Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
drängte ich.
»Er verwandelte sich in ein Küken und ich spürte etwas, was ich schon länger nicht mehr gespürt hatte. Eine Verwandlung.«
»Der weiße Rabe«, flüsterte ich leise vor mich hin.
»Ich … ich weiß nur noch, dass ich schnell geschaltet habe, als ich sah, dass ich Flügel hatte. Ich schnappte mir den Kleinen und bin zum Fenster raus, doch dann übermannte mich die Panik und ich machte auf dem Dach halt«, er sah mich an und nickte, »dort haben wir dann dich getroffen.«
»Dann seid ihr hierher geflogen?«, vervollständigte Evas Vater die Geschichte fragend und ich nickte. »Okay, vielen Dank ihr zwei.« Er nahm das Handy an sein Ohr, küsste seine Frau und seine Tochter und verschwand durch die Tür. Draußen hörte ich Polizeisirenen heulen.
»Immer noch nichts?«, wollte David wissen, der mir in einen viel zu kurzen Pyjama von Evas Vater gequetscht gegenüber auf dem Sofa saß. Im Hintergrund sah man Luftaufnahmen von unserem Zuhause im Fernsehen laufen. Ich rieb mir die Stirn. Mittlerweile hatte ich schon Kopfschmerzen von den Versuchen, Elias zu erreichen und Anastasija hatte ihr Handy ausgeschaltet. Eva saß neben mir und weinte leise. Daniel war bisher nicht aufgetaucht, also vermuteten wir, dass er ebenfalls im Haus gefangen gehalten wurde. David hob den Hörer des Telefons und versuchte das fünfte Krankenhaus anzurufen, in der Hoffnung, dass Elias Hallow dort abgeliefert hatte.
»Verdammt«, schimpfte er, nachdem er auch dort erfolglos geblieben war, »wir müssen Elias erreichen.«
»Da stimme ich dir voll und ganz zu«, erklärte ich und schloss erneut die Augen. Es brannte, weil ich sie bereits feuerrot geweint hatte. David wählte währenddessen die nächste Nummer. Ich konzentrierte mich.
Elias? Elias, hörst du mich?
David legte wütend auf und fluchte, womit er mich aus der Fassung brachte.
»Nichts«, jammerte ich und fühlte mich, als würde mich etwas von innen auffressen. Ich lehnte mich an Eva und sie kuschelte sich mir entgegen. Während David an die Decke starrte, blieben wir drei totenstill. Machtlos und wie gelähmt blieb uns nichts, als zu warten. Erst als es an der Haustür klingelte, sprangen wir auf. Eva eilte zur Tür und auch ich verfolgte sie und spähte gespannt herüber. Es war zwar keins der erhofften Gesichter, aber ich freute mich dennoch Aisha zu sehen.
»Ich bin sofort gekommen, nachdem ich Evas SMS gelesen hatte«, sagte sie und stürmte an Eva vorbei, um mich zu umarmen. »Es tut mir so leid, ich war am Lernen und hatte Radio, Fernseher und auch das Handy aus.«
»Schon gut«, beruhigte ich sie. »Hauptsache, du bist jetzt da.« Wir nahmen sie mit ins Wohnzimmer, wo sie dann auch Eva und David begrüßte. Evas Mama saß mit einer Nachbarin bei Kaffee und Gebäck in der Küche. Die Frau eines Polizisten zu sein, war sicherlich nicht immer einfach und sie schien sich große Sorgen um ihren Mann zu machen. Aisha pellte sich aus ihrem Mantel und nahm Calimero auf den Arm. Wir brachten sie auf den neusten Stand und sie seufzte, als sie schließlich alles wusste. Mein Sohn nuckelte freudig an ihrem Finger und lächelte hin und wieder. Aus irgendeinem Grund beobachtete ich Calimero ganz genau. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er es merken würde, wenn sein Vater in Lebensgefahr war. Hoffentlich war das kein Wunschdenken.
»Hat Hallow nicht mal gesagt, dass sie es merkt, wenn du Magie anwendest?«, grübelte David und sah mich fragend an.
»Ja, schon.« Ich zuckte mit den Schultern. »Aber sie war ziemlich schwer verletzt, David. Ich glaube kaum …«
»Versuch es!«, unterbrach er mich. »Bitte, Miriam.«
»Na gut«, gab ich mich geschlagen und setzte mich auf. Viel konnte ich nicht, nur ein paar Lichttricks. Ich visualisierte einen Kreis und zeichnete ihn mit hellgelbem Licht in die Luft. Dann ein Herz und schließlich malte ich nach dem Kinderreim das Haus vom Nikolaus. Aber es geschah nichts. Hallow ergriff nicht die Macht über mich und David ließ die Schulter hängen.
»Ist gut, Miriam. Hör auf«, seufzte er und vergrub sein Gesicht in den Händen.
»Tut mir leid«, sagte ich und beobachtete, wie Eva und Aisha gespannt meine Lichtbilder ansahen, die langsam verblassten. »Ich war schon immer dafür, dass Elias ein Halsband mit Glöckchen und Peilsender darin tragen soll«, versuchte ich verzweifelt zu scherzen und weinte eine stille Träne.
»Peilsender!«, rief David laut. »Hat er sein Handy dabei?« Oh mein Gott, wir waren so auf
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