Oksa Pollock. Die Unverhoffte
Malorane alles anders war. Orthon war nie mehr der Alte.«
Dann stand er auf und ging schweren Schrittes aus dem Raum.
»Leomido hat recht«, sagte Abakum nach einer Weile, »Orthon kann sich nicht erlauben, Oksa irgendwelche Schmerzen zuzufügen. Aber er kann großen Schaden anrichten, um sein Ziel zu erreichen. Das hat er uns bereits mehrfach bewiesen, in Edefia und im Da-Draußen. Man muss sich nur ansehen, was er Gus angetan hat. Ich glaube nicht, dass er im Lauf der Jahre milder geworden ist. Vielleicht ist es sogar noch schlimmer geworden mit ihm. Er ist ein verbitterter, besessener Mann, der weiß, was er will, und zu allem bereit ist, um sein Ziel zu erreichen. Sein größter Wunsch ist es, nach Edefia zurückzukehren. Ihr dürft nicht vergessen, dass Ocious, sein Vater, zurückgeblieben ist …«
»Der Typ ist der Teufel in Person«, wandte Tugdual in kaltem Ton von dem Sofa aus ein, auf dem er etwas abseits der Gruppe saß. »Habt ihr das denn noch nicht gemerkt? Er will die Welt erobern und uns alle zu seinen Füßen kriechen sehen.«
»HÖR AUF!«, donnerte sein Großvater. »Du hast keine Ahnung!«
Oksa begegnete dem stahlharten Blick des Jungen. »Aber Tugdual hat recht!«, rief sie plötzlich. »Als wir im Heißluftballon waren, hat er gesagt, dass er seine Rückkehr nach Edefia an der Spitze einer Armee vorbereiten würde und dass eine neue Ära beginnt!«
Diese Worte schienen Abakum zu deprimieren. »Diese Kleinigkeit muss Leomido vergessen haben«, bemerkte er.
Oksa biss sich auf die Lippen. Es war ihr unangenehm, ihren Großonkel verraten zu haben.
»Orthon ist in der Lage, uns alle zu unterwerfen, und das wisst ihr so gut wie ich«, sagte Tugdual in feurigem Tonfall. »Der Countdown hat begonnen!«
Das Geheimnis der Bellangers
E
ine eisige Stille legte sich über die Runde. Alle versanken in Gedanken. Oksa war sprachlos: Leomido und der schreckliche McGraw waren also Jugendfreunde gewesen! Es war ein komisches Gefühl, denjenigen, der ihr seit Schuljahresbeginn nichts als Ärger bereitete, als zarten Jungen voller Komplexe zu sehen. Und sie stellte sich eine Reihe von Fragen, was Leomido betraf. Vor allem fand sie es merkwürdig, dass er die Gefahr, die vom Treubrüchigen Orthon ausging, herunterspielte, obwohl er seine Beharrlichkeit und die Brutalität seiner Attacke mit eigenen Augen gesehen und am eigenen Leib erfahren hatte. Die Begegnung heute Nachmittag hatte doch wohl bewiesen, dass ihre Freundschaft vorbei war. Wie konnte sich ihr Großonkel so sicher sein, dass dieser Schuft ihr nichts Böses antun wollte? Was, wenn er sich an ihrer Familie vergriff? Oder an Gus?
Oksa stand auf und verließ den Raum. Sie musste sich bewegen, wenn sie nicht verrückt werden wollte. Sie ging in die Küche und schenkte sich ein Glas Wasser ein, das sie in einem Zug austrank. Als sie auf dem Weg zurück in den Salon die Eingangshalle durchquerte, sah sie Leomidos Plemplems, die unter der Treppe ins Gespräch vertieft waren. Sie schlich auf leisen Sohlen näher und lauschte.
»Der Treubrüchige Orthon hat den Doppelmord betrieben, das ist die Gewissheit!«, flüsterte der Plemplem seiner Gefährtin angstvoll zu.
»Also ist der Beweis erbracht, dass Orthon, Sohn des schuftigen Treubrüchigen Ocious, den Aufbruch aus Edefia erlebt hat? Etwa in Begleitung der Alten Huldvollen, wie wir?«, fragte sie.
»Die Wahrheit ist verheerend, aber unerbittlich. Der Treubrüchige Orthon hat sein Leben in unserer Nähe eingerichtet und bereitet Pläne von großer Hässlichkeit vor. Mut und Kraft müssen gesammelt werden, um gegen den Treuebruch vorzugehen. Und vor allem muss die Hoffnung auf eine Rückkehr nach Edefia trotz hinterhältiger Hinterhalte aufrechterhalten werden.«
»Hinterhältig, aber mächtig«, präzisierte die Plempline. »Du hast ein leeres Gedächtnis …«
»Die Junge Huldvolle hat die höchste Macht. Bewahre das Vertrauen tief in deinem Herzen …«
Der Plemplem verstummte. Sein pausbäckiges Gesicht nahm eine erstaunliche Lilafärbung an, ein Zeichen für große Verlegenheit.
»Die Ohren der Jungen Huldvollen betreiben die Aufnahme unserer Worte, ihre Anwesenheit erlebt die Nähe …«
Inzwischen verstand Oksa die kryptische Sprache dieser entzückenden Geschöpfe. Der Sinn seiner Bemerkung entging ihr also nicht.
»Ähm, ähm …«, sagte sie.
»Junge Huldvolle, Eure Dienerschaft hat die eifrige Bewachung des bettlägerigen Jungen namens Gus betrieben«, verkündete der
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