Operation Beirut
Konsularreferent gewesen war und in der nächsten Wirtschaftsreferent und jetzt im politischen Referat arbeitete. Oder man suchte nach Ungereimtheiten in seinem gesellschaftlichen Leben. Oder man nahm sich, für den Fall, dass man immer noch ratlos war, die Liste des Auswärtigen Dienstes vor, die vom Außenministerium in Washington an die entsprechenden Stellen gegeben wurde. Mit eiskalter Präzision listete man hier die CIA -Leute unter diplomatischer Tarnung als «Reserve»-Offiziere des Auswärtigen Dienstes auf und nannte sie « FSR s» – Foreign Service Reserves – im Gegensatz zu den ausgewachsenen « FSO s», den Foreign Service Officers.
Das war vielleicht eine Tarnung!, dachte sich Levi. Nur die Amerikaner konnten es sich leisten, derart schludrig zu sein. Sie waren reich und mächtig. Und sie waren keine Juden.
Auf dem Weg zu seinem Büro in der Rue de Phénice kam Levi an der großartigen Fassade der Amerikanischen Botschaft an der Corniche vorbei. Er hatte sich angewöhnt, zum fünften Stock hinaufzuschauen, wo die Angestellten der CIA arbeiteten, und sich vorzustellen, was sie in diesem Augenblick wohl dachten oder taten. Bei einigen von ihnen war das kein Problem. Die Führungsoffiziere, die mit den libanesischen Politikern arbeiteten, waren solche Tölpel, dass ihre Fußspuren in der ganzen Stadt zu sehen waren. Andere, wie der neue Mann, Rogers, waren vorsichtiger. Sie sahen, zumindest von weitem, so aus, als wären sie fähig genug, Mossad-Offiziere abzugeben. Genau das machte Levi Sorgen.
Die Palästinenser zu beobachten war der andere Teil von Levis Aufgabenbereich. In gewisser Hinsicht war das einfacher, als die Amerikaner im Auge zu behalten. Es war fast zu simpel. Es lagen einfach zu viele kleine Informationen in der Luft, und es gab zu viele Spuren zu verfolgen. Die Palästinenser waren Aufschneider. Anstatt zu versuchen, ihre militärischen und nachrichtendienstlichen Operationen geheim zu halten, prahlten sie mit ihnen. Und sie rauften sich darum, sie zu kontrollieren. Levi machte es sich zur Routine, die Schießereien in Fakhani zu überprüfen, weil darin oft rivalisierende Fatah-Offiziere verwickelt waren, die sich um die Kontrolle über bestimmte Einheiten oder Operationen duellierten – oder einfach um Geld. Levi verachtete die Palästinenser. Dieser Hass war ein Teil der Kräfte, die ihn vorwärtstrieben. Die Palästinenser waren so durch und durch korrupt. Und sie wurden von den anderen Arabern, die eine Heidenangst vor ihnen hatten, verwöhnt. Um reich zu werden, brauchte ein PLO -Funktionär nur eine Bande abgerissener Flüchtlinge an einem Ort wie Quatar oder Abu Dhabi zusammenzutrommeln, den dortigen Emir wissen zu lassen, dass sich da etwas zusammenbraute und auf den Eingang der Zahlungen zu warten. Es war so einfach, PLO -Funktionäre zu kaufen, dass Levi sich zuweilen fragte, ob man, anstatt Krieg zu führen, den arabisch-israelischen Konflikt nicht vielleicht besser dadurch lösen sollte, den ganzen Haufen einfach aufzukaufen.
Er beobachtete die Palästinenser mit einer angsterfüllten Faszination; und er hasste, was er sah; und sein Hass wiederum verstärkte seine Neugierde auf die Natur seiner Feinde. Ihre sexuellen Gewohnheiten faszinierten ihn. Der Alte Mann, zum Beispiel, hatte angeblich noch nie mit einer Frau geschlafen. Mit wem schlief er dann? Levi wollte glauben, dass er es mit kleinen Jungs machte. Das wäre genau das Richtige gewesen, einfach perfekt. Levi brauchte Beweismaterial, um seine Theorie zu untermauern, aber wo sollte er suchen? Er konnte schlecht nach Fakhani gehen und kleine Jungs fragen, ob sie schon einmal von einem Mann in Guerillauniform belästigt worden waren.
Und dann gab es da noch die Playboys, die jungen Männer des sogenannten Geheimdienstes der Fatah. Da war zum Beispiel Abu Namli, der seinen Whisky kistenweise kaufte, der mit fetten Packen Dollarnoten in den Hurenhäusern von Zeituny aus und ein ging und sich zwei oder drei Mädchen auf einmal kaufte. Dann war da Abu Nasir, kühl und asketisch; er benutzte Frauen für andere Aufgaben; wie etwa zum Bombenlegen.
Und dann war da noch Abu Nasirs Assistent, ein junger Mann mit einem auffälligen Lebensstil namens Jamal Ramlawi. Levi war davon überzeugt, dass Ramlawi der mysteriöse Palästinenser in dem kürzlich bekanntgewordenen Skandal um die Frau des französischen Diplomaten war. Es gab keinen Beweis, aber es gingen viele Gerüchte um. Verschiedene Agenten hatten sogar eine
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