Oksa sämtliche Energie geraubt. Sie fühlte sich wie leer gesaugt und dachte nur noch an eins: schlafen. Erschöpft wankte sie in Richtung Treppe.
    »Oksa, warte mal!«, rief Gus.
    Oksa drehte sich um.
    »Ich habe mich gefragt …«, fuhr er leise und sehr viel schüchterner fort, »ob du mir vielleicht bei Gelegenheit mal eine Sondervorführung mit dem Filmauge

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