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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Oberarm.
    Kristin schüttelte ihn ab. »Es geht schon. Fangen Sie gleich hier an.«
    Benommen und mit pochenden Kopfschmerzen stieg sie die Treppe hinab und warf sich dabei zwei ihrer aufputschenden Pillen ein. Sie übersah beinahe die Leiche von Doktor Willers. Sie lag mit weit geöffneten Augen auf dem Absatz des siebten Stocks, eine Hand am Hals, die andere in die linke Brust gekrallt, als hätte sie versucht, den Tod aus ihrem Herzen zu reißen.
    »Scheiße«, murmelte Kristin deprimiert. Das übertraf den Verlust von Patient 22 um ein Vielfaches. Sie musste dringend mit Smyrnikov sprechen und das weitere Vorgehen diskutieren. So etwas durfte sich keinesfalls wiederholen. Mit Geld konnte man vieles kaufen, nicht zuletzt die kostspielige Einrichtung des Instituts, aber eine Koryphäe wie Willers ließ sich mit nichts ersetzen.
    Die Ausfallrate in ihrem Team war deutlich zu hoch.
     
    •••
     
    »Die Verantwortung für das, was geschehen ist, trägt ganz alleine Willers. 22 war ihr Patient. Sie hat mir versichert, sie habe alles im Griff.« Smyrnikov saß zusammen mit Kristin in einem hochmodern eingerichteten Besprechungsraum im Keller und wies zum wiederholten Mal alle Schuld von sich.
    »Das ist mir egal. Es hätte nicht geschehen dürfen.« Sie hob das Patientenprotokoll von 22 in die Höhe, wo die elektrischen und elektronischen Geräte minutiös den Verlauf der Katastrophe festgehalten hatten. »Erst verabreichte man ihm das falsche Medikament, so dass er in einen herkömmlichen Schlaf glitt, danach konterte man seine Gehirnwellen nicht mit dem Brainwaver.« Sie schüttelte wütend den Kopf. »Der Zwischenfall wäre leicht zu verhindern gewesen.«
    »Nicht meine Abteilung.« Der Professor zeigte sich unbeeindruckt.
    »Geben Sie hier nicht den Besserwisser«, fauchte Kristin ihn an. Sie legte die Füße hoch und sah zur Wand, massierte die Nasenwurzel, um die Schmerzen dahinter zu vertreiben. Die Übelkeit war Erschöpfung gewichen. Sie hatte bereits Amphetamine genommen, doch die Wirkung des Aufputschmittels ließ zu wünschen übrig. Wenigstens das lästige Stottern kehrte nicht zurück. Es hätte die Wirkung ihrer Tirade um ein Vielfaches geschmälert.
    Stille kehrte in den Raum ein.
    Kristin dachte an den so aussichtsreichen Patienten 22 , der genau genommen aus zwei Hauptkomponenten bestanden hatte.
    Der Körper stammte von einem vitalen Burschen, den sie in einer russischen Garnisonsstadt im Vorbeigehen entdeckt und dessen Namen sie vergessen hatte. Betäuben, nach Minsk bringen und in die Hände von Doktor Willers legen, das war der übliche Ablauf für einen Körperspender. Den Träger. Das Ärzteteam prüfte ihn auf Herz und Nieren und bereitete ihn für die Transplantation vor.
    Nach dem Russen hatte sich Kristin Mister Georg Dickens geschnappt, einen Amerikaner, der zu den
Deathsleeper
s gehörte und den Ruf hatte, ein sehr mächtiger Todesschläfer zu sein. Seine Entführung verlief ähnlich wie beim Träger, nur mit mehr Vorsichtsmaßnahmen: tiefste komagleiche Sedierung, damit er auf keinen Fall schlief und den Gevatter anlockte.
    Bei ihren Versuchen mit Todesschläfern verfolgte Kristin verschiedene Methoden, um ans Ziel zu gelangen – einmal die Komplettverpflanzung des Kopfes, die recht unästhetisch, aber einfacher zu bewerkstelligen war als Methode zwei: das Transplantieren des Hirns in einen anderen Träger.
    Smyrnikov, Willers und die Teams prüften bei beiden Verfahren, wo die größten Probleme lagen und wie sich die Risiken minimieren ließen.
    Das Ziel war natürlich, eine gefahrlose Anwendung von Methode zwei zu entwickeln, damit der Eingriff so einfach wurde wie das Entfernen eines Blinddarms. Aussichtsreicher war es allerdings, Methode eins zu vervollkommnen und sie als Brückentechnologie zu nutzen. Bis zum Tag X.
    Dickens zählte zu denen, bei denen sie das Zerebrum versetzten. Kristin hatte dabei zugesehen, wie das Hirn von Dickens in den Schädel des Russen transferiert wurde. Patient  22 war geboren. Es lief alles bestens, vom ersten Schnitt, vom Kappen der Venen bis hin zum Anschließen im Kopf des Trägers. Und das bei einem Eingriff, den die meisten Ärzte als unmöglich abtun würden.
    Danach hatten sie Patient 22 im künstlichen Koma gehalten, um dem Restleib unter gezielter Zugabe von Stammzellen Zeit zur Heilung zu geben. Und sich natürlich an das neue Hirn zu gewöhnen. Dickens schien sich im Russen wohl gefühlt zu haben, es gab keine Probleme mit Infektionen.

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