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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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würden ihre Eltern noch mehr Arbeit haben als zuvor, das wusste sie. Insgeheim bedauerte sie es, weil die ruhigen Abende zu dritt noch seltener werden würden.
    »Wir haben es fast geschafft, aber dein Vater ist der festen Überzeugung, dass nichts bis zur Eröffnung fertig sein wird, du kennst ihn ja. Die Handwerker sind völlig erledigt, er ist die ganze Zeit hinter ihnen her, sie tun mir richtig leid. Zum Glück macht Pierre auch mit, der ist viel entspannter. Ich bin froh, dass sie das Restaurant zusammen führen werden, das wird deinem ewig besorgten Vater sicher guttun. Auch wenn ich langsam nicht mehr daran glaube, dass er eines Tages lockerer wird. Aber damit müssen wir uns abfinden. Schließlich lieben wir ihn so, wie er ist, oder?«
    Oksa nickte eifrig.
    Marie wechselte das Thema. »Zeigst du mir mal, was ihr gerade in der Schule macht?«
    Oksa holte rasch ihre Schulsachen, sie war glücklich, dass sie so viel Aufmerksamkeit bekam. Die Kisten waren ausgepackt, jetzt galt es nur noch, sich im neuen Haus einzuleben. Es war so typisch englisch mit seinen gemütlichen kleinen Zimmern und den Fenstern zum Hochschieben – ganz anders als ihre Pariser Wohnung. Oksa sah ihre Situation mit gemischten Gefühlen. Einerseits befand sich alles in einer fremden und zurzeit eher feindlichen Umgebung – zumindest, was die Schule betraf. Andererseits war alles da: die Möbel, die Gegenstände, die Menschen, die sie liebte. Das Haus am Bigtoe Square gefiel ihr gut und London selbst war unglaublich, Oksa liebte die Stadt. Die vielen Parks, die Museen – herrlich! Dennoch würde es noch eine Weile dauern, bis ihr all das nicht mehr fremd war.
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, ertappte sie sich dabei, dass sie ihre Mutter musterte, die es sich neben dem Kamin bequem gemacht hatte. Marie Pollock war eine große Frau mit hellem Teint, schlank, aber kräftig gebaut und vom Wesen her positiv und ausgeglichen. Sie trug immer schlichte, elegante einfarbige Kleidung, so einfach und dezent wie sie selbst.
    Heute Abend sah sie in ihrem blaugrauen Seidenkleid und mit dem lockeren Haarknoten sehr hübsch aus, doch Oksa bemerkte auch ihre sorgenvolle Miene und die Falten auf ihrer Stirn. Sie war sicher müde … In den vergangenen Tagen hatte sie es geschafft, die letzten Spuren des Umzugs zu beseitigen. Niemand würde glauben, dass die Pollocks gerade erst eingezogen waren. Marie musste wie eine Wahnsinnige gearbeitet haben, um das zu schaffen.
    Die Jahre, die sie in China verbracht hatte, hatten ihren Charakter und ihren Geschmack entscheidend geprägt. Sie hatte eine ausgefallene, asiatische Atmosphäre im Wohnzimmer geschaffen, ganz anders als die in den Nachbarhäusern im selben Baustil. Dort bestimmten Spitzen, Blümchentapeten und schwere, mit Leder oder Stoff bezogene Sessel das Bild. Bei den Pollocks war alles anders. Neben dem Kamin stand die graue Steinstatue eines Mandarins, der den Eindruck vermittelte, über das ganze Erdgeschoss herrschen zu wollen. Ein niedriger, rot lackierter Tisch mit einem großen Anemonenstrauß darauf stand auf einer Bambusmatte. Von der Decke hing ein riesiger gelber Lampion aus geöltem Papier. Er warf ein goldenes Licht an die Wände, die mit Masken der Pekinger Oper, Kalligrafien und Fotos von Oksa geschmückt waren.
    Im ganzen Haus, sei es in den unteren Etagen oder in Dragomiras barockem Universum, herrschte eine Atmosphäre, die in krassem Gegensatz zur Architektur des Hauses stand. Oksa liebte diese Kontraste, sie passten zu ihrer Familie und zu ihrem jetzigen Leben.
    Sie machte es sich auf der mit schwarzem Brokat bespannten Ottomane bequem, ihrer Mutter gegenüber, die aufmerksam ihrem Bericht über die Unterrichtsstunden zuhörte. Nachdem sie mit ihren Mathe- und Englischhausaufgaben fertig war, schmiegte Oksa sich eng an sie, spielte zärtlich mit dem langen Haar ihrer Mutter und sog den Enzianduft des Parfüms ein, das Marie schon seit Jahren benutzte. Sie war erschöpft von dem anstrengenden Tag und genoss die beruhigende Wärme ihrer Mutter. Kurz darauf schlief sie auch schon wie ein Stein.
    Als Oksa die Augen wieder öffnete, lag sie immer noch auf der Ottomane. Das einzige Licht im Wohnzimmer war das der Laternen draußen auf dem Platz, das durch die Fenster fiel. Sie lag unter einer mit Lotusblüten bestickten Decke, ihr Kopf ruhte auf einem Kissen.
    »Mama?«
    Keine Antwort. Oksa richtete sich, noch etwas schlaftrunken, auf. Sie knipste eine Lampe an und schaute, wie

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