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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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erblickte die quadratische, muskulöse Gestalt von Captain Vincent Egan. Er war überrascht zu sehen, dass Egan einen Smoking trug, sein Gesicht leuchtete rot über dem engen Kragen und dem weißen Schlips.
    »Auf dem Weg zum Abschlussball?«
    »Auf dem Weg zu einem Bankett im Hyatt, wenn Sie’s genau wissen wollen. Wo ich den Polizeipräsidenten treffen werde und ein Verlierer wie Sie im nächsten Jahr, wenn er Glück hat, einen Job als Kellner bekommt und die High Society bedienen darf.«
    »Steht Fisch auf der Karte?«
    »Sie können sagen, was Sie wollen, Quinn. Ich werde mich nicht mehr lange mit Ihnen herumärgern müssen. Ich werde beim Bankett vorschlagen, Sie vom Night-Prowler-Fall abzuziehen. Es wirft einfach kein gutes Licht auf das Department, wenn wir einen Serienvergewaltiger darauf ansetzen, einen Serienmörder zu schnappen.«
    Quinn spürte, wie die Wut in ihm hochstieg, und versuchte, sie hinunterzuschlucken. Was Egan mehr als alles andere wollte, war, dass er ausrastete und auf ihn losging, so wie Pearl es getan hatte. Pearl . Er sah, dass sie im Korridor am Münzapparat telefonierte, und hoffte, dass sie vernünftig genug war, dortzubleiben, bis Egan wieder verschwunden war.
    »Ich bin nur hergekommen, um zu sehen«, erklärte Egan, »ob Sie irgendetwas zu sagen haben, was mich davon überzeugen würde, dass Sie dem Night Prowler auch nur einen Schritt nähergekommen sind.«
    Um dich abzusichern . »Ich würde sagen, wir waren uns vor ein paar Stunden ziemlich nahe.«
    »Das ist wahr. Als er unglücklicherweise den verfehlt hat, den er wahrscheinlich gern erwischen wollte. Aber das ist nicht die Art von nahe, die ich gemeint habe. Ich wollte nur fair sein und Ihnen eine letzte Chance geben, mir irgendetwas zu liefern, das man als Fortschritt deuten könnte.«
    »Das wird doch so oder so Ihre Story.«
    Egan zog eine Zigarre aus seiner Tasche und zündete sie mit einem Feuerzeug an. Zum Teufel mit den Krankenhausvorschriften. Zum Teufel mit den Vorschriften der Stadt New York, die besagten, dass man nur in seinem eigenen Haus oder Apartment und im Umkreis von anderthalb Metern um einen Aschenbecher und Rauchabzug herum rauchen durfte. »Das wird meine Story«, bestätigte er und stieß einen ungleichmäßigen Rauchkringel aus.
    Er drehte sich um und stolzierte davon, was gar nicht so einfach war in seinem Smoking. Quinn musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um in seinem Stuhl sitzen zu bleiben. Er hatte sich während der gesamten Unterhaltung mit Egan nicht gerührt.
    Eine Krankenschwester sagte etwas zu Egan, zweifelsohne wegen seiner Zigarre. Egan blies Rauch in ihre Richtung und ging einfach weiter.
    Er blieb erst stehen, als er Pearl erblickte.
    Jetzt stand Quinn auf. Mach keine Dummheiten, Pearl, bitte!
    Pearl ging lächelnd auf Egan zu. Quinn kannte dieses Lächeln. Bitte nicht …
    Sie beugte sich zu dem überraschten Egan und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dann ging sie weiter in Quinns Richtung.
    Egan starrte ihr hinterher und schien vor Wut zu schäumen. Sein gerötetes Gesicht leuchtete wie rotes Neon über dem makellosen Weiß seines Hemds und der Krawatte.
    Quinn war überzeugt, dass Egan sich auf Pearl stürzen würde. Stattdessen wirbelte er herum und schritt eilig den Korridor hinunter, bevor er um die Ecke stampfte, als ob er versuchte, mit jedem Schritt eine Walnuss zu knacken.
    »Was hast du zu ihm gesagt?«, fragte Quinn Pearl.
    »Dass du mein Kerl bist und er sich lieber von dir fernhalten sollte. Dass du gesundheitliche Probleme hast und ich ihn persönlich dafür verantwortlich mache, wenn dir irgendwas zustoßen sollte.«
    »Ich wage ernsthaft zu bezweifeln, dass das irgendetwas helfen wird«, sagte Quinn und erzählte ihr von seiner Unterhaltung mit Egan.
    Pearl schien wenig beeindruckt.
    »Es wird helfen«, sagte sie.
    Quinn hatte keine Lust, sich zu streiten. Er war sich nicht sicher, ob er Pearl glauben sollte, aber was immer sie ihm zugeflüstert hatte, hatte Egan fast dazu gebracht, in die Luft zu gehen, und das war auf jeden Fall gut.
    Außerdem kam gerade eine wütende, ängstliche Alice Fedderman über den Korridor auf sie zugerannt.

60
    Anders als Dr. Rita Maxwell, die zu Erdtönen geneigt hatte, bevorzugte Dr. Jeri Janess Grün. Ihre Praxis war größtenteils in Grüntönen eingerichtet. Es war eine Farbe, die Ruhe ausstrahlte, und viele Psychoanalytiker benutzten sie als Basis für ihr Dekor.
    Die Praxis war nicht so vornehm wie die von Dr. Maxwell. Sie

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