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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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heraus, verblüfft über ihre eigene Dreistigkeit. So etwas machte man doch nicht … Aber ihr Vorhaben war weit wichtiger als all ihre Prinzipien.
    Sie kehrte an ihren Platz zurück, beugte sich ein wenig vor, um das Portemonnaie zu verdecken, und öffnete es. Sie musste schnell sein! Einen Moment später stand sie wieder auf, um die Aktentasche nun wirklich aufzuheben, und steckte dabei das Portemonnaie zurück. Bei dem Chaos im Klassenraum hatte keiner ihrer Mitschüler etwas bemerkt, da war sie sicher. Doch um ihre Anwesenheit in der Nähe des Lehrerpults zu rechtfertigen, beschloss sie, Merlin zu helfen.
    »Passt auf! McGraw ist im Anmarsch!«, rief sie laut.
    Alle setzten sich rasch wieder an ihre Plätze. Tatsächlich kam McGraw kurz darauf zurück. Als er die Tür öffnete, boten die Schüler der Achten Wasserstoff den Anblick einer vorbildlichen, fleißig arbeitenden Klasse, die über jeden Verdacht erhaben war.

Eine mysteriöse Liste
    M
cGraw, geboren 1960 in Milwaukee, Wisconsin, USA.«
    Gus saß auf Oksas Bett. Endlich! Gleich nach der letzten Stunde waren sie schneller denn je mit ihren Inlineskates nach Hause gefahren. Völlig außer Atem waren sie in Oksas Zimmer gestürmt und hatten die Fotokopien von McGraws Personalakte um sich herum ausgebreitet, um sie sorgfältig zu studieren.
    »Also ist er neunundvierzig Jahre alt«, sagte Oksa. »Hör mal, das sind seine persönlichen Daten: Er wohnt in der Franklin Roosevelt Street Nummer 12, das trifft sich gut für einen Amerikaner. Er ist verheiratet und hat einen fünfzehnjährigen Sohn. Bestimmt waren das die beiden auf dem Foto.«
    »Auf welchem Foto?«, unterbrach Gus sie.
    »Er hatte ein Foto von einer Frau und einem kleinen Jungen in seinem Portemonnaie. – Und was steht sonst noch in der Personalakte? Ach, das ist ja interessant! Es stimmt, was er Merlin gesagt hat, er hat tatsächlich zehn Jahre lang als Forscher für ein wissenschaftliches Labor gearbeitet, das der CIA unterstand. In Zusammenarbeit mit der NASA hat er den fotoelektrischen Effekt und die Lichtwellen erforscht. Lies dir mal die Liste seiner Diplome durch. Eine ganz schöne Intelligenzbestie, der Typ!«
    Oksa gab Gus die Liste und blätterte weiter durch die Dokumente, die auf dem Bett lagen. Plötzlich rief sie aufgeregt: »Sieh dir das an! McGraw war zwei Jahre lang Sonderbeauftragter der amerikanischen Regierung. Ich habe dir doch gesagt, dass er Geheimagent ist.«
    Gus seufzte vernehmlich.
    »Aber, Oksa«, wandte er ein, »nicht alle Leute, die für die Regierung arbeiten, sind zwangsläufig Geheimagenten.«
    »Nicht unbedingt, aber es kann eine gute Tarnung sein, oder?«
    »Jedenfalls ist es merkwürdig, dass jemand wie er an einer ganz normalen Schule unterrichtet, da bin ich ganz deiner Meinung«, bestätigte Gus.
    »Stell dir mal vor: erst bei der NASA arbeiten und dann Lehrer werden. Das ist doch wirklich abgespaced «, sagte Oksa.
    Gus lachte.
    »NASA, abgespaced  … Sehr witzig! Wie ich sehe, läuft dein Hirn auf Hochtouren.«
    Sie studierten noch eine Weile die Kopien. Oksa war etwas enttäuscht, denn es handelte sich vor allem um uninteressanten Behördenkram. Es gab nur ein persönliches Dokument: McGraws Bewerbungsbrief, in dem der ehemalige Wissenschaftler in seiner schönen geschwungenen Handschrift erklärte, weshalb er sich an der Schule bewarb.
    »Hör dir das an: Er hat sich ›aus persönlichen Gründen‹ an der St.-Proximus beworben. ›Aus persönlichen Gründen‹, Gus! Er schreibt, es gehe ihm besonders um ›die große Freude, zukünftige Generationen zu unterrichten‹. Der hat doch wohl eine Macke!«, sagte Oksa aufgebracht.
    »Das ist allerdings ein starkes Stück«, gab Gus stirnrunzelnd zu.
    »Ziemlich verdächtig, meinst du wohl.«
    Nun nahm Gus den Brief und las ihn ebenfalls gründlich durch. Er konnte Oksa nur recht geben. Er legte den Brief aus der Hand und warf sich der Länge nach aufs Bett, Arme und Beine von sich gestreckt, und musterte Oksa, die im Schneidersitz saß und weiter jedes einzelne Blatt genau studierte, das sie unter so großer Gefahr kopiert hatte. Sie war so stark, so entschlossen – und dabei hatte sie gerade eine so schwere Zeit. Er bewunderte sie sehr, machte sich aber auch Sorgen um sie. Wenn sie nur durchhielt …
    Oksa ihrerseits freute sich inzwischen sehr. Sie hatte zwar vielleicht nicht so viel herausgefunden, wie sie gehofft hatte, doch sie war ausgesprochen zufrieden mit sich, dass ihr ein solcher Coup

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