Oneiros: Tödlicher Fluch
anbrachen und die Preise in die Höhe jagten. Auch von Direktverträgen und Minenbeteiligungen war die Rede. Ebenso unterhielten ausländische Rohsteinhändler Büros in der Stadt.
Den Grund, warum ein französisch-marokkanischer Antiquitätenhändler beständige Kontakte zu SH im Büro der Edelstein- und Diamantbörse pflegte, fand er hoffentlich in wenigen Stunden heraus.
Konstantin klopfte im Gehen gegen die Tasche, wo er den Gevatterring trug. Vielleicht könnte er in Idar-Oberstein auch diesem Rätsel zu Leibe rücken.
Er dachte an den Preis, den er eigentlich für den Ring hatte zahlen sollen. Dabei kam ihm eine Idee.
Die Kosten des Wagens werde ich mir sparen.
Bevor er den Tresen mit der nett lächelnden Frau vom Verleih erreichte, zog er sein Handy aus der Tasche und rief Jester an. »Ich bin’s«, sagte er.
»Ah, das freut mich«, antwortete sein Freund enthusiastisch. »Außerordentlich sogar. Glänzend! Wo steckst du?«
»In Frankfurt. Treffen wir uns morgen hier? Es gibt einiges zu erzählen.«
»Sicher, alter Knabe.« Jester nannte Konstantin ein Hotel und eine Uhrzeit.
»Alles klar. Ich brauche übrigens einen Leihwagen für meine Suche nach Arctander. Geht das auf Kosten des MI 6 , Mister Bond?«
Jester lachte. »Ich überweise dir zehntausend Pfund auf dein Konto. Das sollte vorerst reichen, um anfallende Ausgaben zu decken. Alles Weitere morgen. Ich bin gespannt, ob du etwas herausgefunden hast, was wir noch nicht wissen.«
»Das darfst du sein.«
Ob es dir gefällt, weiß ich allerdings nicht.
Konstantin legte auf und trat an den Tresen, wo die Dame in Uniform nach wie vor ihr angenehmes Lächeln zeigte, als würde sie ihn ins Bett kriegen oder ihm einen superteuren Porsche Cayenne oder einen BMW X 6 andrehen wollen.
Konstantins Wahl fiel auf ein genügsameres Modell.
•••
Am frühen Nachmittag erreichte er Idar-Oberstein.
Es passte zu einer Diamanten- und Edelsteinstadt, dass sie in einen Talkessel und in die Berghänge gebaut worden war. So führte auch die Zufahrtsstraße durch einen langen Tunnel, bevor sie den Blick auf das Tal freigab. Über der Altstadt thronte die Felsenkirche, ein klassischer und schlichter Sakralbau, der wirkte, als wäre er mit der Bergwand verwachsen.
Das Navigationsgerät des Audi A 1 führte Konstantin sicher durch die Straßen, auf das Börsengebäude zu.
Normalerweise hätte er sich vor der Reise tiefgründiger über die Stadt und die Börse informiert, die es sicherlich seit dem Mittelalter gab, und etwas über die Historie des Edelstein- und Diamanthandels in Erfahrung gebracht. Aber da er beim Autofahren nicht im Internet surfen konnte – und nicht hatte warten wollen –, besaß er kaum Vorkenntnisse. Die Aussicht, dass Idar-Oberstein mit Schmuck handelte und er hier vielleicht auch etwas über seinen Schnitterring oder Gevattersteine im Allgemeinen erfahren könnte, beflügelte seine Hoffnungen.
Er näherte sich der Börse, einem Hochhaus, das nicht sonderlich hübsch anzuschauen war. Ein mehrgeschossiger grauer Bau aus den Siebzigern oder später, schätzte er.
Er parkte ein Stück abseits, stieg aus und holte einen Umschlag unter dem Fahrersitz hervor, in den er ein kleines Etui mit dem Schnitterring gelegt hatte. Er würde ganz offiziell als Bote des Händlers auftauchen. So spielte es keine Rolle, ob SH schon von Boulers Tod wusste.
Ich kann schon vor seinem Ableben auf den Weg geschickt worden sein.
Zügig ging er auf das Hochhaus zu, den gefütterten Umschlag unter den Arm geklemmt und eine Sonnenbrille auf der Nase. Im Anzug wirkte er seriös und sogar ein bisschen gefährlich.
Wie in den alten Zeiten.
Konstantin marschierte durch die automatischen Türen und gelangte in eine Schleuse mit jeder Menge Überwachungskameras an der Decke.
Er ging zum Pförtner, der hinter einer sehr dicken Panzerscheibe saß. Gespräche waren nur mit Mikrofon und Lautsprecher möglich. Ein zweiter bewaffneter Kollege in kugelsicherer Weste leistete ihm Gesellschaft. »Guten Tag«, sagte Konstantin mit französischem Akzent. »Mein Name ist Mané. Ich bin privater Sicherheitskurier im Auftrag von Monsieur Bouler, und ich habe eine Lieferung für SH .« Er nannte die Durchwahl, die er im Handy des Toten gefunden hatte.
Der schlanke Pförtner blinzelte. »Wie bitte?«
»Ich sagte, ich bin privater Sicherheitskurier, mein Name ist Mané, und ich habe eine Lieferung für jemanden mit den Initialen SH und der Durchwahl 246 «, wiederholte er
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