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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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und Stimmen, die eine zähe Klebrigkeit mit sich brachten und Edmund an die Medizin erinnerten. Er konnte nicht sehen, zu wem die Stimmen gehörten, verstand aber, dass es nur zwei davon gab – er verstand es auf dieselbe Weise, wie er vor vielen Jahren als Kind den Namen General verstanden hatte. Aber die Stimmen sprachen Französisch, Flüstern und Gemurmel und hin und her hallende Echos, die Edmund nicht verstand.
    Edmund wusste, dass seine Vorfahren nach dem Bürgerkrieg von New Orleans nach North Carolina gezogen waren. War es seine Familie, die er hörte? War es Nergal, der durch seine Vorfahren von seinem Schicksal sprach?
    C’est mieux d’oublier …
    Rally. Er musste mit Rally reden. Vielleicht würde Nergal wieder durch ihn sprechen, wie er es am Telefon mit dem Wort »Formel« getan hatte. Alles zu seiner Zeit, dachte Edmund. Nergal würde ihm früher oder später alles enthüllen, aber es würde an Edmund liegen, die Botschaften auch richtig zu lesen.
    53
    Nach seinem ehrenvollen Abschied aus der Armee schaffte es Edmund gerade rechtzeitig zur Beerdigung seines Großvaters nach Wilson – eine Zeremonie im kleinen Rahmen mit einem gemieteten Prediger am Familiengrab in Clayton. Edmund, Rally, Rallys Neffe und ein halbes Dutzend andere Leute, sonst nahm niemand teil. Keine entfernten Verwandten, die kondolierten, keine engen Freunde, die zu Edmund sagten, was für ein wunderbarer Mensch sein Großvater gewesen sei.
    Aber Edmund war dankbar dafür. Er würde nun, da Claude Lambert tot war, einen sauberen Schnitt zu seinem früheren Leben ziehen können. Er würde anfangen können, im Geheimen die Rückkehr des wütenden Prinzen vorzubereiten, ohne dass er sich um Angehörige und Freunde sorgen musste, die ihre Nase in Dinge steckten, die sie nichts angingen.
    Es gab jedoch immer noch zwei lose Enden zu verbinden, ehe Edmund beginnen konnte: Rally und dieses vertrackte kleine Problem mit den Sachen, die die Polizei im Keller gefunden hatte. Letzteres löste sich langsam, aber sauber auf, und es fing mit einem Treffen im Büro des Sheriffs an, wo Edmund ein paar Fragen darüber beantworten musste, wie viel er selbst gewusst hatte. Edmund stellte sich dumm, schüttelte nur immer den Kopf und sagte: »Ich hatte keine Ahnung« oder »Ich wohne nicht mehr dort, seit ich achtzehn bin.«
    Es liege keine Straftat vor, erklärte der Sheriff, abgesehen vom illegalen Besitz einiger überwachter Substanzen: Opium und etwas, das sich konzentriertes Thujon nannte.
    »Wir mussten das alles in das staatliche Labor in Raleigh bringen«, sagte der Sheriff. Er war ein großer, stattlicher Mann, mit einem Schnauzbart, der ihn in Edmunds Augen wie einen übergewichtigen Adolf Hitler aussehen ließ. »Anscheinend hat Ihr Großvater eine Art selbst produzierten Absinth zusammengebraut. Mal von dem Zeug gehört?«
    »Nein«, antwortete Edmund.
    »Ich auch nicht, bis mir der ganze Mist hier in den Schoß gefallen ist. Das Zeug ist hier in den Staaten verboten, aber in Europa kriegt man es immer noch, wie ich höre. Man trinkt es, indem man Zuckerwürfel darin auflöst, bis alles ganz milchig und was weiß ich ist. Herrgott, Eddie, ich bin kein Experte in diesen Dingen, ich gehe nur nach dem, was mir das Labor berichtet. Das Zeug ist hochprozentig – über sechzig Prozent, heißt es – und wird hauptsächlich aus einem Stoff namens Wermut gemacht. War Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts bei den französischen Künstlertypen beliebt und besaß angeblich eine halluzinogene Wirkung. Vieles davon hat sich inzwischen allerdings als Quatsch herausgestellt. Jedenfalls gibt es wohl eine Bewegung mit dem Ziel, Absinth in diesem Land zu legalisieren. Schmeckt wie Lakritze, sagt man.«
    »Das klingt plausibel«, sagte Edmund. »Ich erinnere mich an den Geruch von Lakritze im Haus, als ich ein Kind war. Aber mein Großvater nannte es nur Moonshine . Das Rezept war wohl seit Langem in seiner Familie gewesen. Die Lamberts stammen aus New Orleans, und ich weiß noch, dass er sagte, sein eigener Urgroßvater oder wer habe dort eine Art Saloon besessen.«
    »Das Labor sagt allerdings, dass das Zeug Ihres Großvaters anders war. Mit Opium und diesem Thujon-Konzentrat drin und noch ein paar anderen Zutaten, die es sehr gefährlich machten, wenn man es zu oft konsumierte.«
    Nicht zu viel, nicht zu oft – sei ein braver Junge, und trag dieses Seil für mich …
    »Und Sie wissen bestimmt nicht, woher er den ganzen Mist hatte?«,

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