Onkel Schwein (German Edition)
harkte dann weiter. Er hatte wohl den Sicherheitscheck bestanden und wurde als ungefährlich eingestuft, dachte Teever. Er erläuterte sein Anliegen. Nein, er wäre weder von der Polizei und schon gar nicht von der Presse. Er würde trotzdem gern etwas über ihren Nachbarn erfahren. Sie beäugte ihn so, wie er es immer mit den Zeugen Jehovas in seinem Eingang tat, ehe er ihnen die Tür vor der Nase zuwarf. Doch hier gab es keine Tür. Und mit der Harke würde sie schon nicht zuschlagen. Trotzdem hielt Teever etwas Abstand. Alte Frauen waren manchmal etwas wunderlich.
In früheren Zeiten hätte sie ihn ins Haus gebeten. Er wäre aus seinen Schuhen geschlüpft und an den Küchentisch gebeten worden. Sie hätte eine Kanne Kaffee vom gemütlichen Feuer genommen und dann getrunken und geredet. Und wenn er viel Glück gehabthätte, dann wäre auch noch ein Stück Kuchen vom Sonntag übrig gewesen.
Jetzt stand er gegen die Tür seines Landrovers gelehnt und fror, während sich die Frau an der Harke festhielt.
„Der arme Mann“, bemerkte sie, doch ihr Gesicht sprach das Gegenteil. Und richtig ergänzte sie: „So einen Abgang hatte selbst der nicht verdient.“ Das „der“ kam ausgespukt und Teever meint, ein paar Tropfen Speichel zu Boden fliegen zu sehen.
Er fragte nach.
„Ich will ja nicht schlecht über einen Toten reden“, widersprach sie sich selbst und fügte hinzu: „Der Waldén, das war ein übler Mensch. Der hat meinen Calle betrogen.“
Ihr Calle, so erklärte sie weiter, wäre ihr Sohn und der Besitzer dieses Anwesens hier. Sie sagte tatsächlich „Anwesen“ und Teever blickte sich um. Er hätte das Wohnhaus mit den zwei Schuppen eher als runtergewirtschaftet bezeichnet und konnte herrschaftliche Züge nur noch sehr schwer erkennen. Der letzte Anstrich lag bestimmt Jahre zurück und einige Fenster schienen zerbrochen zu sein. Wenn er das durch die Dreckschicht richtig sah.
„Der Waldén hat meinen Calle über den Tisch gezogen. Hat ihm Land für ’n Appel und ’n Ei abgeschwatzt, obwohl er wusste, dass es bald Bauland wird. Erst hat er getan, als wären sie beste Freunde und dann…“
Teever nickte innerlich. Mit enttäuschten Freundschaften kannte er sich aus.
Statt einer Fortsetzung zeigte sie mit der Hand am Haus vorbei.
„Da, hinter dem Hügel, da fangen sie an zu bauen. Der feine Nachbar kannte jemanden vom Amt, der hat ihm den Tipp gegeben, schon ist er um meinen Calle herumgetänzelt wie ein frisch Verliebter um die Braut. Bis mein Calle unterschrieben hat.“
Teever musste schmunzeln, als er sich das bildlich vorstellte. Die Alte verstand das falsch.
„Was ist daran komisch“, fragte sie zornig.
„Nichts“, antwortete er, „Entschuldigung.“
Sie begann wieder, den Hof zu harken.
„Schön haben sie es hier“, log Teever, um das Eis erneut zu brechen.
Doch die Frau war nicht dumm.
„Hier sieht es aus wie auf einem Müllplatz“, sagte sie und zeigte mit dem Harkenstiel auf das Auto, „doch mein Calle hat so viel zu tun. Und mit dem Kind steht er nun auch noch allein da.“
Sie verstummte. Im Haus klingelte ein Telefon. Sie ignorierte es.
„Schaffe ich sowieso nicht“, sagte sie und zeigte auf ihr Bein. Rheuma. Bewegung an der frischen Luft wäre gut, hatte der Arzt gesagt.“
„Wo ist denn ihr Sohn?“ fragte Teever, „kommt er heute Abend? Ich würde ihn gern sprechen.“
„Mein Calle ist auf Montage in Dubai“, antwortet sie stolz, „ich passe auf das Kind auf. Normalerweise wohne ich in Ljungby.“
Teever fragte sich, ob ihr Sohn einen Doppelnamen hatte. Mein-Calle Berg. Dafür schien ihr Enkelkind gar keinen Namen zu haben.
„Seit wann?“ fragte er.
„Sind sie doch von der Polente?“
Diesen Ausdruck für die Polizei hatte Teever schon ewig nicht mehr gehört. Heute sagte man Bullen. Auf den Kopf gefallen war die Alte nicht.
„Nein, es hat etwas mit der Versicherung zu tun“, log er. Das war nicht ganz ungefährlich, denn auf dem Land wurden Versicherungsvertreter gelegentlich vom Hund verabschiedet.
„Wir haben kein Geld für eine Versicherung“, akzeptierte sie jedoch seine Lüge und griff nach einer rostigen Schaufel, um einen der Haufen aus halbverrotteten Blättern und Steinen aufzunehmen. Sie zitterte und das meiste fiel daneben.
Eigentlich hätte Teever helfen müssen, doch er hatte keine Lust.
„Mein Calle ist seit drei Wochen auf Montage“, sagte sie und setzte die Schaufel erneut an.
Kein Alibi, dachte Teever.
„Sie kennen
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