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Onkel Horatios 1000 Sünden

Onkel Horatios 1000 Sünden

Titel: Onkel Horatios 1000 Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Gefühl, daß nach zwei Tagen Seereise die Zeit gekommen sei, diesen schrecklichen Kerl ein wenig in die Schranken zu weisen - « ging ich an Deck, um ein paar Worte mit Miss Fitzhammond zu wechseln.»
    «Was! Sie haben noch die nackte Unverfrorenheit zuzugeben, daß Sie im Begriff waren, sie zu belästigen -»
    «Ich wollte sie nicht belästigen», schnitt George ihm ungeduldig das Wort ab. «Zufällig bin ich mit Miss Fitzhammond befreundet.»
    «Allmächtiger!» Der Kapitän schnappte nach Luft. «Hören Sie zu, Churchyard! In meinen vierzig Jahren zur See habe ich gelernt, vieles zu erdulden. Insubordination, Disziplinlosigkeit, Lügen, Diebstahl und Betrug - diese Dinge sind mir so unzählige Male untergekommen, daß ich bereit bin, sie in geringfügigen Fällen zu übersehen. Aber eines lasse ich mir unter keinen Umständen bieten: ich lasse mich nicht für dumm verkaufen, verstanden? Wenn Sie sich eine glaubhafte Lüge ausdenken wollen, ist das Ihre Angelegenheit. Aber mir einreden zu wollen, daß ein arbeitsloser, verkommener, drittklassiger Schmierenkomödiant aus den Gossen
    Londons mit der Tochter des Reeders befreundet sein soll, ist eine schamlose Anzweiflung meiner Fähigkeiten als Kommandant dieses Schiffes. Wenn auch», gestand der Kapitän ihm zu, «Ihr normales Denken durch Ihre Rauschgiftsucht beträchtlich gelitten hat. Huffkins!»
    «Sir?»
    «Schaffen Sie diesen Kerl in seine Kabine. Ich wünsche Sie für den Rest der Fahrt nie mehr bei einem Gespräch mit einem der Passagiere zu ertappen, Churchyard! Verstanden? Verdammt noch mal!»
    «Ich muß heute abend sogar zu allen sprechen», gab George mürrisch zurück. «Es ist meine erste Vorstellung.»
    «Die ist ein Teil Ihrer offiziellen Pflicht. Und jetzt hauen Sie ab.»
    Abigail, die in ihrem Stuhl zusammengerollt lag, wußte bereits von der Anwesenheit George Churchyards auf dem Schiff. Dieser George Churchyard war doch der beste Freund eines Oxforder Studenten gewesen, zu dem sie seinerzeit eine blutlose und kindliche Beziehung unterhalten hatte; ein Oxford-Student, der zu einem Schatten verblich im Vergleich mit Mervyn Spode, dem Mann, der für sie Gedichte geschrieben und ihr versichert hatte, daß sie sein nur noch an einem Faden hängendes Leben gerettet hatte, und der seit ihrer Abfahrt unablässig achtzehn Stunden täglich an ihren Haaren kaute. Es ist eine bekannte Tatsache, daß das Meer, die Sterne und die. schimmernden Wellen die besten Voraussetzungen sind, um die Liebe wie einen künstlich hochgezüchteten Rhabarber aufschießen zu lassen. Das vollzieht sich auf jeder Seereise. Außerdem glaube ich, daß die Passagiere sich einfach eine Beschäftigung zwischen den vielen Mahlzeiten suchen müssen. Davon, daß Abigails Stimmung wie ein wohlgelandeter Tennisball mit aller Kraft hochschnellte, ganz zu schweigen.
    Sooft Mervyn Spode sich ihr mit leisen Schritten näherte, flatterte Abigails Herz jetzt wie ein Schmetterling im Netz. Von Teddy wußte sie bloß noch, daß er in ihrem ganzen Leben nicht einmal einen Mundvoll ihres Haares gekostet hatte. Und dabei hatte das Schiff noch nicht einmal Gibraltar erreicht...
    Am gleichen Abend saß Abigail Hand in Hand mit Mervyn in den hinteren Reihen des Ballsaals der ersten Klasse, während George auf die Bühne trat, um seine Eröffnungsvorstellung auf hoher See zu geben. Er war dadurch wieder etwas ausgesöhnter mit seinem Los. Er hatte ein Klavier und die richtigen Scheinwerfer zur Verfügung. Er trug seinen Frack. Er hatte sein Publikum. Und jeder Schauspieler, der lange auf ein Publikum verzichten muß, kommt sich vor wie jemand, der versucht, mit sich selbst Tennis zu spielen.
    «Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren», begann George und schlug ein paar Akkorde an. Es freute ihn, daß der Ballsaal ziemlich gut besetzt war, da kein Bingo stattfand und ein Teil der Mannschaft dienstfrei hatte und sich im Hintergrund drängte. «Ich möchte Ihnen gern eine kleine Geschichte erzählen», fuhr George fort. «Eine Geschichte von einem Indianerhäuptling. Es war ein sehr reicher und sehr zivilisierter Häuptling, und er hatte drei Squaws -»
    «Heiliges Kanonenrohr, hat der verdammte Kerl richtig schon angefangen», ertönte der Baß des Kapitäns vor den Sitzreihen.
    «Ich habe dem Deckmaat gesagt, er soll nicht vor deinem Eintreffen beginnen lassen, Alfred», erwiderte der sanftäugige Stabsoffizier, der Kapitän Kettlehorn über die Füße aller Zuschauer hinweg zu ihren

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