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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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manchmal verschwanden Rally und sein Großvater in den Keller, um etwas zu holen, aber Edmund wurde nie lange allein oben gelassen. Und sicher, manchmal, wenn er die Nacht durchgeschlafen hatte, ohne einmal pinkeln zu müssen, nahm Edmund am Morgen diesen schwachen Lakritzgeruch vor der Kellertür in der Küche wahr. Aber meist verliefen Rallys Besuche ereignislos; Fernsehabende, die – nach zu reichlichem Genuss von Moonshine  – meist damit endeten, dass die beiden herumkeiften, wenn sie nur auf die richtigen Gleichungen kämen, damit die Formel aufging, wenn sie nur an die richtigen Chemikalien und die richtige Ausrüstung herankämen, damit sie die richtigen Experimente durchführen und diese Scheißkerle dazu bringen könnten, dass sie ihnen zuhörten und so weiter …
    Im Grunde jedoch interessierte sich Edmund keinen Funken für die landwirtschaftlichen Experimente seines Großvaters. Dennoch ermahnte der alte Mann seinen Enkel immer, seine Nase nicht in diese Dinge zu stecken, nicht mit seinem Zeug herumzuspielen und niemals allein in den Werkraum zu gehen, es sei denn, er befahl es ihm, und falls er ihn je dabei erwischte, wie er sein Zeug anrührte, würde er ihm den Hintern an die Schleifmaschine halten, bis er ihm eine zweite Arschspalte geritzt hatte.
    All das war in Ordnung für Edmund, der ohnehin keine Lust verspürte, allein in den Keller zu gehen. Die dunkle Enge gab ihm immer das Gefühl, als sei jemand mit ihm da unten – ein Geist, davon war Edmund überzeugt. Höchstwahrscheinlich der General.
    » C’est mieux d’oublier«, sagte er sich immer wieder vor, aber die Angst und das Gefühl, dass der General bei ihm war, vergingen trotzdem nicht.
    So war es den größten Teil seiner Kindheit, wie sich Edmund erinnerte. Aber das erste Mal, als er seinem Großvater von dem General erzählte, war, nachdem er ein zweites Mal von ihm geträumt hatte. Edmund war sechs Jahre alt.
    »Hat ein General von der Army einmal in diesem Haus gewohnt, Grandpa?«
    »Warum fragst du das, Eddie?«
    Edmund erklärte, dass Geister tote Menschen seien, die in alten Häusern festhingen, weil sie nicht in die Hölle oder den Himmel kommen konnten.
    »Hm«, sagte Claude Lambert nach diesem für ihn typischen Schweigen, das Edmund immer sehr lang vorkam. »Der General spukt also in deinen Träumen herum, was?«
    »Was meinst du damit?«
    »Na ja, weißt du, der General ist jemand, der vor mehr als hundert Jahren auf diesem Grundstück gestorben ist, in diesem Ding namens Bürgerkrieg. Hast du mal vom Bürgerkrieg gehört, Eddie?«
    »Nein.«
    »Ich erkläre es dir irgendwann, wenn du es besser verstehst. Alles, was du jetzt wissen musst, ist, dass der Bürgerkrieg dieser Krieg vor langer Zeit war, als unser Land in zwei Hälften geteilt war – eine nördliche Hälfte und eine südliche Hälfte. Dieses Grundstück gehörte damals zur südlichen Hälfte, und der General hat für die südliche Seite gekämpft und wurde in dieser großen Schlacht in der Nähe sehr schwer verwundet. Man hat ihn hierhergebracht, um ihn wieder gesund zu pflegen, aber es gelang nicht, und der General starb schließlich.«
    »Wirklich wahr, Großvater?«
    »Wirklich wahr, Eddie. Damals stand ein anderes Haus auf diesem Grundstück, das niederbrannte. Aber der General ist genau an der Stelle gestorben, wo wir jetzt sitzen.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    »Dann ist der General also ein Geist?«
    »Ich fürchte ja, Eddie.«
    Edmund schluckte schwer. »Ist er irgendwo dahinten begraben?«, fragte er. »Der General, meine ich – in der Nähe von Batman vielleicht?«
    »Nein, nein. Sie haben seine Leiche weggebracht. Wahrscheinlich haben sie ihn auf einem Friedhof in der Gegend beerdigt, wo er gewohnt hat. Aber sein Geist hat wohl beschlossen, die ganze Zeit hierzubleiben.«
    »Wohnt er jetzt im Dachboden?«
    »Nein. Im Keller. Deshalb sollst du nicht da runtergehen, wenn ich nicht dabei bin. Der General hat nämlich Angst vor mir, verstehst du? Er belästigt dich nicht, wenn ich dabei bin oder wenn ich dich hinunterschicke, um etwas zu holen.«
    Edmund war still, dachte nach, fürchtete sich.
    »Du brauchst keine Angst zu haben, Eddie«, sagte der alte Mann. »Der General ist kein übler Bursche, wenn man ihn nicht reizt. Hauptsächlich ist er neugierig. Steckt seine Nase gern in deine Angelegenheiten. Besonders wenn du schläfst. Aber nur wenn du sehr müde bist und kaum aufwachen kannst.«
    »Schwörst du, dass du das nicht erfindest?«,

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