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Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Bicker
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Schließlich wagte sie eine Antwort. »Denken wir das nicht alle hin und wieder?«
    Jo verzog das Gesicht. »Nicht so. Das meine ich nicht. Oder besser gesagt: Ich weiß gar nicht genau, wie ich es meine.« Sie starrte immer noch in den Himmel. »Ich weiß, du bist neu hier an der Schule. Und irgendwie bist du auch anders. Ich habe das Gefühl, hier gibt es einige Schüler, die sich in vielem unterscheiden. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    Rica runzelte die Stirn. Das ergab für sie keinen Sinn. Natürlich unterschieden sich die Schüler an der Daniel-Nathans-Akademie von anderen. Sie waren besser ausgebildet, intelligenter und zum größten Teil vermutlich auch reicher als jeder, den Rica an ihrer alten Schule gekannt hatte. Jo gehörte zusammen mit Eliza, Robin, Torben und noch einer ganzen Reihe anderer zu den besten der Daniel-Nathans-Akademie. Wenn nicht gar zu den besten Schülern im ganzen Land. Auf jeden Fall hatte Rica – auch, wenn sich ihre Noten sichtlich verbessert hatten, seit sie hier war – keine Chance, mit ihnen mitzuhalten.
    Aber sie war sich auch sicher, dass es nicht dieser Unterschied war, den Jo meinte. Sie suchte noch nach einer Antwort, als Jo sich aufsetzte und mit ärgerlichem Gesichtsausdruck den Kopf schüttelte.
    »Ach egal, vergiss es. Du solltest nur wissen, dass diese Schule … Sie wird dich irgendwann kaputtmachen. Das macht sie mit jedem. Manchmal habe ich das Gefühl, sie macht uns zu Maschinen. Zu Robotern, die nur nach der Pfeife von irgendjemand dort oben tanzen. Und jemand wie du hält das vielleicht noch weniger lang durch als …« Sie brach ab. Rica hatte das Gefühl, dass Jo die Worte im Hals stecken geblieben waren. »Sorry«, sagte sie und wandte ihr Gesicht ab.
    »Ich halte noch weniger durch als wer?«, rutschte es Rica heraus. Jos Worte hatten sie mehr verletzt, als sie es sich vorgestellt hätte. Sie halten sich eben doch alle für etwas Besseres. Und ich armes Stadtkind gehöre nicht zu ihnen. Deswegen sagt mir auch niemand was.
    »Egal, vergiss es!«, murmelte Jo.
    »Warum sollte ich?«, gab Rica zurück. Sie spürte, wie Ärger in ihr aufstieg. Ärger über Jo, über Lena, über Yannick. Ärger, der jetzt irgendwo ein Ventil suchte. »Du hast mich doch nicht einfach so hierhergebracht. Du wolltest doch was von mir. Also sag schon, oder ich verzieh mich gleich wieder!« Sie funkelte Jo so wütend an, wie sie es eben hinbekam.
    Doch Jo schüttelte nur den Kopf. Ihre Miene war versteinert, ablehnend, rebellisch. »Ich hab gesagt: Vergiss es!«, patzte sie. Dann plötzlich wurde ihre Stimme wieder sanfter, fröhlicher. »Ist wirklich nicht so wichtig. Ich bin in letzter Zeit einfach ein bisschen komisch drauf, glaube ich.« Sie lachte. »Vielleicht bekomme ich meine Tage. Seit drei Wochen ungefähr.« Sie zwinkerte Rica zu. »Achte einfach nicht auf den Quatsch, den ich so von mir gebe, ja?«
    Rica warf ihr einen misstrauischen Blick zu, aber Jo wirkte weiterhin heiter und ausgelassen. Als wäre sie nie in dieser düsteren Stimmung gewesen. »Erzähl mir was von deinem Freund!«, forderte sie Rica auf. »Manchmal hilft es ungemein, über sie zu schimpfen. Je mehr du schimpfst, desto schneller bist du die Erinnerung los, glaub mir. Und das ist es doch, was du willst, oder?«
    Rica verzog das Gesicht. Warum hatte Jo denn nun wieder Yannick an die Oberfläche ziehen müssen? Weil er nichts mit ihr zu tun hatte, natürlich. Aber andererseits war Rica ganz froh, dass Jo nicht mehr in dieser seltsamen Stimmung war. Und sie hatte tatsächlich das Bedürfnis zu reden. Oder besser gesagt: zu schimpfen.
    Der Schulgong erklang mitten in ihrer bildhaftesten Beschreibung, was sie Lena an den Hals wünschte. Er war nur sehr schwach zu hören, kaum gelang es ihm, das Summen der Insekten zu übertönen. Als hätte die Stille hinter der Musikhalle alles geschluckt. Besonders den ersten Gong. Denn diese Tonfolge sagte Rica eindeutig, dass er bereits zum zweiten Mal ertönte. Der Nachmittagsunterricht fing an.
    »Oh, Shit!« Rica sprang auf die Füße. »Ich komme zu spät.«
    »Mach dir nichts draus!«, gab Jo zurück. »Wenn du von der Schule fliegst, bist du wenigstens schneller aus dieser ganzen Maschinerie raus.«
    Doch Rica ignorierte sie. Sie wollte nicht zu spät kommen. Sie hatte sich bisher so große Mühe gegeben, bei den Lehrern einen guten Eindruck zu hinterlassen, und nun das. Sie schnappte sich ihren Rucksack, warf ihn sich über die Schulter und rannte

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