Onkel Robinson
Mai etwa ein Dutzend den Pfeilen der Jungen zum Opfer fiel. Es waren Löffelfüchse, eine Art langohriger Hunde mit graugelblichem Fell, etwas größer als gewöhnliche Füchse. Durch die Begegnung mit ihnen wurde der Pelzvorrat gehörig aufgestockt. Mrs. Clifton war zufrieden, der Onkel sogar begeistert. Er schien auf dieser Welt keinen Wunsch mehr zu haben. Wenn Clifton ihn jedoch fragte, ob ihm etwas fehle, antwortete er: »Ja.« Um was es sich dabei handele, verriet er aber nicht.
Endlich waren diese Arbeiten erledigt. Mr. Cliftons Hauptanliegen war es, das Land zu erkunden, um endlich herauszubekommen, ob das Schicksal ihn auf eine Insel oder auf ein Stück Festland verschlagen hatte. So wurde schließlich beschlossen, daß am 31. Mai eine Expedition ins Landesinnere stattfinden solle, auf der sowohl die Gestalt des Landes als auch seine natürlichen Reichtümer erforscht würden. Da hatte Onkel Robinson einen ausgezeichneten Einfall.
»Wir wollen doch«, sagte er, »ins Landesinnere. Nun, warum sollten wir da nicht den Wasserlauf ausnützen, den die Natur uns zur Verfügung gestellt hat? Fahren wir mit dem Boot den Fluß hinauf, solange er schiffbar ist, und steigen wir dann aus. So steht das Boot wenigstens schon zur Rückfahrt bereit.«
Dieser Plan wurde angenommen. Es blieb noch eine wichtige Frage zu entscheiden: Wer sollte an der Expedition teilnehmen? Alleine wollte Mr. Clifton seine Frau nur ungern in der Grotte zurücklassen, obwohl die tapfere Frau bereit gewesen wäre, eine oder zwei Nächte nur mit ihrer kleinen Tochter dort zu verbringen. Da erbot Marc sich großzügig, bei seiner Mutter zu bleiben, da er einsah, daß damit alle Schwierigkeiten beseitigt wären. Es war ihm jedoch anzumerken, wie schwer ihm dieses Opfer fiel.
»Ja, warum soll denn nicht die ganze Familie mitkommen?« sagte da Onkel Robinson. »Jetzt fangen bereits die schönen Junitage an, und die Nächte sind schon sehr kurz. Was macht es da aus, wenn man einmal im Wald übernachtet? Rein gar nichts! Ich schlage deshalb vor, daß alle mitkommen. Wenn wir durch nichts mehr aufgehalten werden, können wir am Montag morgen aufbrechen und am Dienstag abend wieder zurück sein. Und da wir einen großen Teil der Strecke mit dem Boot zurücklegen, wird die Reise auch nicht allzu beschwerlich.«
Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß dieser Vorschlag von groß und klein begeistert aufgenommen wurde. Sogleich begannen sie mit den Reisevorbereitungen. Ein Vorrat an gebratenem Fleisch, hartgekochten Eiern, gegrilltem Fisch und Obst wurde für die große Expedition zusammengestellt. Zu Angriff und Verteidigung sollten vom Onkel neu angefertigte Pfeile, im Feuer gehärtete Stöcke und Cliftons Axt dienen. Für das Feuer wurde auf folgende Weise gesorgt: Das Stück Zunder wurde halbiert und der eine Teil sorgsam in der Grotte verwahrt, damit bei der Rückkehr die Feuerstelle wieder angemacht werden konnte; die andere Hälfte wurde auf die Reise mitgenommen. Selbstverständlich gehörte es zu den vorrangigen Zielen der Unternehmung, eine Substanz zu finden, die den Zunder ersetzen konnte.
Der Tag vor dem Aufbruch, es war ein Sonntag, wurde der Ruhe und dem Gebet gewidmet. Mr. und Mrs. Clifton belehrten ihre Kinder ein wenig über sittliches Verhalten, und Onkel Robinson verschonte sie nicht mit den Prinzipien, die er aus seiner Naturphilosophie ableitete. Am nächsten Tag, dem 31. Mai, erhob sich die Familie bei Sonnenaufgang. Es versprach ein herrlicher Tag zu werden. Das Boot war bereit; ausgerüstet hatte der Onkel es mit dem Segel, um günstige Winde ausnützen zu können, mit zwei Rudern, um auch bei Gegenwind vorankommen, und mit einem langen Seil aus Kokosfasern, mit dem es am Ufer entlanggezogen werden konnte.
Das Boot wurde ins Meer geschoben. Um sechs Uhr morgens nahm jeder den ihm zukommenden Platz ein: Marc und Robert vorne, Jack und Belle bei ihrer Mutter in der Mitte, der Onkel und Clifton hinten. Der Onkel hielt das Steuer, Clifton die Schot.
Der Wind kam von See her. Die Meeresoberfläche war leicht gekräuselt. Jauchzende Tierlaute erfüllten die Luft. Das Segel wurde gesetzt, und das Boot fuhr langsam durch den Kanal zwischen der kleinen Insel und der Küste. Das Meer begann zu steigen, und das war ein günstiger Umstand, denn mehrere Stunden lang würde das Boot so von der Flut auf den Oberlauf des Flusses zugetrieben werden.
Mit Hilfe von Wind und Flut erreichte das Boot in kürzester Zeit die Nordspitze der Insel, die
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