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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Zivilisation und es bestimmte die Lebensweise jedes Einzelnen. Unser Volk besteht aus vier unterschiedlichen, aber miteinander verbundenen Stämmen: den Silvabulanern, den Handkräftigen, den Hochköpfen und den Alterslosen Feen.«
    »Die Alterslosen Feen?«, unterbrach Oksa sie mit aufgerissenen Augen.
    »Sehr geheimnisvolle Geschöpfe … Die Alterslosen leben auf der Feeninsel, in einer Gegend, die nur ihnen zugedacht ist. Ich wohnte in der Gläsernen Säule, die genau dort stand, wo die vier Himmelsrichtungen Edefias zusammenkommen. Dieses ins Kristall gehauene Gebäude war der Huldvollen, ihrer Familie und dem Pompament vorbehalten.«
    »Was ist das Pompament?«, rief Oksa dazwischen. »Und wer ist die Huldvolle?«
    »Das Pompament? Das, was hier die Regierung ist. Und die Huldvolle …«
    »So hat dich der Außerirdische … äh … der Plemplem genannt!«, rief Oksa und sah zu dem kleinen Geschöpf hinüber, das hinten im Raum brav im Schneidersitz am Kontrabasskasten lehnte.
    »Die Huldvolle ist die Herrscherin Edefias«, sagte Dragomira, ohne ihre Enkelin aus den Augen zu lassen. »Sie vereinigt alle Kräfte in sich. Sie ist die Einzige, die mit den Alterslosen Feen, den allmächtigen Göttinnen jener Welt, kommunizieren kann. Mit ihrer Hilfe sorgt die Huldvolle für Regen und für wohltuende und fruchtbare Sonnenstrahlen, die Edefia zu dem machen, was es ist. Oder was es war – eine üppige Welt, deren Reichtümer es uns erlaubten, im Überfluss zu leben, aber auch in Harmonie und Gleichheit. Die Huldvolle bewacht und erhält unser Gleichgewicht. Sie verfügt über die fabelhafte Gabe des Lichts, der Wärme und des Wassers – den Ursprung allen tierischen, mineralischen und pflanzlichen Lebens.«
    Dragomira hielt mit verschleiertem Blick inne. Ihre Nasenflügel bebten im Rhythmus ihres unruhigen Atems.
    »Es ist so lange her, seit ich von alldem erzählt habe«, sagte sie leise.
    Aus Achtung vor der Baba Pollock blieben alle mucksmäuschenstill. Oksa war beeindruckt von der Stimmung im Raum, sie ließ den Blick über alle Teilnehmer dieser sehr eigenartigen Versammlung schweifen. Leomido und Abakum hielten beide die Hände im Schoß ineinandergelegt und hatten einen schwermütigen Ausdruck im Gesicht. Die elegante Mercedica nickte mit dem Kopf und zupfte geistesabwesend mit ihren rot lackierten Nägeln an der Haut ihres Handrückens. Pavel machte den unglücklichsten Eindruck von allen. Er saß neben Oksa, sodass sie sein ernstes Gesicht nur im Profil sehen konnte. Das Blut pochte ihm in den Schläfen, seine Züge wirkten angespannt. Er schluckte mühsam und mit scheinbar zugeschnürter Kehle. Einzig der rätselhafte Tugdual schien sich nichts aus all dem zu machen, was um ihn herum geschah. Er lümmelte immer noch in seinem Sessel und war mit seinem iPod beschäftigt, der ein rhythmisches Pochen von sich gab.
    »Bist du eine Huldvolle, Baba?«, fragte Oksa zaghaft.
    Ihr Vater zuckte neben ihr zusammen, als Dragomira zustimmend nickte. Ihre stumme Bestätigung hatte gerade das Schicksal seiner Familie besiegelt.
    »Erinnerst du dich noch an den Fleck auf deinem Bauch gestern?«, fragte Dragomira mit vor Rührung brechender Stimme.
    »Mein blauer Fleck? Oh ja, den wollte ich dir eigentlich zeigen.«
    »Ich weiß, meine Duschka … der blaue Fleck ist verschwunden, nicht wahr? Und jetzt hast du ein Mal in Form eines achtzackigen Sterns um den Nabel«, sagte die alte Dame.
    Oksa blieb der Mund vor Staunen offen stehen. Automatisch legte sie die Hand auf den Bauch, eine ungeheure Neugier erfasste sie, Neugier und Unruhe.
    »Woher weißt du das, Baba?«
    »Weil es bei mir auch so war, vor über fünfzig Jahren. Wie meine Mutter und andere vor ihr hatte ich die Ehre, das Mal zu bekommen. Doch es ist verschwunden, als ich eine Rette-sich-wer-kann wurde. Und jetzt ist es auf dich übergegangen, Oksa.«
    »Was hat das zu bedeuten, Baba?« Beklommen sah Oksa ihre Großmutter an.
    »Das Mal zeichnet das junge Mädchen aus, das die nächste Huldvolle sein wird«, stieß Dragomira atemlos hervor. »Und das bist du, Oksa, du! DU BIST DIE ZUKÜNFTIGE HULDVOLLE EDEFIAS! UNSERE UNVERHOFFTE …«

Das Geheimnis-das-nicht-enthüllt-werden-darf
    D
ragomira hielt abrupt inne, als könnte sie selbst nicht glauben, was sie gerade gesagt hatte. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen tränennass. Die Stille im Raum war bedrückend. Alle Blicke richteten sich auf Oksa, die völlig fassungslos war und sich fühlte, als

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