Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
her, der zwei Fahrzeuge vor ihm fuhr. An einem Kreisverkehr bog der links ab. Es ging weiter durch eine mit schönen Häusern bebaute Straße. Dann wurde es grün. Es folgten weite Felder, die Straße hatte sich mittlerweile auf eine Anhöhe hinaufgeschlängelt. Zeigers Hand ruhte auf dem Schalthebel. Dörfer, Felder, Weiden, eine tolle Aussicht bis zum Rhein hinüber. Zeiger erkannte das Siebengebirge. Der BMW fuhr weiter über Nebenstraßen. Sein Verfolger musste sich zurückfallen lassen. Er wollte es nicht riskieren, dass er entdeckt würde. Der BMW hielt in einem kleinen Örtchen neben einer Bushaltestelle an. Zeiger folgte dem Mann nicht, der einen schwarzen Rucksack schulterte und in einem kleinen Waldweg verschwand. Zu gefährlich dachte er. Wer weiß, wie lange er wegbleibt. Er begnügte sich, damit eine Serie von Fotos zu schießen.
*
Thorsten Flottmann war auf dem Weg nach Hause. Eine junge Polizistin hatte ihn mit ein paar lapidaren Worten fortgeschickt. Eigentlich hätte er zufrieden sein sollen. Er war wieder frei und keiner verdächtigte ihm mehr wegen Mordes. Doch er war nicht zufrieden. Er würde in ein Zuhause kommen, was nicht mehr sein Zuhause war. Alles hatten sie ihm genommen. Die Nachbarn würden mit Fingern auf ihn zeigen. Da ist der, den die Polizei geholt hat. Was hat der wohl auf dem Kerbholz? So trieb er träge durch die Vorstadtgassen. Er hatte nichts getan, das hatte er ihnen ja gesagt. Und sie hatten ihm geglaubt. Vielleicht war es ja Zylau gewesen, der Lohse umgebracht hatte. Er hatte Zylau verpfiffen. Aber das war auch nicht seine Schuld gewesen. Dazu hatte ihn dieser Bulle gebracht. Er war ihm in die Falle getappt. Dieser Mistkerl. Gerade war er im Begriff in seine Straße einzubiegen. Schließlich war er dort doch angekommen. Er war müde und wollte sich hinlegen. Und weiter über sein Leben nachdenken. So konnte es nicht mehr weiter gehen. Weder der schwarze BMW noch der unauffällige, silberne Golf fielen ihm auf. Auch nicht die beiden Fahrer, die betont dezent in ihren Fahrzeugen saßen.
Flottmann öffnete die Haustüre, lauschte hinein, schaltete nicht das Licht an, wollte unerkannt in seine Wohnung schlüpfen. Er hielt einen Moment inne, tastete die Stufen hinauf. Die kleinen, dreckigen Flurfenster ließen kaum Licht von draußen herein. Er tastete nach seinem Schloss, steckte den Schlüssel hinein. In dem Moment, als er die Türe geöffnet hatte, hörte er ein Geräusch hinter sich. Die Nackenhaare sträubten sich. Zu Recht. Mit einem lauten Krach knallte er auf dem Fußboden auf. Ein gewaltiger Hieb von hinten hatte ihn niedergetreckt. Jemand packte ihn, schleppte ihn zur Seite, machte blitzschnell die Türe zu und war direkt wieder neben ihm.
„Wenn Du schreist, knall ich dir noch eine“, drohte die Stimme über ihm. Flottmann zitterte und verstand mit einem Mal. „Zylau?“
„Ja, Zylau. Mich hast du nicht erwartet, hmh?“ Die Stimme klang sehr verärgert.
„Du hättest auch klingeln können. Was soll das? Was tust du hier?“ Flottmann versuchte sich aufzurappeln, doch der Angreifer presste ihm immer noch sein Knie auf den Rücken.
„Hast Du mir die Bullen auf den Hals geschickt? Gib‘s zu, das warst du.“ Er zischte die Worte dem auf dem Boden liegenden ins Ohr.
„Nein“, log der, „Warum sollte ich das getan haben?“
„Das will ich dir sagen. Sie haben dich hoppgenommen und jetzt bist du wieder daheim. Und vor zwei Stunden stehen alle Bullen Kölns bei mir vor der Türe und ich kann nur durchs Fenster abmachen. Ja, da zähle ich eins und eins zusammen, weißt du?“ Er packte Flottmann bei den Haaren und zerrte ihn hoch. Der schrie auf.
„Ich habe denen nix gesagt, ich schwöre“, quietschte Flottmann.
„Du dreckiger Lügner. Wer soll es dann sonst getan haben?“
„Weiß ich doch nicht. Geh jetzt von mir herunter. Es tut mir weh. Lass mich los.“ Er wand sich plötzlich wie eine Robbe auf dem Land und der Mann auf seinem Rücken kam für einen Moment ins Straucheln. Flottmann konnte sich befreien. Zylau fiel zur Seite und knallte mit dem Kopf gegen die Kante der Kommode, aus der die Polizisten die Bücher mit den verdächtigen Bildern genommen hatten.
Flottmann rappelte sich auf. Zylau schien noch benommen. Um die Situation für sich besser zu gestalten, knipste er hektisch das Licht in der Küche an und fingerte ein Messer aus der Schublade. Damit bewaffnet setzte er sich auf den Küchenstuhl, auf dem er auch schon am Morgen gesessen
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