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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Unverhoffte« nannten, machte die schwierige Lage nur noch komplizierter.
    Trotz der Bemühungen des Ringelpupos wurde der schmerzende Knoten aus Angst und Wut in ihrem Bauch immer größer. Das drückende Gefühl durchzog ihren ganzen Körper mit Bitterkeit. Schließlich fegte die Furcht ihren letzten Widerstand mit Gewalt hinweg.
    »WENN ES SO WEITERGEHT, STOPPE ICH ALLES!«, schrie sie.
    Ihre Worte hallten im ganzen Raum wider. Sie sprang vom Sofa auf, um diesem Ort zu entfliehen, der ihr unerträglich geworden war, seitdem sie erneut im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand.
    Doch ihre Flucht wurde von einem grellen Blitz verhindert, der urplötzlich den ganzen Raum erhellte und Wände und Decke beben ließ. Ein Schauer von Gipsstaub regnete auf Oksa herab und hüllte sie in weißen Puder, während elektrische Glühfäden sich knisternd im Zickzackkurs auf die Rette-sich-wer-kann zubewegten, ohne sie jedoch zu erreichen.
    Genau in dem Moment, als ein goldener Faden ihr verkrampftes Gesicht streifte und ihr ein gespenstisches Aussehen verlieh, stieß Marie einen Schrei aus.
    Oksa hielt inne, beeindruckt, aber nicht verängstigt. Sie wusste, was es war. Sie erkannte Empfindungen wieder, die sie vorher schon gehabt hatte. Kein Zweifel: Die Alterslosen Feen waren da, in ihr. Sie hörte ihre Stimmen tief in ihrem Innern, dort, wo ihr Herz schlug. Doch im Unterschied zu den letzten Malen war sie nicht die Einzige, die ihre Anwesenheit bemerkte. Alle Rette-sich-wer-kann waren Zeuge und das versetzte die Alterslosen offenbar in Angst und Schrecken …
    »Fürchte dich nicht«, flüsterte Abakum ihr zu und hielt ihre Hand, »sie wollen dir nichts tun.«
    »Ich weiß, ich habe keine Angst«, antwortete Oksa.
    »Was sagen sie?«, fragte Dragomira kaum hörbar.
    Die Glühfäden knisterten immer noch um Oksa herum, und als sie auf die Frage ihrer Großmutter antworten wollte, hob eine ungeheure Kraft sie in die Luft. Mit panischem Blick schlug sich Marie die Hand vor den Mund.
    »Hör sofort auf damit, Oksa!«, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Sie kann nichts dafür«, flüsterte Abakum ihr zu. »Es sind die Alterslosen Feen, die ihr etwas sagen wollen.«
    Oksa ließ es einfach geschehen. Als sie auf halber Höhe des hohen Raumes angekommen war, blieb sie reglos in der Luft stehen. Die Stimmen der Alterslosen Feen breiteten sich in ihr aus, und im selben Augenblick wurde sie von einer unerhörten Empfindung erfasst, einer Mischung aus Kraft und Gewissheit.
    Dann hörte das Knistern plötzlich wieder auf, die Glühfäden erloschen und eine Stimme erklang: eine warme und einnehmende Stimme, die von überall her zu kommen schien – aus dem Innern jedes Einzelnen von ihnen und aus dem Raum um sie herum:
    Der Fluch neigt sich dem Ende zu,
    Denn die Unverhoffte trägt das Mal,
    Das nach Da-Drinnen führen wird.
    Ihre Kraft und die Verbindung der beiden Huldvollen
    Erschaffen die Hoffnung, die die Welt und ihr Herz retten kann.
    Die Macht der Schatten kann deren Herrschaft nicht
    Für immer unterdrücken, dafür sorgen wir.
    Gleich darauf war alles vorbei und Oksa stand wieder mit beiden Beinen auf dem Boden. Sie fühlte sich benommen, aber gleichzeitig erstaunlich versöhnlich gestimmt. Ein Funkenregen wirbelte um sie herum. Keiner sagte etwas, alle schauten zu ihr.
    Dragomira schloss sie in die Arme, legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie mit einer beruhigenden Geste.
    »Meine Duschka …«, begann sie und unterbrach sich gleich wieder, weil sie zu bewegt war, um ihren Satz zu beenden.
    »Na, so was, das war ja irre!«, rief Oksa und klopfte sich den Gipsstaub von der Kleidung. »Habt ihr das mitbekommen?«
    »Es war ja kaum zu übersehen!«, stieß Marie hervor.
    »Das waren die Alterslosen Feen, Mama«, erklärte Oksa erschöpft. »Ich glaube, dass sie …« Sie unterbrach sich, um nach dem richtigen Wort zu suchen. Sie zögerte zwischen »mich führen« und »mich rufen«, als Gus mit leuchtenden Augen ergänzte: »… dass sie wissen …«
    Dankbar sah Oksa ihn an, froh, dass er wieder der Alte war – ganz so, wie sie ihn am liebsten mochte.
    »Genau so ist es, Gus«, sagte Abakum. »Die Alterslosen wissen, wer du bist, Oksa. Und vor allem kennen sie deine Macht besser als jeder andere, besser als du selbst. Was gerade geschehen ist, ist eine ganz große Ausnahme: Es ist das erste Mal, dass die Alterslosen sich direkt an mehrere Personen wenden. Das hat es seit Von-Drinnen-Gedenken nie

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