Operation Beirut
die hitzköpfigeren unter den Palästinensern unter Kontrolle zu haben. Die Organisation hatte sich jedoch durch die Revolutions- und Guerillakriegsethik der Fatah verändert. Sie war, wie Hoffman sagte, zur «geladenen Kanone» geworden.
Bisher seien die Guerillaaktionen der PLO vollkommen lächerlich gewesen. Die täglichen Mitteilungen der Fatah waren Werke arabischer Dichtkunst, die mit Phantasieschlachten und nichtexistenten Angriffen gegen die Israelis prahlten. Aber die arabischen Zeitungen druckten diese Kommuniqués, und die Schlagzeilen verstärkten die mystische Aura der Guerillakämpfer. «Fatah-Truppen löschen israelische Patrouille aus», « PLO -Kommandos zerstören motorisierte Einheit der Israelis im Jordantal», «Kommandos schießen israelischen Jet ab, greifen mehrere Siedlungen an». Die Propagandisten der Fatah logen schamlos. Einige Tage zuvor, so merkte der Stationschef an, hatten sie die Verantwortung für den Tod eines israelischen Obersten übernommen, indem sie behaupteten, er sei von einer Landmine der Fatah getötet worden, während er in Wirklichkeit bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Das Problem, so schloss Hoffman, war, dass die Führung der PLO sich keineswegs von ihrer eigenen Rhetorik ins Bockshorn jagen ließ. Man wusste dort, dass ein Guerillakrieg gegen die Israelis auf lange Sicht aussichtslos war, und so sah man sich nach anderen Waffen um. Die einzige, die von ihrem Standpunkt aus wirksam schien, war der Terrorismus.
Als Anhang zu diesem Telegramm legte der Stationschef den Text eines vor kurzem veröffentlichten Kommuniqués der radikalen Palästinensischen Volksbefreiungsfront bei, das den Titel trug: «Letzte Warnung an die Welt, sich von Israel fernzuhalten». Das Dokument enthielt eine nicht gerade subtile Drohung, Flugzeuge zu entführen. «Reisen Sie nicht nach Israel! Bleiben Sie neutral! Gehen Sie auf Nummer sicher! Halten Sie sich fern!» – das waren die Worte.
«Der Stellvertretende Direktor der Planungsabteilung meint, er versteht nicht, was er eigentlich genehmigen soll», sagte Hoffman, als er die Antwort auf sein Kabel las. «Normalerweise würde ich ihm sagen, er soll mich am Arsch lecken, aber in diesem Fall ist was dran an dem, was er sagt.
Um ehrlich zu sein, ich bin mir selber nicht ganz sicher, ob ich weiß, was er da genehmigen soll, und ich habe das verdammte Kabel schließlich selber abgeschickt! Haben Sie also etwas Geduld, wenn ich Ihnen ein paar dumme Fragen stelle.»
Rogers nickte.
«Handelt es sich hier um die Anwerbung eines Agenten?»
«Nein», sagte Rogers. «Noch nicht.»
«Worum handelt es sich dann?»
«Unsere Quelle nennt es eine ‹Liaison›.»
«Ach ja? Na, das ist jedenfalls schon mal Bockmist, und Sie können ihm ausrichten, dass ich das gesagt habe. Und in der Zwischenzeit, was sollen wir Langley sagen, was wir hier draußen machen?»
Rogers überlegte einen Augenblick.
«Sagen Sie ihnen», sagte Rogers, «dass wir in der Entwicklungsphase von etwas stecken, von dem wir hoffen, dass es eine Infiltration der Führungsspitze der Fatah wird. Zum jetzigen Zeitpunkt verwenden wir einen libanesischen Agenten als Talentsucher.»
«Nicht schlecht», sagte Hoffman. «Hört sich fast plausibel an.» Und genau das war es, was der Stellvertretende Direktor der Planungsabteilung Anfang Dezember 1969 genehmigte.
Kapitel 8 Beirut; Dezember 1969
Es waren nur noch wenige Wochen bis Weihnachten. Die halbe Botschaft, so schien es, hatte vor, über die Feiertage Heimaturlaub zu nehmen. Die andere Hälfte schmiedete Pläne, um in Botschaftsangelegenheiten nach Paris oder London reisen zu können.
Botschafter Wigg gab in der ersten Dezemberwoche eine üppige Weihnachtsparty. Damit war man zwar ein wenig früh dran, aber die Wiggs gehörten zu den vielen, die das Land verlassen wollten, um Urlaub zu machen. Mrs.Wigg organisierte außerdem einen Sternsingerzug aus Botschaftsfrauen und deren Kindern in den ersten Dezembertagen. Aus Versehen zogen sie jedoch in einem Viertel von Haus zu Haus, in dem ausschließlich Moslems wohnten.
Einige Tage nach der Party bei den Wiggs ließ sich Jane einen Termin bei der Frau des Botschafters geben. Sie hatte eine Idee und wollte Mrs.Wiggs Segen dafür. Jane trug ihr bestes Seidenkleid, als sie sich auf den Weg zur Residenz des Botschafters machte, und versuchte nach besten Kräften, einen guten Eindruck zu machen.
Eigentlich war es ja nur ein bescheidener Vorschlag. Wäre es nicht eine
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